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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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die Augen. “Mach ich, Linda.”
    Sie sah Linda und den Hunden auf ihrem Weg zur Sackgasse nach und setzte dann ihren langsamen und systematischen Streifzug fort. Doch nach diesem Gespräch konnte sie sich nur schwer auf die Muscheln konzentrieren. Wenn doch nur alle genauso begeistert von ihrem Vorhaben wären wie sie. Vielleicht überraschte es die anderen, dass sie sich für ihre leibliche Mutter interessierte. Zeit ihres Lebens hatte sie das Gefühl gehabt, dass es auf eigentümliche Art verboten war, dieses Interesse zu zeigen. Als hieße das, sie wüsste nicht zu würdigen, was die Catos für sie getan hatten. Und jetzt war auf einmal Rory da und gab ihr die Freiheit zu sagen, dass sie sich sehr wohl für ihre Herkunft interessierte. Er war das Beste, was ihr seit Langem passiert war. Wenn er doch auch nur das Beste für Daria wäre.

12. KAPITEL
    “K omm, wir gehen rauf”, sagte Rory zu Zack. Sie standen auf einem kleinen Parkplatz in der Nähe des Leuchtturms von Currituck und schauten zur Spitze des roten Backsteingebäudes hinauf. Rory ging los, doch Zack rührte sich nicht vom Fleck.
    “Nun komm schon”, sagte Rory.
    “Gibt es da einen Fahrstuhl?”, fragte Zack, als er sich in Bewegung setzte und neben Rory her schlurfte.
    “Nein, aber die Stufen im Leuchtturm sind sehr hübsch.” Rory blieb geduldig und war sich sehr wohl im Klaren darüber, dass Zack bei dem Wort
hübsch
die Augen verdrehen würde. “Es ist eine Wendeltreppe. Je weiter man nach oben kommt, umso enger wird sie, und von oben hat man einen sagenhaften Ausblick.”
    “Ich bleibe hier unten”, sagte Zack. Er hatte in der kleinen Grünanlage, die den Leuchtturm umgab, eine Bank entdeckt und steuerte auf sie zu. Mit einem Gefühl der Niederlage, das den ganzen Tag über in ihm gewachsen war, betrat Rory den Leuchtturm allein.
    Der jungen Frau, die an einem Tisch im Eingang saß, gab er das Eintrittsgeld und machte sich dann daran, die Stufen hinaufzukraxeln. So hatte er sich das alles nicht vorgestellt, als er Zack am Morgen zu einer Erkundungstour durch die Outer Banks eingeladen hatte. Er hatte die Umgebung mit seinem Sohn gemeinsam erleben, ihm die Liebe zu den Barrier Islands einimpfen wollen. Aber bislang war sein Plan nicht aufgegangen. Sie hatten das steinerne Wright Brothers National Memorial besucht und sich im nahe gelegenen Museum einen Vortrag angehört, bei dem Zack ständig seufzte und auf seinem Stuhl herumzappelte. Und als sie anschließend den Grashügel zum eigentlichen Denkmal erklommen, stapfte Zack in einem Abstand von gut zwanzig Schritten hinter seinem Vater her. Für Zack gab es keinerlei Grund, sich das Wildreservat anzusehen, und er war ebenso wenig daran interessiert, von einem Boot aus Delfine zu beobachten. Rory befürchtete, dass Zack vor allem von ihm gelangweilt war. Denn wenn er seine Zeit mit seinen neuen Freunden am Strand verbrachte, war er lebhaft und fröhlich und nicht der mürrische Teenager, den Rory von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten schleifen musste.
    In dem von Daria empfohlenen Health Club hatte Rory für sie beide den Mitgliedsbeitrag bezahlt, doch selbst dort machten sie nichts zusammen. Zack liebte die wilden Kurse – Kickboxen und Spinning. Rory und sein Knie konnten weder beim einen noch beim anderen mithalten.
    Kurzatmig erreichte Rory die Aussichtsplattform. Der Ausblick war fantastisch: verschlungene Formen von Wasser und Land, so weit das Auge reichte. Weit unter sich sah er Zack auf der Bank sitzen. Er hätte ihm gern gewinkt, doch sein Sohn sah nicht zu ihm hoch. Rory hatte die Plattform für sich allein. Er stützte sich auf das Geländer und ließ seinen Blick über den Ozean schweifen, und zum ersten Mal an diesem Tag wanderten seine Gedanken von Zack zu der Frau, die er am Strand getroffen hatte. Grace. Er hatte sie am Morgen angerufen. Sie sagte, sie habe gehofft, er melde sich, und diese Worte waren Balsam für seine Seele. Er fragte, ob er sie in Rodanthe besuchen dürfe, aber sie antwortete, sie käme lieber nach Kill Devil Hills, und so hatten sie sich für den folgenden Tag verabredet.
    In den vergangenen Tagen hatte er oft an sie denken müssen, an die vielen Fragen, die sie gestellt hatte. Das war nicht dieses gekünstelte, berechnende Interesse gewesen, das Frauen ihm gegenüber oft an den Tag legten, um ihn zu ködern. Er hatte seit seiner Scheidung viele Frauen getroffen, die vor allem an ihm interessiert waren, weil er Rory Taylor hieß. Doch bei Grace

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