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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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vorzunehmen, wollte er sich doch noch gönnen.
    Er trat hinaus in den Korridor. Und im selben Augenblick trat Percy Pilbeam aus dem Zimmer gegenüber.
2
    Pilbeam hatte auf seine Abendgarderobe die größte Sorgfalt verwandt. Da Lord Emsworth in seiner Schusseligkeit es verabsäumt hatte, ihn von dem allgemeinen Exodus nach Matchingham Hall in Kenntnis zu setzen, erwartete er natürlich, an der abendlichen Tafel eine festliche Gesellschaft anzutreffen, und er hatte sich dementsprechend in Schale geworfen. Als er sich nun zufrieden im Spiegel besah, durchpulste ihn wohlige Wärme. Sie pulste auch noch, als er in den Korridor trat. Als er Ronnies ansichtig wurde, geriet sie abrupt ins Stocken.
    Im Laufe seiner Redakteurstätigkeit für ›Gesellschaftsgeflüster‹, jenes unerschrocken freimütige Periodikum, hatte Pilbeam ein- oder zweimal Begegnungen mit Leuten gehabt, für die wenig Veranlassung bestand, ihm Gutes zu wünschen. Diese Begegnungen waren sehr unschön gewesen. Er war ein Mensch, der für Handgreiflichkeiten nichts übrig hatte. Und daß jetzt Handgreiflichkeiten ins Haus standen, war leider nur zu offensichtlich. Die unheilvolle Art, wie dieser kleine, aber kräftige junge Mann auf ihn zugefedert kam, ließ Schlimmes befürchten. Pilbeam war Mitglied der Gesellschaft zur Förderung des Londoner Zoos, und in dieser Eigenschaft hatte er Leoparden zu sehen bekommen, die genauso federten.
    Wenn man jahrelang ein Skandalblatt geleitet und sich dann in der Detektei-Branche betätigt hat, entwickelt man zwangsläufig die Fähigkeit, in plötzlichen Notlagen mit erstaunlicher Geistesgegenwart zu reagieren. Aber die Kaltblütigkeit, mit der Pilbeam diese Situation meisterte, verdient besonderes Lob. Wäre ein Militärstratege zugegen gewesen, er hätte anerkennend genickt. Angesichts der herannahenden Bedrohung durch Ronnie Fish tat Percy Pilbeam, was auch Napoleon, Hannibal oder der große Herzog von Marlborough an seiner Stelle getan hätten. Er faßte hinter sich nach dem Türknauf, drehte blitzschnell daran, witschte in sein Zimmer, knallte die Tür zu und ward nicht mehr gesehen. Auch ein Aal hätte nicht glatter und geschwinder im Flußschlamm verschwinden können.
    Wäre dem Leoparden, dem Ronnie Fish so ähnlich sah, sein Opfer vor der Nase weg ins Unterholz entschlüpft, dann hätte er gewiß seinen Gefühlen mit demselben kurzen, dumpfen Aufschrei Ausdruck verliehen, welcher Ronnie beim Anblick dieses gekonnten Absetzungsmanövers entfuhr. Sekundenlang war er wie gelähmt. Dann stürzte er zur Tür und in das Zimmer.
    Verblüfft blieb er stehen. Pilbeam war fort. Ronnies erstaunten Augen bot sich der Raum völlig frei von Detektiven jeglicher Art und Größe dar. Es gab ein Bett. Es gab Stühle. Es gab auch einen Teppich, eine Kommode und ein Regal. An Privatdetektiven jedoch herrschte ein akuter Mangel.
    Wie lange die Wirkung dieses Wunders auf Ronnie angehalten hätte, läßt sich schwer sagen. Jedenfalls mühte sein Verstand sich noch damit ab, als ein Klicken wie von einem zuschnappenden Schloß an sein Ohr drang. Anscheinend war es von einem Kleiderschrank am andern Ende des Zimmers gekommen.
    Mochte auch der alte Miles Fish, Ronnies Papa, der größte Schwachkopf im Garderegiment gewesen sein, um Lord Emsworths Worte zu gebrauchen, sein Sohn jedenfalls konnte kombinieren und schlußfolgern. Mit einem Satz war er bei dem Schrank und riß an der Tür. Die Tür hielt stand.
    Gleichzeitig ließ sich aus dem Schrankinnern gedämpftes Schnaufen vernehmen.
    Ronnie sah ohnehin schon grimmig aus. Jetzt wurde er noch grimmiger. Er näherte sein Gesicht dem Furnier.
    »Kommen Sie raus da!«
    Das Schnaufen verstummte.
    »Na schön«, sagte Ronnie mit tückischer Gelassenheit. »Wie Sie wollen. Ich kann warten.«
    Für einen Augenblick herrschte Stille. Dann ertönte eine Stimme aus dem Jenseits.
    »Seien Sie doch vernünftig!« rief die Stimme.
    »Vernünftig?« stieß Ronnie zwischen den Zähnen hervor. »Sagten Sie ›vernünftig‹?« Er rang nach Luft. »Kommen Sie raus. Ich will Ihnen nur den Kopf runtermachen«, sagte er dann bittend.
    Die Stimme klang jetzt beschwichtigend.
    »Ich weiß, warum Sie verärgert sind«, sagte sie.
    »Ach, tatsächlich?«
    »Ja, ich verstehe Sie vollkommen. Aber ich kann alles erklären.«
    »Wie bitte?«
    »Ich sagte, ich kann alles erklären.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    »Exakt«, sagte die Stimme.
    Bisher hatte Ronnie gezogen. Nun fiel ihm ein, daß mit Drücken

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