Sommerkuesse
und Anne steht, streckt er die Hand aus. »Hi. Ich bin Doug. Und ihr?«
»Nicola«, sage ich. Nicht Nic. »Und das hier ist Anne.«
Anne schaut von ihrem Notizbuch auf und strahlt. Doug scheint ihr auch zu gefallen.
»Na dann herzlichen Glückwunsch, Nicola und Anne, dass ihr den Vortrag überlebt habt. Dr. Francis ist schon in Ordnung, aber sobald er einer Gruppe von Menschen gegenübersteht, sieht er nur noch potenzielle Förderer vor sich. Wortwörtlich denselben Vortrag, den ihr gerade gehört habt, spult er immer ab, wenn Leute zu Besuch sind, die das Projekt vielleicht finanziell unterstützen könnten. Ich kann mir gut vorstellen, dass er sogar vergessen hatte, dass ihr heute kommt. Wo kommt ihr eigentlich her?«
»Vom Siegel Institute«, antwortet Anne.
Doug schaut einen Moment verwirrt. »Ach ja! Ich vergesse immer, dass die jeden Sommer diesen Ferienkurs in Prucher
Hall anbieten. Ich hab bis zur Zwischenprüfung dort studiert. Prucher ist echt eine tolle Uni. Die großen Bäume im Hof stehen hoffentlich noch?«
»Ja!« Doug wird mir immer sympathischer. »Es macht totalen Spaß, darin rumzuklettern.«
Doug nickt begeistert. »O Mann, wenn ich dran denke, was das für Zeiten waren! Abends haben wir uns immer einen gemütlichen Ast gesucht und da oben eine Bowl durchgezogen – ähem … oder sollte ich das lieber nicht sagen?«
Anne und ich lachen. »Vielleicht waren die Tutoren damals noch nicht so streng.«
»Mann, ich war doch selbst Tutor«, sagt Doug. »Aber das ist schon eine Weile her. Vielleicht hat sich da einiges geändert. Jedenfalls ist es cool, dass ihr heute hier seid! Kommt mit, dann zeig ich euch, wo es was zu essen gibt.«
Als er vorangeht, staune ich wieder darüber, wie ähnlich er Battle sieht. Es ist richtig unheimlich.
»Ich glaub, der steht auf dich«, flüstert Anne. »Stört es dich, dass er dich so anmacht?«
Ich sehe sie verständnislos an. »Ich weiß nicht, ob er mich wirklich anmacht«, flüstere ich zurück. »Aber selbst wenn, wieso sollte mich das stören?«
»Na, weil er doch ein Mann ist!«, flüstert Anne etwas lauter.
»Ach so.« Ich muss lachen. »Nö, das stört mich nicht.«
Anne schüttelt den Kopf. Offensichtlich passt das nicht in ihr Bild.
Doug führt uns über den Parkplatz zu einem kleinen weißen Bus, der an einen Eiswagen erinnert. »O’Riley’s Food Service« steht in leuchtend blauen Lettern auf einer Seite.
»Die kochen täglich für uns. Das Essen ist gar nicht übel, aber die meisten von uns bringen sich trotzdem was von zu Hause mit. Da drüben sind Kühlboxen, wo man seinen Proviant aufbewahren kann.« Er nickt mit dem Kopf in Richtung Wiese, wo im hohen Gras mehrere Holztische und vier große orangefarbene Kühlboxen stehen.
»Waren die vorher schon da?« Ich deute auf die Picknick-Tische.
»Nein – die hat einer unserer Sponsoren hier aufgestellt. Dr. Francis war darüber sogar richtig sauer, weil wir sie wieder entsorgen müssen, wenn wir mit der Grabung fertig sind. Und die Dinger sind teurer, als man denkt. Klar, es ist natürlich super, dass wir hier mittags gemütlich sitzen können, aber das viele Geld hätten wir für andere Sachen besser gebrauchen können.«
Anne und ich stellen uns in der Warteschlange bei O’Riley an, während sich Doug sein mitgebrachtes Essen aus einer der Boxen holt. Als wir vorne an der Theke angekommen sind, wird mir klar, dass das Catering-Geschäft offenbar vom mexikanischen Zweig der O’Rileys betrieben wird.
Bis wir unsere Tabletts endlich in den Händen halten, sind natürlich alle Tische besetzt. »Wenn es euch nichts ausmacht, auf der Erde zu sitzen, könnten wir uns da hinten in den Schatten setzen«, schlägt Doug vor und deutet auf eine Eiche in der Nähe der Ausgrabungsstätte. »Wir dürfen nur auf keinen Fall irgendwelchen Müll rumliegen lassen.«
Wir schlendern zu der Stelle, die er uns gezeigt hat. Ich lege mich wie Doug auf den Bauch. Anne lehnt sich im Schneidersitz gegen den Stamm der riesigen Eiche.
»Seit wann machst du das denn schon?«, frage ich Doug
und beiße von meiner Tostada ab. Sie schmeckt ziemlich gut. Vor allem im Vergleich zu dem, was man in der Mensa für mexikanische Küche hält.
Doug stützt das Kinn in die Hand und sieht nach oben, als stünde die Antwort irgendwo in den Wolken geschrieben. »Äh … mal überlegen … Meine erste Ausgrabung hab ich noch vor der Zwischenprüfung mitgemacht, das war … o Mann, das muss jetzt zehn Jahre her
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