Sommerkind
wusste genau, dass Zack den Abend viel lieber mit Kara als an einem Tisch voll von Erwachsenen verbringen würde.
Grace hingegen hatte die Einladung mit großer Freude angenommen. Sie wolle die Catos gern kennenlernen, hatte sie gesagt. Und sie freue sich, Shelly wiederzusehen. Dennoch war Rory enttäuscht von Grace, und er hatte Tage gebraucht, um den Grund für dieses subtile Gefühl herauszufinden: Grace zeigte nur wenig Interesse an Zack. Sie stellte dem Jungen praktisch keine Fragen und sprach noch nicht einmal mit Rory über ihn. Rory hatte das Thema mehrmals angesprochen. Er hätte sich bei Grace gern einen Rat geholt, wie er seine Probleme mit Zack lösen könnte, doch Grace schien ihm kaum zuzuhören. Ihre Gleichgültigkeit kam überraschend und war ein Reinfall. Besonders nachdem sie Feuer und Flamme für Shellys Schicksal gewesen war. Wahrscheinlich hatte er zu viel von ihr erwartet. Sie musste sich schließlich mit ihrer eigenen Drangsal auseinandersetzen.
“He, Dar!” Ein gut aussehender Mann ging auf dem Weg zu seinem Tisch an ihnen vorbei und blieb kurz stehen, um sich hinunterzubeugen und Daria die Wange zu küssen.
“Hi Mike, wie geht's dir?”, fragte Daria.
“Ganz gut”, antwortete er und drückte leicht ihre nackten Schultern. “Du fehlst uns.”
“Ihr fehlt mir auch”, sagte sie.
Mike zwinkerte freundlich Shelly zu, begrüßte die restliche Runde mit einem Kopfnicken und ging dann quer über die Terrasse zu einer Frau und einem Pärchen.
“Einer deiner Kumpels?”, neckte Rory sie.
Sie zog die Nase kraus. “Genau. Ein Kollege von der Rettung.”
Sie bestellten den Hauptgang. Zuerst wollte Zack nichts, doch Shelly bestand darauf, dass er die Krebsküchlein probierte.
“Das sind die besten im ganzen Universum”, behauptete sie, woraufhin Zack sie bestellte – vermutlich, damit Shelly ihn nicht länger nervte.
Die Unterhaltung war oberflächlich, aber angenehm. Ted sprach über Football und Angeln, Ellen über die Einkaufstour, die sie für den nächsten Tag geplant hatte. Grace empfahl Ellen ein paar Geschäfte, die weiter südlich lagen. Rory und Daria stimmten in die Gespräche ein, wann immer sie konnten, und Rory entging Zacks beharrliches Schweigen keineswegs. Er suchte nach einem Weg, Zack in die Unterhaltung einzubeziehen, ohne dass es zu offensichtlich und gewollt aussähe, denn dadurch würde er nur Zacks Wut auf sich ziehen.
Da flüsterte Shelly Zack plötzlich etwas zu, und Rory stellte fest, dass er nicht die einzige Person am Tisch war, der das Unbehagen des Jungen unter all den Erwachsenen aufgefallen war. Sie flüsterte noch etwas, und auf Zacks Lippen zeigte sich ein flüchtiges Lächeln. Er flüsterte etwas zurück, und sie kicherte. Die Unterhaltung der Erwachsenen floss noch immer quer über den Tisch, doch Rory spitzte die Ohren, um zu hören, was Shelly und Zack besprachen.
“Welche?”, fragte Shelly gerade.
“Kara.”
“Die ist so süß.”
“Ja”, sagte Zack.
“Hattest du in Kalifornien auch schon mal eine Freundin?”
Rory lehnte sich ein Stückchen weiter zu ihnen hinüber und wartete gespannt auf die Antwort seines Sohnes.
“Schon zwei”, antwortete Zack. Durch einen Blick ließ er seinen Vater wissen, dass er die Spionage bemerkt hatte, und wandte ihm dann den Rücken zu, um sein Gespräch mit Shelly ungestört fortsetzen zu können. Rory hörte nur noch Shellys Gekicher und ab und an Zacks Lachen. Er grinste in sich hinein und war Shelly unendlich dankbar. Sie macht ihre Sache hervorragend, dachte er. Sie hat bemerkt, wie unwohl Zack sich fühlt, und ihn aus seinem Schneckenhaus geholt.
Das Essen wurde serviert, und als sie ihre Teller zur Hälfte geleert hatten, wandte sich Shelly an Zack, diesmal jedoch laut genug, dass alle es hören konnten.
“Hast du dir schon die Drachenflieger angesehen?”
“Ja”, antwortete Zack, “und mein Dad und ich werden bald eine Stunde nehmen.” Er sah zu Rory. “Oder?”
“Ganz genau”, antwortete Rory, froh über die Gelegenheit, Shellys und Zacks vertrauliche Unterhaltung auf die Erwachsenenrunde ausweiten zu können. “Wir haben einer der Klassen zugesehen, und es sah nicht allzu halsbrecherisch aus.”
“Na”, sagte Ellen zu Rory, “hoffentlich hast du das deinem Körper auch gesagt.”
“Oh”, warf Shelly ein, “das wird sicher toll. Ich hätte es auch schon längst versucht, wenn da nicht diese Krampfanfälle wären. So ist es mir zu gefährlich. Aber Pfarrer Sean fliegt
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