Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
Vom Netzwerk:
Fischrestaurant . Nun, guten Appetit!«
    An den Tagen, die wir nicht am Swimmingpool verbrachten, gingen wir zum Strand. Oder besser gesagt: zu Strändchen . Der gewöhnliche Strand, wo wir uns das erste Mal getroffen hatten, war nicht gut genug. »Da gehen alle hin«, sagte Ralph, ohne näher zu erklären, was dagegen einzuwenden war. Die Strändchen, zu denen Ralph uns führte, waren vor allem schwer zu erreichen. Von der Stelle, wo wir das Auto parkten, mussten wir in der Regel mindestens eine Stunde über so gut wie unbegehbare Felsenpfade klettern. An Disteln und Dornensträuchern riss man sich die nackten Beine auf. Insekten mit rot und gelb gestreiften Hinterleibern summten durch die von der Hitze flirrende Luft und stachen einen in die Wadenund in den Nacken. Tief unter uns lag das blaue Meer. »Da kommt kein Mensch hin!«, rief Ralph. »Ihr werdet sehen. Ein Paradies!« Wir machten uns immer schwer bepackt auf den Weg. Ralph und Judith nahmen wirklich alles mit: Liegestühle, Sonnenschirme, eine mit Bier und Weißwein gefüllte Kühlbox und einen Picknickkorb voll mit Baguettes, Tomaten, Olivenöl, Wurst, Käse, Thunfisch in der Dose, Sardinen und den unvermeidlichen Tintenfischen. Wenn wir das Strändchen erreicht hatten, zog Ralph ohne Umschweife seine Kleider aus und stürzte sich zwischen den Felsen ins Wasser. »Herrgott noch mal, ist das ein Genuss!«, prustete er. »Alex, wirf mir mal die Taucherbrille rüber! Ich glaube, hier sind Krabben. Und Seeigel! Au! Verdammt! Judith, schau doch mal, wo meine Slipper sind, in der blauen Tasche, glaube ich. Marc, worauf wartest du?«
    Ja, worauf wartete ich? Ich habe schon gesagt, was ich von nackten Körpern halte. Ich habe jeden Tag mit ihnen zu tun. Ein nackter Körper im Sprechzimmer ist etwas anderes als ein nackter Körper im Freien. Ich beobachtete Ralph, als er aus dem Wasser kam und die Füße in die Slipper steckte, die Judith ihm gebracht hatte. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund, schnäuzte sich geräuschvoll die Nase mit den Fingern, die er anschließend am Bein abwischte. Vor langer Zeit waren die ersten Tiere an Land gekommen, die meisten waren weiter landeinwärts gezogen. Erst seit knapp zweihundert Jahren waren die Menschen, anfangs noch in kleiner Zahl, zum Strand zurückgekehrt. Ich betrachtete Ralphs behaartes Geschlecht, das vor Nässe nur so triefte. Ob vom Meerwasser oder weil er ungeniert pinkelte, war schwer zu entscheiden. »Mensch, Marc, komm ins Wasser. Man kann hier bis auf den Grund sehen.« Er stemmte die Hände in die Seiten und nahm vergnügt ›sein Strändchen‹ in Augenschein, das nur er kannte. Für ein paar Sekunden verdeckte seine riesige Gestalt die Sonne. Dann drehte er sich um und stapfte mit großen Schritten zurück ins Wasser. Die Slipper klatschten laut gegen seine Fersen.
    Ich bin nicht prüde, das ist es nicht. Nein, ich muss es anders formulieren: Ich bin prüde, ich bin sogar stolz darauf, wenn es bedeutet, dass man nicht überall bei passender und vor allem unpassender Gelegenheit seinen Schwanz und alles, was sonst noch so baumelt, öffentlich zur Schau stellt. Kurzum, ich bin der Ansicht, dass man sich beim Entblößen des Körpers eine gewisse Zurückhaltung auferlegen sollte. Nacktstrände, FKK – Campingplätze und andere Orte, wo sich Naturisten ein Stelldichein geben, meide ich wie die Pest. Jeder, der schon mal nackte Leute am Strand Volleyball hat spielen sehen, weiß, dass von ihnen gelinde gesagt keine erotisierende Wirkung ausgeht. Auch in Massengräbern liegen die Menschen oft nackt übereinander. Es geht um das Minimum an menschlicher Würde. Nudisten interessiert das nicht. Unter dem Vorwand, im Einklang mit der Natur leben zu wollen, halten sie einem baumelnde Schwänze, schlabbernde Brüste, hängende Schamlippen und feuchte Arschritzen unter die Nase. Wer der Ansicht ist, all das könne besser ungesehen bleiben, gilt als spießbürgerlich.
    Ich sah mich nach den anderen um. Die Jungen hatten bunte Badehosen angezogen, die bis über das Knie gingen. Caroline lag in ihrem Bikini auf einem Handtuch, das sie auf dem Kies ausgebreitet hatte. Auch meine zwei Töchter hatten sich inzwischen ihre Bikinis angezogen. Lisa hätte kein Oberteil nötig gehabt, aber verständlicherweise wollte sie nicht hinter ihrer Schwester zurückstehen.
    Blieb noch Judith. Sie hockte neben der blauen Tasche, zog ein Fläschchen Sonnenöl heraus und begann sich einzureiben. Sie hatte nur die Bikinihose an. Aus

Weitere Kostenlose Bücher