Sommerküsse voller Sehnsucht
machen, oder ihn – wenn alles schiefging – ruinieren.
Sie konnte auf keinen Fall gehen, ehe ihr Vater seine Rede gehalten hatte. Auf die Ansprachen von Trauzeugen, Bräutigam und irgendwelchen Freunden konnte sie durchaus verzichten, aber ihren Dad musste sie unbedingt abwarten.
Der Fotograf, der nur für ein paar offizielle Fotos vor der Kirche engagiert worden war, war überrascht, als Sarah ihn so drängte. Aber da er wieder gebucht werden wollte, beeilte er sich.
»Sie wollen doch nicht haufenweise Fotos von den Verwandten haben«, flüsterte Sarah Mrs. Boscastle zu, während sie zusahen, wie Braut und Bräutigam posierten. »Das ist doch schrecklich gewöhnlich.«
Dennoch war sie froh, den Fotografen gebucht zu haben. Sie hatte von Anfang an an Onkel Jobys Zuverlässigkeit gezweifelt, und der war tatsächlich viel mehr daran interessiert, mit Charlene zu plaudern, als zu fotografieren.
Leider hatte das Brautpaar auch keine Zeit, auf dem Weg zum Empfang im Auto in Ruhe ein Glas Champagner zu trinken. Dabei empfahl Sarah das ihren Hochzeitspaaren immer, denn es war der einzige Moment, den die beiden zu zweit genießen konnten, ehe anschließend der große Trubel losbrach.
Dieses Mal jedoch bekam Dirks Freund, der die ehrenvolle Aufgabe hatte, die Frischvermählten sicher zum Empfang zu bringen, strikte Anweisung, den Weg dorthin in Rekordzeit zurückzulegen.
Das doppelte Gratulationsdefilee funktionierte perfekt.
»Ich würde vorschlagen, die Gäste setzen sich jetzt«, meinte Sarah schließlich zu Lily. »Am besten mit einem Glas Wein, das erspart uns den Sekt zum Anstoßen.«
Sie schob sich unauffällig neben ihren Vater und schilderte ihm kurz ihr Problem. Er nickte verständnisvoll. »Aber, Liebes, wir können erst mit den Reden beginnen, wenn die Gäste etwas zu essen haben. Und das kann bei einem Buffet endlos dauern.«
»Dad, das weiß ich, und ich habe auch ein schrecklich schlechtes Gewissen.« Sarah zögerte. »Vielleicht sollte ich einfach ganz hierbleiben. Schließlich habe ich ein gutes Team in Somerby. Die brauchen mich eigentlich gar nicht.«
»Nein, das darfst du nicht. Deine Mutter wäre so stolz auf dich. Und Dirk und Lily haben Verständnis für dich, das weißt du. Sie möchten gern, dass du auch Carries Hochzeit betreust. Tu einfach, was du tun musst.« Er beugte sich verschwörerisch vor. »Und wenn diese Zicke« – er zeigte unauffällig auf Mrs. Boscastle – »dir irgendwelche Schwierigkeiten macht, sag mir Bescheid. Ich kümmere mich darum.«
Kichernd umarmte Sarah ihren Vater. »Von dir habe ich also mein loses Mundwerk.«
Er lachte. »Wir haben jetzt keine Zeit für Sentimentalitäten. Füll du die Gläser, ich bereite mich auf meine Rede vor.«
Geschickt bewegte Sarah sich durch die Menge zu Veronica, die den Einsatz der Catering Ladies koordinierte. »Bitte sorgen Sie dafür, dass alle sitzen und einen Teller vor sich stehen haben. Und dann gehen Sie einfach mit Platten und Weinflaschen an den Tischen entlang und bedienen die Leute ein bisschen. Ich muss dringend zu Carries Hochzeit.«
Veronica, die das alles sehr aufregend fand, war äußerst hilfsbereit. »Überlassen Sie alles uns. Wir füttern und tränken diese Meute, ehe sie wissen, warum sie überhaupt hier sind.«
Sarah war zufrieden. Innerhalb einer Minute saßen alle Gäste, so wie sie es angeordnet hatte. Wenig später stand sie selbst am Tisch des Brautpaars, an dem ihr Platz vorgesehen war. »Lily, Schätzchen, hättest du was dagegen, wenn Dad jetzt seine Rede hält? Ich muss wirklich dringend weg.«
Lily, die ihr Leben lang schwierig und aufsässig gewesen war, schien durch die Hochzeit wie verwandelt zu sein. »Sarah, du hast das alles so toll gemacht, tu einfach, was du für richtig hältst. Wir kommen schon ohne dich klar, nicht wahr, Dad? Also, Dad, fang an.«
Ihr Vater nickte gehorsam. »Vielleicht sollten wir noch einen Drink abwarten. Meine Rede ist nicht auf völlige Nüchternheit abgestimmt.«
Sarah lächelte und klopfte ihm auf die Schulter. Wenn sie selbst doch bloß nicht nüchtern bleiben müsste! »Okay.« Sie setzte sich und tastete nach ihrem Handy. Hoffentlich sah ihr niemand zu und hielt sie für unhöflich! Sie wählte die Nummer von Somerby, erreichte aber niemanden. Instinktiv gab sie als nächstes Hugos Nummer ein. Er würde wissen, was zu tun war. »Hugo?«, flüsterte sie und hielt sich die Serviette vors Gesicht. »Das Essen beginnt gerade erst, doch ich versuche, mich in
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