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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Mittagessen war ein Herr am Telefon, der Sie zu sprechen wünschte. Wie er sagte, rief er aus Oxford an, wo er auf dem Weg von London nach Blackpool mit dem Automobil Halt machte. Da ich wußte, daß Sie literarisch beschäftigt waren, wollte ich Sie nicht stören. Erst als Sie das Wort ›Telefon‹ erwähnten, erinnerte ich mich wieder.«
    »Wer war es denn?«
    »Den Namen des Herrn habe ich leider nicht verstanden, Sir. Die Leitung war gestört. Aber er bat mich, Ihnen mitzuteilen, daß es sich um die Inszenierung eines dramatischen Werks für die Theaterbühne handelt.«
    »Um ein Stück?«
    »Ja, Sir«, sagte Beach, sichtlich beeindruckt von der Knappheit dieser Formulierung. »Ich habe mir erlaubt, ihm zu verstehen zu geben, daß Sie ihn möglicherweise am späteren Nachmittag empfangen könnten. Er sagte, er werde nach dem Tee vorsprechen.«
    Der Butler verschwand mit angstvollen Schritten aus der Halle, und der Ehrenwerte Galahad wandte sich seiner Nichte zu.
    »Ich weiß, wer das war«, sagte er. »Er hat mir gestern geschrieben. Ein Theatermanager, den ich von früher kenne. Ein Mann namens Mason. Er hat da ein Stück, eine Übersetzung aus dem Französischen, und er will nun die Handlungen in die neunziger Jahre verlegen und hofft, daß ich meinen Namen dafür hergebe.«
    »So?«
    »Soll zur selben Zeit herauskommen wie mein Buch. Gar kein schlechter Gedanke. Der Name Galahad Threepwood wird bald die Kassen zum Klingeln bringen. Das Theater wird auf Wochen hinaus ausverkauft sein, weil von überall die alten Knaben nach London kommen werden, um zu sehen, ob in dem Stück auch etwas über sie drin ist.«
    »So?« sagte Millicent.
    Der Ehrenwerte Galahad runzelte die Stirn. Er vermißte Interesse und Bewunderung.
    »Was ist los mit dir?« wollte er wissen.
    »Nichts.«
    »Und warum siehst du dann so aus?«
    »Wie denn?«
    »Bleich und trübsinnig. Als wärst du gerade einem Buchmacher begegnet, dem du Geld schuldest.«
    »Ich bin ganz vergnügt.«
    Der Ehrenwerte Galahad schnaubte.
    »Ja, überschäumend. Ich habe schon Novembernebel erlebt, die fideler aussahen. Was liest du denn da?«
    »Es gehört Tante Constance.« Millicent warf einen trüben Blick auf den Umschlag. »Irgendwas über Theosophie.«
    »Theosophie! Ein Mädchen in der Blüte seiner Jugend liest … Was zum Kuckuck ist nur in Euch alle gefahren? Bei Clarence kann man’s ja vielleicht noch verstehen. Wenn man mal unterstellt, daß man tatsächlich so ein Borstenvieh ins Herz schließen kann, dann darf er wohl zu Recht unglücklich sein. Aber was ist mit Euch andern? Ronald! Läuft herum wie eine Tomate in Trauer. Beach! Hopst und zittert, wenn man mit ihm spricht. Und der junge Carmody …«
    »Mr. Carmody interessiert mich nicht.«
    »Heute morgen«, sagte der Ehrenwerte Galahad grollend, »habe ich dem Jungen einen der komischsten Limericks erzählt, den ich je gehört habe – den von dem alten Mann aus … aber das tut ja nichts zur Sache – und er glotzt mich nur mit offenem Mund an wie ein lahmer Gaul übern Zaun. In diesem Haus geschehen mysteriöse Dinge, und das gefällt mir nicht. Bis vor kurzem war Blandings Castle noch ein normales, trautes englisches Heim, und plötzlich herrscht hier eine Stimmung, wie sie Edgar Allan Poe an einem verregneten Sonntag beschrieben hätte. Das sägt mir an den Nerven! Hoffentlich bringt Johnny Schoonmakers Töchterchen ein bißchen Stimmung in die Bude. Wenn sie nach ihrem Vater geraten ist, müßte sie ja sehr nett und lustig sein. Aber wahrscheinlich stellt sich bei ihrer Ankunft heraus, daß sie um eine Schwipptante dritten Grades trauert oder sich die Lage in Zentralsibirien zu Herzen nimmt oder sowas. Ich weiß wirklich nicht – die Jugend von heute … Griesgrämig. In sich gekehrt. Kann gar nicht mehr so fröhlich sein wie wir früher. Zu meiner Zeit hätte ein Mädchen wie du die Gästebetten hergerichtet, anstatt herumzuhocken und Schmöker über Theosophie zu lesen.«
    Der Ehrenwerte Galahad schnaubte nochmals und entschwand dann in den Rauchsalon, während Millicent sich mit verkniffenem Gesicht wieder ihrem Buch zuwandte. Sie hatte gerade ein paar Minuten darin gelesen, als sie eine große, gebeugte, kraftlose Gestalt neben sich bemerkte.
    »Tag«, sagte Hugo, denn kein anderer als er war dieser Schatten eines einstmals stattlichen jungen Mannes.
    Millicents Ohr zuckte, aber sie antwortete nicht.
    »Liest du?«
    Er hatte auf dem linken Bein gestanden. Nun überlegte er sich’s

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