Sommerhaus mit Swimmingpool
nachdem Julia und Lisa schlafen gegangen waren, kündigte sie an, sie wolle noch eine Zigarette rauchen.
Ich war müde. Ich hatte zu viel Weißwein getrunken. Am liebsten wäre ich auch gleich in meinen Schlafsack gekrochen. Aber Caroline hatte vor zwei Jahren aufgehört zu rauchen. Als ich sie am Abend gefragt hatte, was sie von Judiths Vorschlag halte, hatte sie mich keiner Antwort gewürdigt. Sie hatte sich eine Zigarette aus Emmanuelles Päckchen genommen und sie schweigend angezündet. Nach dem Rochen und dem Tintenfisch hatte sie noch mehr Zigaretten geraucht. Ich hatte sie nicht gezählt. Jedenfalls mehr als fünf, schätzte ich. Beim Abschied hatte Emmanuelle ihr das fast leere Päckchen mitgegeben.
Kurz und gut: Es schien mir vernünftiger, meiner Frau noch ein wenig Gesellschaft zu leisten.
»Was, glaubst du, kann ich noch sagen?«, fragte sie, kaum hatte ich mich auf meinen Klappstuhl fallen lassen. Ihr Versuch zu flüstern scheiterte kläglich. Sie spuckte die Worte geradezu aus. Ich bekam, glaube ich, sogar ein paar Tropfen ab. »Wenn du, ohne eine Miene zu verziehen, erklärst, es würde dir gefallen, bei diesen Leuten im Garten zu zelten? Und erst dann mich fragst? Vor den Kindern? Was soll ich dann nochsagen? Dann kann ich doch nur wieder der Spielverderber sein. Dann bin ich wieder die Mutter, die an allem was auszusetzen hat. Und du der liebe Papi, der immer alles gut findet. Verdammt noch mal, Marc, ich wäre am liebsten im Erdboden versunken!«
Ich sah die Glut ihrer Zigarette aufleuchten. Wütend aufleuchten. Als wir uns kennenlernten, rauchten wir beide noch. Im Bett zündeten wir uns gegenseitig die Zigarette an. Ich hör-te ein paar Jahre vor ihr auf. Nach der Geburt der Kinder rauchten wir sowieso nur noch im Garten.
»Ich hab dir doch noch gesagt, dass ich im Urlaub keine Lust auf andere Leute habe. Schon gar nicht in der ersten Woche. Und du sagst, okay, klar, wenn du willst, fahren wir morgen wieder ab. Und kaum verbringen wir einen Abend mit ihnen, an dem über teure TV – Serien gequasselt wird, machst du eine 180-Grad-Wende!«
»Es kam durch Julia«, sagte ich. »Ich weiß, ich bin ein Weichei. Ich kann nie Nein sagen. Aber sie hatten so viel Spaß da am Swimmingpool und beim Tischtennisspielen. Es sind nette Jungen. Daran müssen wir doch auch denken. Ich finde es auch viel erholsamer, einfach nur allein mit unseren Töchtern Urlaub zu machen. Aber man könnte die Sache auch mal von der anderen Seite betrachten: Wie spannend ist es eigentlich für unsere Mädchen, mit ihren Eltern allein zu sein?«
»Marc, darum geht es nicht! Tu jetzt nicht so, als wärst du der Einzige, der sich über die Bedürfnisse unserer Töchter Gedanken macht. Ich sehe auch, dass sie sich mit den Jungs amüsieren. Aber deshalb brauchen wir doch unser Privatleben nicht gleich ganz aufzugeben. Mir geht es ums Wie. So wie du es mich gefragt hast, konnte ich gar nicht mehr Nein sagen.«
Ich witterte eine Chance. Sah das Licht am Ende des Tunnels. Ein Vorhang wurde einen Spaltbreit geöffnet, hinter dem Fenster dämmerte der Morgen. Wenn dies eine unserer üblichen Streitereien gewesen wäre, hätte ich störrisch nur immer wiederholt, das mit dem eigenen Privatleben sei ja wohl ein Witz, wenn man mit zwei Mädchen von elf und dreizehn Urlaub macht. Und sie solle als Mutter nicht immer die Rolle des Opfers spielen. Aber es war keine unserer üblichen Streitereien.
»Es tut mir leid«, sagte ich. »Es war mir gar nicht so richtig klar. Ich hätte es dich anders fragen sollen. Oder zu einem anderen Zeitpunkt. Verzeih mir.«
Es blieb einen Moment still. Ein paar Sekunden lang glaubte ich sie weinen zu hören. Aber sie saugte nur an ihrer Zigarette.
Ich beugte mich vor und griff sanft nach ihrem Handgelenk.
»Wie viele Zigaretten hast du noch?«
»Marc, bitte. Was soll das?«
»Nein, ehrlich. Was ist schon eine Zigarette? Heute Abend habe ich Lust, eine zu rauchen. Hier. Mit dir.«
»Weißt du was? Manchmal mache ich mir echt Sorgen. Um dich. Um dein Verhältnis zu deinen Patienten.« Ich tastete nach dem Päckchen und fand es schließlich unter ihrem Stuhl. »Du hast immer irgendwie so über sie geredet, dass ich merkte, du stehst darüber. Über all dem Schnickschnack dieser Pseudokünstler. Du fühltest dich einfach überlegen. Und zu Recht. Du konntest die ganzen Premieren und Vernissagen und Lesungen genauso wenig ausstehen wie ich. Das leere Geschwätz von Leuten, die sich dem Rest der Menschheit
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