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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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einem gewissen Grad seine normale Unansehnlichkeit überdeckte. Es war ein Ausdruck der Begeisterung, der Freude, fast der Glückseligkeit – kurz, es war der Blick eines Mannes, der sich im Begriff sieht, fünfhundert Pfund einzuheimsen.
    Anscheinend bewirkt die Erwähnung eines größeren Geldbetrages eine Steigerung der menschlichen Intelligenz. Eben noch war Pilbeams Gehirn nichts als eine träge Masse gewesen; jetzt funktionierte es plötzlich wie ein Dynamo.
    Ins Schloß hineingelangen? Aber selbstverständlich konnte er ins Schloß von Blandings hineingelangen! Und zwar ohne sich heimlich einzuschleichen und dabei ständig im Hosenboden den Tritt vorherzuahnen, der ihn wieder hinausbefördern würde. Stolz würde er in seinem Sportwagen vorfahren, dem Butler seinen Koffer reichen und sich als Ehrengast hofieren lassen. Bis jetzt hatte er sich nicht mehr erinnert – hatte er sich nicht erinnern wollen –, daß dieser junge Schwachkopf, dessen Name ihm entfallen war, den empörenden Vorschlag gemacht hatte, er solle nach Blandings kommen und irgendwelche verlorengegangenen Schweine aufstöbern. Das hatte ihn seinerzeit so in seinem Stolz gekränkt, daß er den Gedanken daran völlig verdrängt hatte. Jedesmal, wenn ihm Hugo eingefallen war, hatte er schleunigst an etwas anderes gedacht. Jetzt kam ihm die Erinnerung wieder, und er entsann sich an Hugos Abschiedsworte, wonach der Auftrag noch zu vergeben sei, falls er es sich anders überlegen sollte.
    »Ich übernehme den Fall, Sir Gregory«, sagte er.
    »Wuff?!«
    »Sie können sich darauf verlassen, daß ich spätestens morgen abend auf Blandings Castle bin. Ich weiß jetzt, wie ich mir Zugang verschaffen kann.«
    Er erhob sich hinter seinem Schreibtisch und schritt mit gefurchter Stirn im Zimmer auf und ab. Sein reger Verstand arbeitete jetzt mit voller Kraft. Einmal blieb er stehen und sah geistesabwesend aus dem Fenster, und als Sir Gregory sich räusperte, um etwas zu sagen, winkte er unwillig ab. In solchen Augenblicken ließ er sich nicht einmal von Baronets stören, selbst wenn sie vornehme Doppelnamen führten.
    »Sir Gregory«, sagte er endlich, »in Angelegenheiten wie dieser ist es das Wichtigste, daß man einen Plan hat. Ich habe einen.«
    »Wuff!« sagte Sir Gregory.
    Diesmal meinte er damit, er habe das nach dieser Hin-und-Her-Lauferei auch nicht anders erwartet.
    »Wenn Sie nach Hause zurückkommen, laden Sie bitte Mr. Galahad Threepwood für morgen abend zum Essen ein.«
    Der Baronet erzitterte wie Gelatine. Zorn und Erstaunen rangen in seiner Brust. Den Kerl zum Essen einladen? Nach allem, was passiert war?
    »Dazu so viele weitere Bewohner von Blandings Castle, wie Sie für richtig halten – aber Mr. Threepwood muß dabei sein. Wenn er erst mal aus dem Haus ist, habe ich freie Bahn.«
    Zorn und Erstaunen verebbten. Dem Baronet ging ein Licht auf. Die Einfachheit und Eleganz des Plans waren bestechend. Aber würde diese Einladung, so ging es ihm durch den Sinn, auch angenommen werden? Er hatte den letzten Besuch des Ehrenwerten Galahad noch lebhaft vor Augen.
    Dann fiel ihm jedoch zu seiner Erleichterung Lady Constance Keeble ein. Ihr würde er die Einladung schicken und – jawohl, das würde er! – reinen Wein einschenken. Er würde seine Karten auf den Tisch legen und darauf vertrauen, daß sie ihm aus Anstand und Mitgefühl Beistand leisten würde. Schon lange wußte er, daß sie über diese Memoiren genauso dachte wie er. Mit ihrer Hilfe konnte er rechnen. Und er konnte auch damit rechnen, daß sie – mit welchen weiblichen Zwangsmitteln, vermochte er als Junggeselle nur zu ahnen – den Ehrenwerten Galahad pünktlich zum Abendessen in Matchingham Hall vorführen würde. Frauen, soviel wußte er, besaßen eine seltsame Macht über ihre nächsten Angehörigen.
    »Großartig!« rief er. »Hervorragend! Ausgezeichnet. Wuff! Ich werde das sofort in die Wege leiten.«
    »Dann überlassen Sie alles Weitere ruhig mir.«
    »Sie meinen also, wenn ich ihn aus dem Haus locke, können Sie das Manuskript sicherstellen?«
    »Jawohl.«
    Sir Gregory erhob sich und streckte ihm eine zitternde Hand hin.
    »Mr. Pilbeam«, sagte er tief bewegt, »daß ich zu Ihnen gekommen bin, war das Klügste, was ich tun konnte.«
    »Exakt«, sagte Percy Pilbeam.

Gewitterwolken über Blandings
    Nachdem er das halbe Dutzend Seiten, das seit dem Mittagessen entstanden war, noch einmal durchgelesen hatte, heftete der Ehrenwerte Galahad die Blätter mit einer

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