Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht
Mut des Mädchens. »Ein Spaziergang wäre mir lieber.«
Ashlyn nickte und schaute zu dem leitenden Wachmann, einem Ebereschenmann, hinüber. »Keenan weiß es schon, und Donia jetzt auch. Wenn es also sonst noch jemand wissen muss, dann ist jetzt die Gelegenheit, loszurennen und es weiterzuerzählen.«
Donia zuckte zusammen. Das ist nicht mutig. Das ist leichtsinnig. Sie und Keenan würden gut zusammenpassen.
Bevor irgendjemand etwas sagen konnte, ging Donia an den Sommermädchen vorbei und stellte sich vor den Ebereschenmann. »Sollte einer von euch Beira davon erzählen, finde ich ihn. Wenn eure Loyalität Keenan gegenüber nicht ausreicht, um eure Lippen zu versiegeln, dann werde ich sie versiegeln.«
Sie starrte Cerise an, bis diese schließlich knurrte: »Ich würde den Sommerkönig niemals hintergehen.«
»Gut.« Donia nickte und ging zu Ashlyn zurück.
Nur das Geräusch von Cerise’ wild schlagenden Flügeln durchbrach die Stille, bis Donia schließlich fragte: »Soll ich dir von Keenans Untreue erzählen und von seinen Frauengeschichten, soll ich dir sagen, wie naiv es ist, ihm zu vertrauen?«
Ashlyn wurde noch blasser und schaute weg. »Ich glaube, ich weiß es schon.«
»Du sagst zwar, du bist nicht ihr Verehrer, aber sie braucht dich«, sagte Donia leise zu Seth. »Vielleicht sollten wir auch über Kräuter reden.«
»Moment.« Seth zog Ashlyn zurück in den Waggon, um sich mit ihr abzusprechen, und schlug Donia die Tür vor der Nase zu.
Während Donia draußen wartete, dass die beiden sich einigten, wandte sie sich den Sommermädchen zu und bedachte sie mit ihrem kühlsten Lächeln. Hoffentlich reicht das . Sie hasste es, dieses Spiel spielen zu müssen.
Ich habe es geschworen.
Cerise, die immer noch hinter dem Ebereschenmann stand, zischte sie an.
»Warum?«, fragte das jüngste Sommermädchen – Tracey – und trat näher an Donia heran, als die anderen es normalerweise machten. »Du bedeutest ihm immer noch etwas. Wie kannst du ihm das antun?« Tracey sah ehrlich verwirrt aus und schaute sie mit ihrem typischen Stirnrunzeln an.
Mit einem Körper, so schlank wie Schilfrohr, und ihrer zarten Stimme gehörte Tracey zu den Mädchen, denen Donia am energischsten nahegelegt hatte, das Risiko der Kälte nicht auf sich zu nehmen. Sie war zu zerbrechlich, zu leicht zu beirren, zu sanft, um Wintermädchen oder gar die Sommerkönigin sein zu können.
»Ich habe es geschworen.« Donia hatte schon häufig genug versucht, es ihnen zu erklären, aber Tracey kannte nur Schwarz oder Weiß. Wenn Keenan gut war, musste Donia schlecht sein. Eine einfache Logik.
»Das tut Keenan doch weh.« Tracey schüttelte den Kopf.
»Mir tut es auch weh.«
Die anderen Mädchen zogen Tracey in ihre Mitte und versuchten sie abzulenken, bevor sie noch zu weinen anfing. Sie hätte niemals auserwählt werden dürfen. Donia hatte ein schlechtes Gewissen deswegen, und sie nahm an, dass es Keenan genauso ging. Die Sommermädchen waren wie Pflanzen, die die Sonne brauchten, um zu gedeihen: Sie konnten nicht lange ohne den Sommerkönig sein, sonst gingen sie zu Grunde. Tracey schien es allerdings niemals gutzugehen, obwohl sie das ganze Jahr hindurch in Keenans Nähe blieb.
Die Tür öffnete sich wieder. Seth trat heraus; Ashlyn folgte direkt hinter ihm.
»Wir kommen.« Ashlyns Stimme klang jetzt fester, aber sie sah nach wie vor alles andere als gut aus. Sie hatte dunkle Ränder um die Augen und war fast genauso blass wie Donia. »Kannst du ihnen sagen, dass sie uns nicht hinterherkommen sollen?«
»Nein. Sie gehören ihm. Nicht mir.«
»Dann hören sie also alles mit an?« Ashlyn sah aus, als brauchte sie jemanden, der ihr half, Entscheidungen zu treffen, was sonst so gar nicht ihre Art war.
Was hat Keenan mir verschwiegen?
»In mein Haus dürfen sie nicht. Dann gehen wir eben dahin«, bot Donia an, bevor sie gründlich darüber nachdenken konnte. Den anderen Elfen stockte vor Überraschung der Atem, und Donia ging sofort los, damit sie ihre Kommentare nicht hören musste. Ashlyn und Seth hasteten hinterher, um sie einzuholen.
Noch mehr Fremde in meinem Haus. Sie seufzte und hoffte, dass Keenan Recht behielt, sonst würde es bald Ashlyns Haus werden. Lass Ashlyn die Richtige sein.
Als sie am Eingang zum Garten auf die natürliche Barriere stießen, die eine Elfenbehausung vor dem Eindringen Sterblicher schützt, riss Seth erstaunt die Augen auf. Ashlyn dagegen verzog keine Miene. Vielleicht war sie schon
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