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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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wahrscheinlich so getan, als ob es ihn da jucken würde. Und das hat es vermutlich auch. Dann sprang er in den Swimmingpool. Man konnte das Wasser geradezu zischen hören!«
    Ich lachte. Auch Caroline musste jetzt lachen. Doch sie wurde gleich wieder ernst.
    »Ja, es ist alles sehr lustig«, sagte sie. »Aber mir ist doch nicht ganz geheuer. Eigentlich finde ich es widerlich.«
    »Ach, Emmanuelle legt es auch ein bisschen drauf an. Es ist ihr alles ziemlich egal, glaube ich. Wie sie den alten Knacker, Stanley, um den Finger wickelt … Und sie ist nun mal ein bildhübsches junges Mädchen.«
    Caroline kniff die Augen zusammen. »Findest du sie hübsch, Marc? Betrachtest du sie auch heimlich, wie Ralph?«
    »Klar ist sie hübsch, das ist sie für jeden Mann. Und ja, ich betrachte sie manchmal. Ich würde mich glatt verdächtig machen, wenn ich es nicht täte.«
    »Okay, okay. Aber du sagst es selbst. Ein hübsches junges Mädchen . Emmanuelle ist fast noch ein Kind. Was zwischen ihr und Stanley läuft, geht mich nichts an. Das ist deren Sache. Aber sie ist nicht das einzige Mädchen da.«
    Ich starrte sie an. Zwar hatte ich es unangenehm gefunden, dass Ralph in der Nähe meiner Töchter nackt herumlief, aber so hatte ich es noch nicht betrachtet.
    »Ich achte schon darauf«, sagte Caroline, »und ich muss sagen, ich habe ihn nie bei etwas ertappt. Trotzdem … Er ist ja nicht auf den Kopf gefallen. Vielleicht hält er sich nur so lange zurück, wie wir dabei sind. Ich weiß nicht, was er anstellt, wenn er mit ihnen allein ist.«
    Ich schwieg. Das Licht, das vom Meer reflektiert wurde, blendete mich. Schwarze Flecken tanzten von links nach rechts durch mein Blickfeld.
    »Sie sind noch Kinder«, sagte Caroline. »Jedenfalls machen wir uns das weis. Aber schau dir Julia an. Wie groß ist der Altersunterschied zwischen ihr und Emmanuelle? Zwei Jahre? Vier? Ein paar Hundert Kilometer weiter südlich wäre Julia schon verheiratet.«
    Plötzlich erinnerte ich mich an etwas. Es war vor ein paar Tagen gewesen. Ralph spielte mit Alex, Thomas, Julia und Lisa Tischtennis. Sie rannten um den Tisch herum und schlugen abwechselnd den Ball auf die andere Seite. Wer einen Fehler machte, schied aus. Ralph hatte immerhin zur Abwechslung seine Shorts an. Es sah schon merkwürdig aus, dieser massige Körper zwischen den so viel kleineren und vor allem schlankeren. Eigentlich sah es vor allem komisch aus. Er war barfuß, und auf dem Boden war eine kleine Pfütze. Er rutschte aus und knallte mit seinem ganzen Gewicht voll auf die Fliesen. Ich hatte mich gerade aus meinem Liegestuhl aufgerappelt und mich mit einem Bier in der Hand zu ihnen gestellt. Der Boden bebte, als würde ein Lastwagen vorbeifahren. »Verdammt!«, brüllte er. »Verdammte Scheiße! Scheiße! Au …« Dasaß er in der Pfütze und rieb sich das blutende Knie. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«
    Die Kinder hatten natürlich sofort mit dem Spiel aufgehört. Sie standen um ihn herum und betrachteten den mächtigen Körper am Boden mit einem gewissen Respekt, aber auch mit Erstaunen, wie man einen an den Strand gespülten Wal betrachtet. Alex war der Erste, der in Lachen ausbrach. Dann stieß Thomas einen hohen Schrei aus. Das war das Signal für Julia und Lisa. Sie warfen noch einen Blick auf Ralph, und im nächsten Augenblick gaben sie sich ganz dem befreienden Gelächter hin. Sie lachten mit langen, hohen Tönen, sie schrien vor Lachen, wie es nur Mädchen in dem Alter können. Sie lachten, als könnten sie nie mehr aufhören. Es war ein vernichtendes Gelächter. Vernichtend für uns Jungen. Die Mädchen halten sich die Hand vor den Mund und prusten los, hinter unserem Rücken oder auch direkt in unser Gesicht.
    Nicht nur Ralph wurde hier ausgelacht, sondern alle Männer. Normalerweise ist der Mann größer und stärker als die Frau. Aber manchmal kommt er zu Fall. Durch eine Kraft, die stärker ist als er. Die Schwerkraft.
    »Auwei, ich mach mir gleich in die Hosen!«, schrie Lisa, und die Tränen liefen ihr über die Wangen.
    Ich betrachtete den großen, plumpen Körper da auf dem Boden, mit seiner Schürfwunde am Knie. Es war – ich weiß nicht, wie ich sie anders nennen soll – eine kindliche Verletzung. Die Verletzung eines kleinen Jungen, der von seinem Dreirad gefallen ist und weinend zur Mutter rennt. Er ist einerseits stolz auf all das Blut, fühlt aber bereits den Schmerz, wenn die Mutter Jod auf die Wunde tupft. Genau das hörte man in Julias und Lisas

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