Sommerlicht Bd. 3 Für alle Ewigkeit
gesagt hätte, dass sie so für ihre Elfen empfinden würde, hätte sie ihm nicht geglaubt. Doch von dem Moment an, in dem sie ihre Königin wurde, hatte sie das starke Bedürfnis gehabt, sie zu beschützen. Der Sommerhof musste stärker werden. Sie versuchte, die wenige Erfahrung zu nutzen, die sie besaß, und das, was sie in der Schule über Politik und Regierungen gelernt hatte, um ihm beim Erstarken zu helfen. Sie bemühte sich, ganz allmählich das Ungleichgewicht auszubalancieren, das noch immer zu Gunsten von Donias Hof herrschte. Ihr Hof, ihre Elfen, das Wohl der Erde – all das waren mehr als bloße Optionen. Sie glaubte an das alles. Wenn sie bedachte, was sie jetzt fühlte, hätte sie dann in seiner Situation anders gehandelt? Hätte sie Eliza sterben lassen können? Hätte sie mit ansehen können, wie die jungen Löwenelfen erfroren?
»Nein, hätte ich nicht«, gab sie zu.
»Du darfst nicht einen Moment glauben, dass ich das, was mit den Winter- und den Sommermädchen passiert ist, gewollt habe.« Er rutschte zur Sofakante vor und sah sie an. »Ich habe mehr Zeit damit verbracht, mit mir zu hadern wegen all dem, was ich tun musste, als du dir vorstellen kannst. Ich habe mir bei jeder Einzelnen von ihnen –«, er sah sie an, und in seinen Augen zeigten sich noch mehr Sterne, die schwach in der Leere funkelten – »gewünscht, dass sie die Königin ist. Und jedes Mal, wenn sie es nicht war, wusste ich, dass ich sie zu einem langsamen Tod verdamme, wenn ich dich nicht finde.«
Sie saß schweigend da. Als das alles anfing, war er so alt wie ich jetzt. Diese Entscheidungen. Dieses Hoffen.
»Wenn ich könnte, würde ich ihnen allen ihre Sterblichkeit zurückgeben, aber selbst das könnte sie nicht für das entschädigen, was sie verloren haben.« Keenan begann die Unterlagen auf dem Couchtisch zusammenzuschieben. »Und selbst wenn ich sie wieder sterblich machen könnte, würde ich es nicht riskieren, dir dasselbe anzubieten, aus Angst, Beiras Fluch dadurch zu erneuern. Auch dann würde ich also mit dem bedrückenden Wissen zurückbleiben, dass ich der, die mich gerettet hat, die Sterblichkeit geraubt habe. Du bist meine Retterin, und ich kann dich nicht glücklich machen.«
»Ich bin nicht …«
»Doch das bist du. Und das belastet unser Verhältnis, findest du nicht?«
»Wir kriegen das schon hin«, flüsterte sie. »Wir haben schließlich eine Ewigkeit Zeit dazu.« Sie versuchte, einen leichteren Ton anzuschlagen, ihn zu beruhigen. Dies war ganz und gar nicht das Gespräch, das sie führen wollte, aber es war eines, das schon lange dringend anstand.
»Ja, das haben wir.« Er hatte wieder dieselbe reglose Haltung wie zu Beginn ihres Gesprächs eingenommen. »Und ich werde tun, was ich kann, um dich glücklich zu machen.«
»Das wollte ich nicht … Ich meine … Ich erwarte keine Wiedergutmachung von dir für etwas, das einfach geschehen musste. Ich … ich habe bloß Angst, sie zu verlieren. Ich möchte nicht allein sein.«
»Das bist du auch nicht. Wir werden für alle Ewigkeit zusammen sein.«
»Du bist mein Freund , Keenan. Was neulich zwischen uns passiert ist, darf nicht sein. Es hätte nicht passieren dürfen.« Sie war so angespannt, ihre Muskeln waren so verkrampft, dass es ihr nicht gelang, ihre Beine auszustrecken. »Ich brauche dich … aber ich liebe dich nicht.«
»Du wolltest, dass ich dich berühre.«
Sie schluckte die Lüge hinunter, die ihr auf der Zunge lag, und gestand: »Ja, das stimmt. Sobald du mich berührt hattest, wollte ich nichts anderes mehr.«
»Was soll ich deiner Meinung nach also tun?« Er klang unnatürlich ruhig.
»Mich nicht berühren.« Sie biss sich auf die Lippe, bis sie spürte, dass Blut aus ihrer bereits aufgeplatzten Haut sickerte.
Er fuhr sich frustriert mit der Hand durch seine kupferfarbenen Haare, nickte aber. »Ich werde es versuchen. Das ist alles, was ich sagen kann, ohne zu lügen.«
Sie erschauderte. »Ich werde heute Abend mit Donia reden. Du liebst Donia.«
»Ja, das tue ich.« Keenan sah ebenso verwirrt aus, wie sie sich gefühlt hatte. »Das ändert aber nichts daran, was ich empfinde, wenn ich dich sehe oder an dich denke oder in deiner Nähe bin. Und du kannst mir nicht erzählen, dass es dir nicht genauso geht.«
»Liebe und Begierde sind nicht dasselbe.«
»Willst du damit sagen, dass das, was ich empfinde, bloße Begierde ist? Ist das alles, was du fühlst?« Seine Arroganz war zurückgekehrt, genauso stark wie damals,
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