Sommerküsse voller Sehnsucht
einer Viertelstunde hier loszueisen.«
»Äh … ja, gut«, antwortete Hugo, und es klang, als wäre gar nichts gut. »Carrie ist im Moment nicht sehr glücklich. Hast du keine Möglichkeit, schneller hier zu sein?«
Sarah verstand sofort. ›Nicht sehr glücklich‹ hieß ›supersauer‹. Das wiederum bedeutete, dass sie auf der Stelle aufbrechen musste. Wenn Carrie ihr tatsächlich übel nahm, dass sie nicht da war, und sich vielleicht sogar weigerte zu zahlen, würde das nicht nur Sarahs Ruf, sondern auch ihr Bankkonto ruinieren.
»Okay, dann fahre ich jetzt sofort los. Eigentlich wollte ich noch die Rede meines Dads abwarten.«
Eine kurze Pause entstand, dann sagte Hugo: »Hör zu, du bleibst, wo du bist. Ich hole dich ab.«
»Aber Hugo, das dauert ja noch viel länger.«
»Du bleibst, wo du bist. Ich komme und hole dich ab. Vertrau mir.«
Er legte auf, und Sarah fragte sich, ob sie ihm tatsächlich vertrauen sollte. Nun, ihr würde gar nichts anders übrig bleiben. Zu dumm, dass Carrie sich so aufregte, aber damit war eigentlich zu rechnen gewesen. Prominente waren einen gewissen Standard gewöhnt. Und wenn Carrie für diesen gewissen Standard zahlte, wollte sie ihn auch bekommen. Es hätte alles perfekt funktioniert, wenn Lilys Trauung nicht so lange gedauert hätte. Jetzt war sie in einer echt blöden Situation.
Nervös trommelte Sarah mit den Fingern auf die Tischplatte. Dann registrierte sie es und hielt erschrocken inne. Bitte, esst schneller, flehte sie im Stillen. Trinkt eure Gläser leer. Sie trank selbst einen Schluck Wein und vergaß eine Sekunde, dass sie eigentlich nüchtern bleiben wollte. Sie zwang sich zur Ruhe und dachte daran, wie erfreut sie gewesen war, als sie den günstigen Wein in einem Supermarkt entdeckt hatte. Sie hatte ihn gleich draußen auf dem Parkplatz probiert, für gut befunden und war dann wieder hineingelaufen, um die Regale leer zu räumen. Man hatte ihr auch noch einen Mengenrabatt gewährt, und am Ende hatte sie weniger als die Hälfte des normalen Preises zahlen müssen.
Die Catering-Damen leisteten grandiose Arbeit. Sarah sah, wie große Tabletts mit Kanapees herumgereicht wurden. Dann bemerkte sie Veronica, die mit einer Platte auf ihren Tisch zukam. Räucherlachs und Salat. Perfekt! Sarah lächelte. Sie dachte daran, wie unglücklich Mrs. Boscastle mit dem Buffet gewesen war; wahrscheinlich glaubte sie nun, sie hätte sich auch in diesem Punkt am Ende durchgesetzt.
Sarah unterhielt sich ein wenig mit ihrem Vater und ihrer Stiefmutter und versuchte, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen. In dem Moment, als ihre Stiefmutter ihr erzählte, wo sie ihr Outfit gekauft und wieso sie sich gegen einen Hut entschieden hatte, tauchte ein Hubschrauber über ihnen auf. Sarah nickte und lächelte höflich, doch in Wahrheit hörte sie kaum noch zu. Sie war ein einziges Nervenbündel.
Als ihre Stiefmutter fertig war, wandte Sarah sich mit zittrigen Knien ihrer rechten Nachbarin zu. Vielleicht konnte die sie ja von ihrer wachsenden Unruhe ein wenig ablenken. Im selben Moment berührte jemand ihre Schulter. Es war Hugo höchstpersönlich.
»Wie um alles in der Welt …?«
»Komm mit. Verabschiede dich schnell, ein Taxi wartet auf uns.«
»Ein Taxi? Hugo …«
Erst nachdem sie das Zelt verlassen hatte, wurde ihr klar, dass sie sich bei niemandem richtig verabschiedet hatte. Sie hatte Lily einen kurzen Blick zugeworfen und zum Ausgang gezeigt. Ihre Schwester hatte fröhlich genickt und ihr einen Luftkuss nachgeschickt. Spätestens da war Sarah sicher gewesen, dass wenigstens die eine Hochzeit gut lief.
Sie wollte Hugo fragen, wie er so schnell zu ihr gekommen war, als sie bereits in den Fond des Taxis geschoben wurde.
Hugo setzte sich neben sie. »Fahren Sie so schnell wie möglich!«, instruierte er den Fahrer, der sofort losraste.
»Mit dem Taxi sind wir doch nicht schneller«, gab Sarah zu bedenken. »Es ist nur viel teurer. Allerdings muss ich zugeben, dass du verdammt schnell hier warst. Ich hätte in frühestens einer Stunde mit dir gerechnet.«
»Was viel zu spät gewesen wäre. Und genau das ist der Grund, warum wir nicht mit dem Taxi bis Somerby fahren werden.«
»Was soll das heißen? Wir sitzen doch in einem Taxi.« Sarahs Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
»Stimmt«, antwortete er geduldig. »Aber es bringt uns nicht nach Somerby.«
»Erzähl mir jetzt bitte nicht, dass es von hier aus eine Schnellzugverbindung gibt.« Ihre Gedanken jagten.
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