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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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haben kann. Der attraktive Luftikus ist vielleicht plötzlich über alle Berge. Dieser weibliche Instinkt ist so stark, dass die Frau, von der ich hier rede, nicht einmal eigennützig handelt. Sie würde sich am liebsten jede Nacht zum attraktiven Rumtreiber legen. Der aber hat ganz andere Pläne. Oben auf seiner Prioritätenliste steht nämlich das Befruchten von möglichst vielen Frauen und damit die Weitergabe seiner gesunden, starken Gene. Die biologische Uhr. Die Zeiger geben die gleiche Zeit an. Für die Frau ist es an der Zeit, sesshaft zu werden. Für den Mann ist es dafür noch zu früh. Und zum Schluss noch Folgendes: Es gibt Kulturen, in denen für verschmähte Frauen gesorgt wird. Wir neigen dazu, auf diese Kulturen herabzublicken. Bei uns verkümmern diese Frauen in Einsamkeit. Trotzdem fühlen wir uns Kulturen überlegen, in denen Mädchen jung an den Mann gebracht werden. Man könnte es für ungerecht halten, dass Männer nicht schwanger werden. Aber kein Mann, der sich darüber beklagt! Wir sind heilfroh, dass wir nicht neun Monate lang mit einem dicken Bauch rumzulaufen brauchen. Er würde uns nur daran hindern, das auszuführen, was der Instinkt uns aufträgt: Ihr seid jung, tut, was ihr wollt. Und zwar so viel und so oft wie möglich. Denkt nicht an die Zukunft. Sorgt dafür, dass ihr etwas habt, worauf ihr mit Stolz zurückblicken könnt. Und lasst die Ungerechtigkeit im eigenen Saft schmoren. Damit möchte ich für heute schließen.«
    Das Sommerhaus stand etwa vier Kilometer vom Strand auf einem Hügel zwischen anderen Ferienhäusern. Drei Kilometer von unserem Campingplatz. Zu Fuß zu weit, fanden wir.
    »Hm, ich hatte mir doch etwas anderes vorgestellt«, sagte Caroline, während wir durch die heruntergekurbelten Autofenster die Hausnummern zu lesen versuchten, was gar nicht so einfach war, da die meisten entweder völlig fehlten oder von Efeu und anderen Kletterpflanzen überwuchert waren.
    »Gerade waren wir noch bei Nummer dreiundfünfzig, dann kam fünfundfünfzig, und jetzt geht es schon wieder abwärts«, sagte ich. Ich stoppte kurz und steckte den Kopf aus dem Fenster. »Zweiunddreißig, verdammt! Wie meinst du das, was anderes vorgestellt?«
    »Ich weiß nicht. Etwas Originelleres?«
    Ich wendete am Ende einer Sackgasse. Hier hatten wir den höchsten Punkt erreicht. In der Ferne konnte man den blauen Streifen des Meers sehen, unter uns schlängelte sich die Straße, die zum Strand führte. Ich sah meine Frau aus den Augenwinkeln an. Auch sie war vor Jahren kurz davor gewesen, einen Langweiler zu heiraten. Ich hatte sie auf einer Party kennengelernt. Einer ganz normalen Geburtstagsparty von Freunden. Caroline war eine Jugendfreundin der Frau des Geburtstagskinds. Der Langweiler war mit niemandem befreundet. Er gehörte zu ihr. »Ich kenne hier niemanden«, sagte er zu mir. Wir standen beim Tisch mit den Häppchen. Er stellte sein Colaglas hin und zog eine Pfeife hervor. »Ich bin mit meiner Freundin hier.« Ich sah ihm beim Stopfen seiner Pfeife zu. Welche Frau will einen Mann mit Pfeife?, dachte ich. Im nächsten Augenblick war Caroline an seiner Seite aufgetaucht. »Sollen wir gehen?«, fragte sie. »Ich fühle mich nicht gut.« Manchmal ist der Kontrast zwischen einem Mann und einer Frau so groß, dass man sich fragt, ob vielleicht andere Faktoren eine Rolle spielen. Zum Beispiel finanzielle. Oder sonst irgendetwas, was mit Status und Bekanntheit zu tun hat. Das zwanzigjährige Fotomodell an der Seite des sechzigjährigen Millionärs. Die blendende Erscheinung neben dem hässlichsten aller Fußballer. Nie ist es einer aus der dritten Liga, nicht einmal, wenner aussieht wie David Beckham. Nein, ein Weltfußballer. Ein Weltfußballer mit fettigem schütterem Haar und einem Lächeln, bei dem man mehr Zahnfleisch als Zähne sieht. Es ist ein Deal. Das Scheinwerferlicht steht dem Fotomodell gut. Sie kann unbegrenzt shoppen in Mailand oder New York. Der hässliche Fußballer und der alte Millionär demonstrieren, dass sie die schönsten Frauen der Welt kriegen können. Aber manchmal ist die Abmachung nicht plausibel. Wie ist es um Gottes willen möglich?, denkt man. Was findet sie an diesem Langweiler?
    »Oh, sorry«, sagte Caroline und streckte mir die Hand entgegen.
    »Marc«, sagte ich und musste mich beherrschen, ihre Hand nicht länger festzuhalten, als man es normalerweise tut. Und etwas ›Nettes‹ zu sagen. Ich sah zu dem Langweiler hin, der dicke Rauchwolken aus seiner Pfeife

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