Sommerkind
Aufnehmer in den Eimer, stemmte die Hände in die Hüften und sagte: “Wie wäre es mit einer Pause?” Seit Tagesanbruch hatten sie ununterbrochen geschuftet.
“Gute Idee”, meinte Daria. “Möchtest du Limonade?”
Auf Chloes Nicken hin ging Daria in die Küche und holte die Getränke. Sie musste Chloe von Shelly erzählen, und zwar jetzt.
Daria stellte die Gläser auf den Picknicktisch und setzte sich. Sie war überrascht, als Chloe neben ihr Platz nahm und einen Arm um sie legte.
“Du bist heute Morgen genauso durcheinander wie ich, Schwesterherz”, sagte Chloe und drückte sie. “Ich hoffe, es ist nicht wegen dem, was ich dir gestern Abend erzählt habe. Vielleicht hätte ich dich damit nicht belasten sollen.”
Daria war gerührt und nahm ihre Schwester in den Arm. “Ich bin froh, dass du mit mir gesprochen hast, und es tut mir leid, dass du so viel durchmachen musstest.” Sie löste sich aus der Umarmung und rutschte ans Ende der Bank, sodass sie Chloe direkt in die Augen schauen konnte. “Ehrlich gesagt, Chloe, habe ich heute Morgen noch ganz andere Sorgen.”
Chloe streckte ihren Arm aus und nahm Darias Hand. “Was ist denn noch?”
“Ach, so einiges”, antwortete Daria. Sie sah ihre Schwester fragend an. “Findest du es nicht seltsam, dass Shelly letzte Nacht bei Andy war?”
Chloe nickte. “Doch, aber vermutlich hat sie irgendwie herausbekommen, dass er noch auf den Outer Banks war, und dachte sich, bei ihm wäre sie in Sicherheit.”
“Es ist mehr als das. Anscheinend sind sie schon seit zwei Jahren ein Paar.”
Chloe riss die Augen auf. “Andy und Shelly? Seit zwei Jahren? Hast du denn nie was davon mitbekommen?”
“Kein bisschen. Du hast sie ja auch schon zusammen erlebt. Sie verhalten sich, als würden sie einander kaum kennen. Jetzt wird mir klar, dass sie das nur gemacht haben, damit wir keinen Verdacht schöpfen.”
“Glaubst du, er benutzt sie nur?”
Daria schüttelte den Kopf. “Das habe ich zuerst auch gedacht, aber das passt nicht zu Andy.” Sie zuckte die Achseln. “Obwohl – im Moment bin ich nicht sicher, ob ich überhaupt einen von beiden wirklich kenne. Trotzdem glaube ich, dass Andy ein guter Mensch mit guten Werten ist, und nach dem bisschen zu urteilen, was ich gestern von ihnen mitbekommen habe, muss ich zugeben, dass sie einander sehr gern zu haben scheinen. Es macht mich nur traurig, dass sie es die ganze Zeit vor mir geheim gehalten haben. Andy und ich arbeiten fast jeden Tag zusammen, und er hat nie ein Wort darüber verloren.”
“Sie hatten sicher nur Angst, dass du sie auseinanderbringen willst.”
Daria seufzte. “Ich wusste gar nicht, dass man mich für so eine Hexe hält.”
“Du bist keine Hexe. Du gehörst nur zu den Frauen, die zu sehr lieben.”
“Da ist noch etwas.” Daria konnte es nicht fassen, dass sie im Begriff war, ihrer Schwester davon zu erzählen.
“Spuck es aus.”
“Ich … Rory und ich haben letzte Nacht miteinander geschlafen.”
Chloe zuckte förmlich zusammen. “Oh Daria, warum tust du dir das an?”
“Die Ereignisse des gestrigen Abends haben so viele Gefühle geweckt, und …” Warum Ausreden erfinden? “Ich wollte ihn einfach. Und ich will ihn immer noch.”
Durch das ungeschützte Verandafenster schaute Chloe zum Poll-Rory. Sie hörte, wie Rory an den Fenstern arbeitete, konnte ihn jedoch nicht sehen. Er stand wohl hinter dem Haus. Einen Augenblick später richtete sie ihren Blick wieder auf Daria. “Na ja”, sagte sie mit einem betrübten Lächeln, “ich bin wohl die Letzte, die den ersten Stein werfen sollte.” Dann sah sie plötzlich zur Strandstraße. “Ist das nicht Andys Van?”
Daria sah den Van in die Sackgasse einbiegen und stand auf, als Andy in ihre Auffahrt fuhr. Er ging um den Wagen herum und öffnete die Beifahrertür. Daria war gerührt von seiner Galanterie. Dann stieg Shelly aus, und zum ersten Mal bemerkte Daria, wie gut die beiden zusammenpassten – zumindest optisch: Beide hatten langes blondes Haar und waren schlank und hochgewachsen. Als sie auf die Veranda traten, hielt sie ihnen die Tür auf.
“Julie und ihr kleiner Junge sind im Krankenhaus in Elizabeth City”, berichtete Andy. “Jim sagt, sie sind bald wieder auf den Beinen. Danke noch mal, dass du gekommen bist, Daria.”
“Ich bin erleichtert, das zu hören”, erwiderte Daria. Sie sah in Chloes Richtung. “Wollt ihr euch vielleicht setzen?” Mit einer Handbewegung deutete sie auf die Bänke am
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