Sommerliches Schloßgewitter
kaum zu ertragen. Er schmerzte ihn in seiner fühlenden Brust.
Dann erhob sich über das wilde Getümmel in seinem Gemüt wie ein Leuchtfeuer in der Nacht der eine Gedanke: zum Gartenzimmer!
Wortlos machte er kehrt und schoß so schnell aus dem Zimmer, wie Percy Pilbeam vor kurzem hereingeschossen war. Und Percy Pilbeam ging mit einem Seufzer der Erleichterung zum Spiegel, nahm eine Haarbürste und brachte seine Frisur wieder in eine Fasson, mit der er dem Adel unter die Augen treten konnte. Dann strich er sich über den Schnurrbart und ging hinunter in den Salon.
3
Der Salon war leer. Und zu Pilbeams Erstaunen blieb er es auch. Ihm war das ein Rätsel. Er hatte eher damit gerechnet, einen vorwurfsvoll auf die Uhr sehenden Gastgeber und eine mißbilligend den Kopf schüttelnde Gastgeberin anzutreffen. Als die Minuten vergingen und er weiterhin solo blieb, wurde er unruhig.
Er ging in dem Raum auf und ab, besah sich die Bilder an den Wänden, zupfte an seiner Smokingschleife und inspizierte die Familienfotos auf den kleinen Seitentischen. Eines davon zeigte Lord Emsworth im Alter von etwa dreißig Jahren mit Backenbart und in der Uniform der Berittenen Heimwehr von Shropshire. Er betrachtete es gerade mit fasziniertem Entsetzen wie jeder, der es zum erstenmal sah, als endlich die Tür aufging. Mit einem flauen Gefühl in der Magengegend erkannte Pilbeam die majestätische Gestalt Beachs.
Einen Augenblick lang beäugte er den Butler mit jenem instinktiven Entsetzen, das jeden von uns angesichts eines Mannes überkommt, unter dessen Blicken er sich noch wenige Stunden zuvor wie ein ungenießbarer Rollmops vorgekommen ist. Dann ließ seine Anspannung nach.
Eine schöne Spruchweisheit besagt, daß die Natur für alles Schlechte ein Gegenmittel bereithält. Und wenn Butler nahen, sind Cocktails nicht fern. Beach trug ein Tablett mit Gläsern und einem voluminösen Shaker vor sich her, und als Pilbeam diese erblickte, betrachtete er plötzlich deren Träger fast schon mit Gelassenheit.
»Einen Cocktail, Sir?«
»Danke.«
Er nahm ein gut gefülltes Glas entgegen. Die dunkle Färbung seines Inhalts ließ eine willkommene Hochprozentigkeit ahnen. Er trank. Und augenblicklich blitzten in seinem Innern allenthalben Leuchtkugeln auf.
Er leerte das Glas. Auf wundersame Weise hatte sich seine ganze Lebenseinstellung geändert. Mit einemmal fühlte er sich einem ganzen Dutzend Butlern gewachsen, mochte ihr Blick auch noch so starr sein.
Und vielleicht war es nur eine von Gin und Wermut bewirkte Sinnestäuschung, aber dieser Butler schien sich seit ihrer letzten Begegnung sehr zu seinem Vorteil verändert zu haben. Sein Blick, obwohl noch starr, wirkte längst nicht mehr so basiliskenhaft. Ja, die Erscheinung des Butlers hatte etwas nachgerade Gemütliches an sich, so daß der Inhaber der Detektei Argus sich ermutigt fühlte, eine kleine Unterhaltung zu beginnen.
»Schöner Abend heute.«
»Ja, Sir.«
»Angenehm nach dem Gewitter.«
»Ja, Sir.«
»Hat ganz schön geschüttet, wie?«
»Der Regen war zweifellos ungewöhnlich heftig, Sir. Noch einen Cocktail, Sir?«
»Danke.«
Das erneute Aufblitzen der Leuchtkugeln hatte zur Folge, daß auch die letzten Reste von Schüchternheit und Beklemmung von Pilbeam wichen. Er sah jetzt, daß er diesen Butler ganz falsch eingeschätzt hatte. Bei seiner Ankunft in der Halle war er ihm hochmütig und feindselig vorgekommen. Nun erkannte er, daß dieser Mann eher wie ein Bruder war. Wenn man näher hinsah, glich er einem lachenden Bajazzo mehr als irgend jemand, der Pilbeam in den letzten Monaten begegnet war.
»Bin mitten hineingeraten«, sagte er leutselig.
»Tatsächlich, Sir?«
»Ja. Lord Emsworth hatte mir Fotos von seinem Schwein gezeigt … Übrigens, im Vertrauen … wie heißen Sie eigentlich?«
»Beach, Sir.«
»Im Vertrauen, Beach, ich weiß etwas über dieses Schwein.«
»Tatsächlich, Sir?«
»Ja. Nachdem ich mir diese Fotos angesehen hatte, habe ich nämlich einen Spaziergang im Park gemacht, und dann fing es an zu regnen, und ich wurde klatschnaß. Ich mußte mich unterstellen und mir die Hosen ausziehen, um sie trocknen zu lassen.«
Er lachte unbeschwert.
»Noch einen Cocktail, Sir?«
»Sie meinen, aller guten Dinge sind drei?«
»Gewiß, Sir.«
»Na, da haben Sie recht.«
Ein Weilchen saß er in sich gekehrt da und lauschte den Klängen einer Blaskapelle, die anscheinend irgendwo in der Nähe aufspielte. Dann wandten sich seine umherschweifenden
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