Sommerkind
Picknicktisch. “Ich habe Chloe bereits erzählt, dass ihr ein Paar seid. Aber wir würden beide gern … besser verstehen, was da los ist.”
Andy und Shelly setzten sich händchenhaltend auf die Bank, als wären sie eins. Shellys Nervosität weckte zwar Darias Mitgefühl, doch sie war auch immer noch wütend auf die zwei wegen ihrer Unaufrichtigkeit.
“Es ist so, wie ich gestern Abend gesagt habe”, meinte Andy. “Shelly und ich sind seit zweieinhalb Jahren zusammen. Ich entschuldige mich dafür, dass ich es dir nicht erzählt habe, Daria. Ich habe es einige Male versucht, aber du hast immer angefangen, mir zu erklären, dass man Shelly vor Männern beschützen muss, und ich hatte Angst vor dem, was du sagen würdest. Oder was du tun würdest.”
Daria setzte sich in einen der Schaukelstühle, die Chloe inzwischen geholt hatte. In Gedanken ließ sie die letzten zwei Jahre Revue passieren. Hatte sie irgendwelche Hinweise übersehen? Sie konnte sich an einige Gespräche erinnern, in denen Andy ihr gesagt hatte, Shelly brauche mehr Freiheit. Sie hatte ihm daraufhin geantwortet, er kenne sie nicht gut genug, um das zu verstehen.
“Ich bin wirklich sauer auf dich, Andy”, sagte sie und beugte sich vor. “Du hast mich angelogen.”
“Nein, ich habe nie gelogen. Ich habe nur nie davon gesprochen.”
“Shelly ist … sie ist verletzlich. Weißt du, was das heißt?” Sie war sich nicht sicher, ob einer von beiden die Bedeutung dieses Wortes kannte. “Sie muss beschützt werden.”
“Aber nicht so sehr, wie du glaubst”, entgegnete Andy.
“Ich kann sehr gut selbst auf mich aufpassen”, ergriff nun Shelly das Wort. “Du machst dir zu viele Sorgen um mich, Daria.”
“Außerdem”, meinte Andy, “würde ich niemals zulassen, dass ihr etwas Schlimmes zustößt. Ich liebe sie. Ich …”
“Wenn ich dir von mir und Andy erzählt hätte … Du hättest doch nur versucht, uns auseinanderzubringen”, fiel Shelly ihm ins Wort. “So wie bei meinen früheren Freunden.”
“Das war etwas anderes”, verteidigte sich Daria. “Egal was du denkst, Shelly, aber diese Kerle hätten dir nur das Herz gebrochen.”
Stimmt das? Kannte ich die beiden Jungs wirklich gut genug, um mir dieses Urteil erlauben zu können?
“Es gibt noch was, das du wissen musst”, sagte Andy. Er sah Shelly an. “Shelly ist schwanger, und wir werden heiraten.”
Chloe stöhnte auf, und Daria riss der Geduldsfaden. “Ich dachte, du würdest nie zulassen, dass ihr etwas Schlimmes zustößt”, fuhr sie ihn an, unfähig, den sarkastischen Tonfall in ihrer Stimme zu unterdrücken.
“Es ist nichts Schlimmes”, meinte Shelly. “Ich bin glücklich darüber. Ich will das Baby. Und ich will Andy heiraten.”
“Du kannst kein Baby bekommen”, sagte Daria. “Shelly, Süße, es tut mir leid. Aber du bist einfach nicht in der Lage, für ein Kind zu sorgen. Du musst … über Alternativen nachdenken.” Sie hätte eine Abtreibung vorgeschlagen, fühlte sich in Chloes Anwesenheit jedoch nicht wohl dabei. Chloe mochte gegen die Kirche rebellieren, doch Daria wusste, dass sie sich dennoch vehement gegen Abtreibung aussprach.
“Wir sollten bei dieser Sache nichts überstürzen”, meinte Chloe. “In der wievielten Woche bist du?”
“Noch ganz am Anfang”, antwortete Shelly.
“Ihre Regel ist ein Mal ausgeblieben”, meinte Andy. “Aber sie wird das Kind nicht abtreiben.”
“Gut, dann haben wir ja noch Zeit”, fuhr Chloe fort. “Zeit, um nach Möglichkeiten zu suchen und herauszufinden, was das Beste für euch zwei
und
das Baby ist.”
Chloe sprach weiter und beeindruckte Daria mit ihrer ruhigen Herangehensweise. Daria war klug genug, sich aus der Unterhaltung herauszuhalten, denn momentan konnte sie nicht klar denken. Ihre Gedanken waren zerrissen zwischen dem, was gerade auf ihrer Veranda vor sich ging, und Rory, der auf der anderen Straßenseite an seinen Fenstern werkelte. Was dachte
er
wohl?
Schon bald würde Zack mit den Wheelers zurückkommen, und auch Grace würde wieder im Poll-Rory auftauchen. Ihre ältere Schwester trauerte um eine verbotene Liebe und stand vor dem Ende ihres Lebens als Ordensschwester. Ihre jüngere Schwester trug ein Kind in sich, das sie unmöglich allein aufziehen konnte. Und keine von beiden hatte sich ihr anvertraut.
Und auf einmal fühlte sich Daria mutterseelenallein.
44. KAPITEL
A ls Rory ins Haus ging, schmerzten seine Arme vom Herunterreißen der Sperrholzplatten. Er hätte auch auf
Weitere Kostenlose Bücher