Sommerlicht Bd. 3 Für alle Ewigkeit
Spiel setzen, Ashlyn.«
»Es ist auch mein Hof«, erinnerte sie ihn.
»Selbst wenn sie ihn mitgenommen hat, kannst du sie nicht angreifen. Sie ist der Krieg .«
»Hast du es jemals versucht?«
»Nein.«
»Dann sag mir nicht, dass ich es nicht kann«, erwiderte sie. Wenn Bananach Seth mitgenommen und getötet hatte, würde Ashlyn einen Weg finden, ihr das heimzuzahlen. Sie hatte die Ewigkeit vor sich.
»Du würdest unseren Hof dafür aufs Spiel setzen?«, fragte er.
»Ja. Für jemanden, den ich liebe? Ohne zu zögern.«
Keenan seufzte, aber er widersprach ihr nicht länger. »Dann lass uns in die Höhle des Löwen gehen, meine Königin.«
Begleitet von einem kompletten Wachzug machten der Sommerkönig und die Sommerkönigin sich auf den Weg zu Bananach. Ashlyn fragte sich, ob es ihnen noch nicht reichte, nach allem, was sie in letzter Zeit von Donia und Niall eingesteckt hatten. Den Hof der Finsternis zu betreten, den Hof der Albträume, die Heimat der Gabrielhunde und der Aaskrähe – egal, wie man es nannte, es klang nach einem schlechten Plan.
Aber vielleicht hat Bananach Antworten.
Ashlyn fragte Keenan nicht, woher er den Weg zu Bananach kannte; sie war viel zu verängstigt, um an irgendetwas anderes denken zu können als daran, dass sie den Hof einer Elfe betreten würde, die ihrem Hof absolut feindlich gegenüberstand, dass sie den Inbegriff von Krieg und Blutvergießen aufsuchte.
Keenan führte sie durch Huntsdale, bis sie an eine abbruchreife Ruine mit verdunkelten Fenstern kamen. Das war kein helles, luftiges Loft wie ihr Zuhause und auch kein altes Anwesen wie das von Donia. Selbst die Luft vor dem Gebäude fühlte sich schmutzig an. Sie wand sich vor Unbehagen, so als stünde sie entblößt vor einer Gruppe lüsterner Fremder.
Angst. Pure, reine Angst. Sie waren am richtigen Ort.
Keenan ging mit finsterer Miene auf die Tür zu. Dort angekommen hielt er weder an noch klopfte er; er schob die Tür einfach auf und trat ein. Er sah aus, als wolle er auf jemanden einschlagen.
Zorn .
»Keenan!« Sie packte ihn am Arm. »Wir müssen mit ihnen reden. Erinnerst du dich? Das –«
»Kleine Ash, endlich kommst du mich besuchen.«
Ashlyn schaute hoch. Bananach hockte auf einem Dachsparren wie ein schauerlicher Aasgeier. Sie öffnete ihre mächtigen Schwingen, die sich über zwei Körperlängen gespannt hätten, würde sie sie vollständig ausbreiten. Die Flügel machten ein knisterndes Geräusch, während sie mit ihnen flatterte und sie streckte.
»Du bist so gut zu mir«, krächzte Bananach. Sie ließ sich vor ihnen auf den Boden fallen. »Komm. Der König der Finsternis wird ärgerlich, wenn ich dich ganz für mich behalte.«
»Wir sind hier, um dich zu besuchen. Ich muss wissen –«, begann Ashlyn.
Bananachs Hand schob sich über Ashlyns Mund, bevor sie den Satz beenden konnte. »Schhhh! Verdirb mir nicht den Spaß. Kein Wort mehr von dir, wenn du willst, dass ich rede.«
Ashlyn nickte und Bananach zog ihre Hand weg, wobei sie Kratzer auf ihrer Wange hinterließ.
Sie folgten Bananach in eine Schlucht aus nacktem Beton. Ein ekelhafter Geruch wie nach verbranntem Zucker und nach Moschus riechenden Körpern lag in der Luft. Der Boden unter ihren Füßen war klebrig, so dass jeder ihrer Schritte von einem schmatzenden Geräusch begleitet wurde. Ashlyn verspürte den beinahe überwältigenden Drang wegzulaufen. Um nichts und niemanden zu berühren, presste sie ihre Arme eng an den Körper. Nicht alle Elfen hier waren missgestaltet, doch viele waren hässlich. Andere sahen eher so aus wie die Elfen, die sie gewohnt war, doch auch sie wirkten beängstigend.
Ly Ergs mit roten Handflächen grinsten allzu breit und fröhlich in dieser Begräbnisatmosphäre. Vilas richteten ihre düsteren Blicke auf Ashlyn und Keenan. Jenny Grünzahn und ihre gruselige Sippschaft tuschelten miteinander, wie Nachbarn am Gartentor. Die Gabrielhunde streiften wie Wachposten durch die Menge und verbreiteten eine Wolke aus Angst.
Ashlyn warf einen Blick zurück auf ihre eigenen Wachen. Für einzelne Scharmützel waren sie gut gerüstet, doch ein richtiger Krieg hätte katastrophale Folgen. Der Sommerhof war nicht bereit für den Kampf. Der Hof der Finsternis dagegen war unter anderem aus Gewalt gemacht. Sie war seine Domäne.
»Na, gefällt dir das?«, flüsterte Bananach. »Wie sie danach gieren, dich bei lebendigem Leib zu fressen? Du hast unserem letzten König seine Sterbliche weggenommen. Und du lässt den neuen
Weitere Kostenlose Bücher