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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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heute war eine große, beeindruckende Frau mit kurzem platinblondem Haar.
    Eine Zeit lang sahen sie Linda und den Hunden beim Spielen zu. Daria war froh, dass sie so von Shelly und Cindy Trump abkamen. Doch dann brachte Rory ein noch unerfreulicheres Thema auf den Plan: Grace. Daria wusste, dass ihn Grace innerhalb der letzten Tage mindestens zweimal im Poll-Rory besucht hatte.
    “Ich habe Grace Shelly vorgestellt”, begann er.
    Auch das wusste sie. Shelly hatte gesagt, Grace habe ihr eine Menge Fragen gestellt. “Ja, das hat sie mir erzählt”, sagte sie bloß.
    “Ich glaube, sie ist – oder war – irgendwie krank. Findest du, es wäre plump, sie darauf anzusprechen?”
    Daria sah in den Eimer mit den Krebsen. Einer schien ihr verärgert seine Schere entgegenzustrecken, doch sie nahm kaum Notiz davon. Rory kannte Graces ernsthafte Erkrankung noch nicht einmal? Wie nah konnten sie sich dann schon sein?
    “Wenn du sie vorsichtig fragst, wüsste ich nicht, was daran falsch sein sollte”, riet sie ihm und hasste sich dafür, wie bereitwillig sie in die Rolle der Kummerkastentante schlüpfte.
    “Du kannst bestimmt gut nachfühlen, was sie bei der Scheidung durchmacht”, sagte er, “denn du und Pete wart ja auch sehr lange zusammen. Jeder von uns dreien hat das schon erlebt. Nur, dass du viel stärker bist als Grace.”
    Sein Eheberater hatte recht gehabt, Rory einen Beschützer zu nennen. Das war er zweifellos.
    Die Sonne stand wie ein großer orangefarbener Ball hoch am Horizont, als sie ihre Ausrüstung zusammenpackten, den Eimer mit den Krebsen in Rorys Fahrradkorb verstauten und sich auf den Rückweg machten. Sie fuhren auf direktem Weg zum Sea Shanty.
    Shelly und Chloe überlegten gerade, was sie zu Abend essen sollten, als die Krebse ankamen, und sie ließen sich von der Krebsfangstimmung sofort anstecken – sie kramten den Krebskocher aus den dunklen Tiefen des Schranks hervor, füllten ihn mit Wasser und setzten ihn auf den Herd. Dann holten sie die Butter, Krebsmesser und -spieße heraus. Die Küche war von Gelächter und Geplapper erfüllt, und Daria musste sich eingestehen, dass sie und Rory nicht mehr waren als gute Freunde, die an einem Samstagabend gemeinsam Krebse pulten.

17. KAPITEL
    B ob Myerson reichte Rory eine Flasche Bier und setzte sich dann in den Korbsessel. Die Bäume vor Bobs Wohnzimmerfenster waren schwer behangen mit Louisianamoos, und als Rory dem pensionierten Detective den Anlass für seinen Besuch erklärte, haftete sein Blick an den blasslila Trieben.
    “Ich glaube, Sie werden enttäuscht sein”, sagte Bob.
    “Schon möglich”, erwiderte Rory. “Aber ich muss es wenigstens versuchen. Sie waren näher an dem Fall dran als irgendwer sonst. Ich habe die Polizeiberichte gelesen, aber ich will es aus Ihrem Mund hören. Was ist Ihrer Meinung nach wirklich passiert?”
    Das Haus des Detectives lag in den tiefen Wäldern von Colington Island. Trotz der Nähe zu Kill Devil Hills hatte Rory sich verfahren und verspätet. Um achtzehn Uhr war er mit Grace im Poll-Rory verabredet, um mit ihr und der Cato-Familie essen zu gehen. Sogar Zack wollte mitkommen, aber das hatte ihn auch einige Überredungskunst gekostet. Rory hatte geglaubt, den Besuch bei dem Detective noch schnell vorher erledigen zu können, doch wegen seiner Irrfahrt und der Begeisterung des alten Mannes, über Football zu sprechen, wurde die Zeit allmählich knapp.
    Der Detective seufzte. “Ich fürchte, wir haben nicht viel aufgedeckt. Damals gab es in dem Bezirk einen Haufen junger Mädchen, und es schien, als zeigte jedes von ihnen mit dem Finger auf ein anderes. Aber ohne weitere Beweise konnten wir keine zu einer ärztlichen Untersuchung zwingen. Wenn es also eines jener Mädchen war, ist es ungeschoren davongekommen.” Er zuckte die fleischigen Schultern, und Rory konnte sich gut vorstellen, dass der Detective zu seinen College-Football-Zeiten, von denen er schon viel zu viel zum Besten gegeben hatte, ein gefürchteter Spieler gewesen war. “Aber ehrlich gesagt”, fuhr Bob fort, “glaube ich nicht, dass es eine von ihnen war.”
    “Wer, glauben Sie, war es dann?”
    Bob nahm einen Schluck Bier und stützte die Flasche dann auf seinem nackten Knie ab. “Zu jener Zeit waren zwei junge Frauen als vermisst gemeldet”, sagte er. “Eine kam aus North Carolina – ein Stückchen landeinwärts –, die andere aus Virginia. Keine wurde je gefunden. Ich vermute, dass eine von ihnen Shelly Catos Mutter war. Die

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