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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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Hindernis denn als Kapital zu betrachten schien, zuerst gegen diese Idee. Doch nachdem Brad mit ihr über Graces Verdienstaussichten gesprochen hatte, gab sie bereitwillig ihr Einverständnis.
    Der Nachmittag, an dem die Fotos für ihre erste Mappe aufgenommen wurden, sollte sich als der merkwürdigste ihres Lebens herausstellen. Ohne Erfolg versuchte Grace, sich vor der Kamera zu entspannen, und sie konnte nur von Glück sprechen, dass der Fotograf eine Engelsgeduld hatte und ihr erklärte, wie viel sicherer sie sich nach Brads Modelkurs fühlen würde.
    Gleich von Beginn an machten ihr die Kurse in der Agentur einen Mordsspaß. Seit der Grundschule war sie wegen ihres großen schmalen Körperbaus gehänselt worden. Jetzt wurde sie von den anderen Mädchen um ihre Größe, ihre schlanke Figur und die hohen Wangenknochen heiß beneidet und legte enorm an Selbstbewusstsein zu. Sie wusste, dass sie Brads Lieblingsschülerin war, und spürte seine Blicke auf ihrem Körper, wenn sie den Raum durchschritt. Auf seinem Gesicht lag Bewunderung, und nach der vierten oder fünften Stunde sagte er ihr, sie sei nicht nur mit Schönheit, sondern auch mit Talent gesegnet. Grace hörte eines der erfahreneren Models sagen, Brad wolle sie ganz groß herausbringen.
    Ihr erstes richtiges Engagement hatte sie in jenem Sommer bei einer Modenschau bei “Beck's”, einem ortsansässigen Kaufhaus. Brad lud ihre Mutter als Ehrengast ein, und die erzählte jedem, der es noch nicht wusste, dass Grace Brads Liebling sei. Die Show war ein voller Erfolg, und Graces Mutter, die ihr Kind zum ersten Mal modeln sah, platzte fast vor Stolz auf ihre Tochter – die Grace auf dem Laufsteg war eine ganz andere Frau. Sie war nicht länger schüchtern, und sie ging nicht länger mit krummem Rücken, um ihre Größe zu kaschieren.
    Nach der Show fing ihre Mutter an, Modemagazine zu kaufen. Sie zeigte auf die Bilder in den Zeitschriften und pflegte zu sagen: “Vielleicht solltest du dir die Haare so schneiden lassen.” Oder: “Wenn du diese Beinübungen machst, hast du in den Vorführkleidern schon bald einen schöneren Hintern.” Graces Mutter und Brad schmiedeten ein Komplott – sie wollten sie davon überzeugen, die Highschool abzubrechen und sich voll und ganz auf ihre Karriere zu konzentrieren. Doch Grace weigerte sich. Das Modeln machte ihr großen Spaß, aber allmählich begann sie, ihre Klassenkameraden um ihr normales Leben zu beneiden, jetzt, wo sie im letzten Highschool-Jahr waren. Bonnie hatte im Sommer einen Jungen kennengelernt und traf sich für gewöhnlich samstags mit ihm. Grace musste samstags meist arbeiten und war dann abends zum Ausgehen zu müde. Nicht, dass sich irgendjemand mit ihr verabreden wollte …
    Je tiefer Grace in das Modegeschäft hineingezogen wurde, und je mehr sie vom Lebenswandel der professionellen Models mitbekam, desto unwohler fühlte sie sich in dieser Welt. Die meisten anderen Mädchen waren schon älter und gingen nicht mehr zur Schule. Drogen waren an der Tagesordnung, und obwohl sie nicht glaubte, dass Brad selbst welche nahm, so musste sie doch erkennen, dass er beide Augen fest vor dem verschloss, was seine Models taten, um ihre mörderischen, mit Terminen vollgestopften Tage zu überstehen. Immer mehr Modenschauen fanden in anderen Städten statt, und schließlich blieb Grace nichts anderes übrig, als die Schule zu schmeißen, um diese Jobs annehmen zu können.
    Langsam veränderte sich auch ihre Beziehung zu Brad. Während die anderen Models in einem speziell ausgestatteten Kleinbus zu den Shows nach Washington oder Philadelphia gefahren wurden, fragte Brad Grace oft, ob sie nicht bei ihm mitfahren wolle. Anfangs dachte sie, er täte das aus dem Bewusstsein heraus, dass sie nicht zu den anderen Mädchen passte und sich in ihrer Gesellschaft unwohl fühlte. Doch schon bald wurde ihr klar, dass er mehr in ihr sah als nur ein aufstrebendes Model. Sie ertappte ihn dabei, wie er sie anstarrte, wenn sie sich schminkte oder zu Abend aß. Und er umarmte sie oft. Er umarmte auch die anderen Mädchen, doch sie wusste, dass er sie auf eine ganz besondere Art berührte.
    Eines Abends – sie waren gerade auf dem Heimweg von einer Modenschau in Washington – war er ungewöhnlich schweigsam. Da sie sehr müde war, machte es ihr nichts aus. Den Kopf gegen das Fenster gelehnt, dämmerte sie vor sich hin, als seine Stimme plötzlich die Stille durchbrach.
    “Ich weiß, das ist verrückt”, begann er, seinen Blick

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