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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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möglicherweise bessere Ergebnisse zu erzielen waren. Also drückte er. Allerdings ohne Erfolg. Blandings Castle war ein solider Bau, auf den man stolz sein konnte. Hier waren Mauern noch Mauern und Schranktüren Schranktüren. Alles erste Qualität, kein Pfusch. Der Schrank ächzte, gab aber nicht nach.
    »Hallo!«
    »Was ist?«
    »Hören Sie doch mal zu. Ich kann Ihnen ja alles erklären. Ich meine das mit dem Abend bei Mario. Ich weiß genau, wie das war. Sie glauben, daß ich bei Miss Brown einen Stein im Brett habe. Aber ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß sie mich nicht ausstehen kann. Sie hat’s mir selbst gesagt.«
    Ronnie kam ein beglückender Gedanke.
    »Sie können nicht die ganze Nacht da drin bleiben«, sagte er.
    »Ich will auch nicht die ganze Nacht hier drin bleiben.«
    »Also, dann kommen Sie raus.«
    Die Stimme wurde vorwurfsvoll.
    »Sie hat mich vor diesem Abend bei Mario wirklich noch nie gesehen. Sie war mit diesem Carmody zum Abendessen hingekommen, und als er mal verschwand, bin ich hingegangen und habe mich vorgestellt. Da ist doch nichts dabei, oder?«
    Ronnie überlegte, ob ein Tritt etwas bewirken würde. Aber Rücksichtnahme auf seine Zehen und die Überlegung, daß sein Onkel Clarence wahrscheinlich etwas gegen zertrümmerte Schranktüren einzuwenden hätte, ließen ihn von diesem Gedanken Abstand nehmen. Er stand da und atmete heftig.
    »Wollte nur ein paar nette Worte wechseln. Man wird sich doch noch vorstellen dürfen, um ein paar nette Worte zu wechseln?«
    »Ich wünschte, ich wäre früher hingegangen.«
    »Es hätte mich gefreut, Sie kennenzulernen«, sagte Pilbeam zuvorkommend.
    »Wirklich?«
    »Exakt.«
    »Sie werden mich kennenlernen, sobald ich diese verdammte Tür aufbekomme.«
    Pilbeam sah sich dem sicheren Erstickungstod ausgeliefert. Der Sauerstoffvorrat im Schrank nahm schon merklich ab. Da kam ihm in seiner Not die rettende Eingebung.
    »Hören Sie«, sagte er, »sind Sie Ronnie?«
    Ronnies Gesicht lief tiefrot an.
    »Werden Sie bloß nicht unverschämt!«
    »Aber nein, hören Sie doch. Ist Ihr Name Ronnie?«
    Schweigen.
    »Wenn Sie nämlich so heißen«, sagte Pilbeam, »dann sind Sie derjenige, dessentwegen sie hergekommen ist.«
    Wieder Schweigen.
    »Das hat sie mir selbst gesagt. Heute abend im Garten. Sie kam unter dem Namen Shoemaker oder so ähnlich her, um mit Ihnen zu sprechen. Daran sehen Sie doch, daß sie’s nicht auf mich abgesehen hat.«
    Ein lauter Ausruf brach das Schweigen.
    »Was sagen Sie?«
    Pilbeam wiederholte. Wachsende Zuversicht ließ ihn mit äußerster Sorgfalt artikulieren.
    »Kommen Sie raus!« rief Ronnie.
    »Das sagen Sie so, aber …«
    »Kommen Sie raus, ich will mit Ihnen reden.«
    »Das tun Sie doch schon.«
    »Nein, ich kann das nicht durch die geschlossene Tür brüllen. Kommen Sie raus. Ich tue Ihnen auch nichts.«
    Es war weniger das Vertrauen auf die Ritterlichkeit der Fishs, was Pilbeam veranlaßte, diesem Ersuchen nachzukommen, als vielmehr die Furcht, ihn könne, falls er noch länger in diesem Schrank bliebe, der Schlag rühren. Schon jetzt hatte er das Gefühl, ein konzentriertes Gemisch aus Staub und Mottenpulver zu inhalieren. Er kam zum Vorschein. Seine Haare waren zerzaust, und er musterte sein Gegenüber argwöhnisch wie ein Mann, der Kopf und Kragen riskiert. Aber ein Fish hält sein Wort. Für Ronnie war das Kriegsbeil begraben.
    »Was haben Sie da gesagt? Sie ist hier?«
    »Exakt.«
    »Was meinen Sie mit ›exakt‹?«
    »Ganz recht. Exakt. Sie kam kurz vor Ihnen an. Haben Sie sie denn noch nicht gesehen?«
    »Nein.«
    »Jedenfalls ist sie hier. Sie bewohnt das sogenannte Gartenzimmer. Ich hörte, wie sie es dem alten Galahad sagte. Wenn Sie gleich hingehen«, sagte Pilbeam vertraulich, »können Sie in Ruhe noch ein bißchen mit ihr reden, bevor sie zum Abendessen hinuntergeht.«
    »Und sie hat gesagt, daß sie gekommen ist, um mit mir zu reden?«
    »Ja, wegen dieses Abends bei Mario. Und ich finde«, fuhr Pilbeam eifrig fort, »wenn ein Mädchen freiwillig hierher kommt und sich Miss Schoonmaker nennt, bloß um mit einem Mann zu reden, dann muß sie ihn doch lieben. Sagen Sie doch mal selbst.«
    Ronnie sagte nichts. Seine Gefühle schnürten ihm den Hals zu. Scham und Reue waren so übermächtig, daß seine Artikulation versagte. Ja, er fühlte sich so schuldbeladen, daß er beinahe Pilbeam gebeten hätte, ihm einen Tritt zu verpassen. Der ungeheuerliche Gedanke, seiner makellosen Sue unrecht getan zu haben, war

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