Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade
Liebkosungen fragte er: »Meinst du, du kannst mir dabei helfen? Meine Erste sein? Meine Einzige? Meine Bis-dass-der-Tod-uns-scheidet?«
»Keenan …«
Er küsste sich an ihrem Bauch und ihrer Brust herauf, bis er ganz auf ihr lag. »Ich werde dich jede Minute und jeden Tag meines Lebens lieben.«
Zärtlichkeiten hatten sie auch früher schon ausgetauscht, Leidenschaft miteinander geteilt, doch die Verzweiflung, die jetzt in ihr aufstieg, war neu. Seine Worte brachen ihr das Herz. »Ich will nicht, dass du stirbst«, schluchzte sie. »Wir sind doch gerade erst …«
»Ich bin hier mit dir in deinem Bett, Donia. Keiner von uns ist heute gestorben.« Er küsste ihr die Tränen von den Wangen. »Wollen wir uns jetzt lieben?«
Als sie nicht antwortete, fügte er hinzu: »Es sei denn, du willst warten, bis wir verheiratet sind …«
Neue Tränen liefen ihr die Wangen herab, obwohl ihr zugleich ein kleines Lachen entschlüpfte. Sie nahm sein Gesicht in beide Hände. »Nein.«
Für einen Augenblick wirkte er nervös. »Aber du heiratest mich doch, oder, Donia?«
»Das tue ich«, versprach sie. »Aber ich möchte nicht bis nach der Hochzeit warten. Du hast mein Gelöbnis ja schon. Du hast es schon vor Jahren bekommen, als ich dir neben einem Weißdornbusch die Ewigkeit versprochen habe.«
»Und du hast meines. Ich bin dein, solange ich lebe. Nur dein. Das gelobe ich.« Er senkte seine Lippen auf ihre, und sie feierten das Leben, den Augenblick, die Zeit, die sie zusammen hatten.
Einundvierzig
Als Ashlyn und Seth die von der Schlacht unberührten Viertel von Huntsdale erreichten, traten die Sommerwachen beiseite. Erwartungsvoll sahen sie Ashlyn an. Eine von ihnen, ein Sommermädchen, das Seth nie anders als leichtfertig erlebt hatte, nickte ihnen zu. »Wir kümmern uns um alles, was hier noch getan werden muss.«
»Lauf mit mir, Seth.« Ashlyn nahm ihn fest an der Hand und rannte los, ohne überhaupt Atem zu holen.
Im Gegensatz zu der Zeit, als er noch ein Sterblicher gewesen war, konnte Seth jetzt rennen, ohne sich an ihr festzuhalten, aber wenn es nach ihm ging, würde er sie nie wieder loslassen. Also hielt er ihre Hand ganz fest, und gemeinsam flogen sie durch die verschneiten Straßen von Huntsdale dahin.
Sobald sie die Grenze zu dem Gebiet überschritten hatten, in dem der Sommer herrschte, warteten mehr und mehr Ebereschenwachmänner. Sie sahen Ashlyn mit neuer Eindringlichkeit an, und Seth wusste, dass die Frage, die zwischen ihnen gestanden hatte, bald beantwortet werden würde.
Elfen strömten in Scharen in den Park, der sie umgab. Viele von ihnen berührten Ashlyn im Vorbeigehen, streiften mit den Fingerspitzen über ihren Arm oder ihre Haare. Sie sagten nichts, aber man sah ihnen die Erleichterung beim Anblick Ashlyns an.
Ash hielt Seth weiterhin fest, bedeutete ihm aber mit der anderen Hand zu warten. »Du hattest Geheimnisse vor mir.«
»Nur eins«, gab Seth zurück.
»Du kannst in die Zukunft sehen.«
»Schon.« Seth lächelte sie sarkastisch an. »Aber nicht die Teile, die ich gerne sehen wollte.«
Die Sommerkönigin blickte zum Himmel, und ein warmer Regen setzte ein. Die Sommerelfen hoben die Arme und ließen sich den Schmutz und das Blut von der Haut spülen. Überall zu Füßen der Sommerkönigin wuchsen Gras und Blumen in leuchtenden Farben. Die Kleider klebten ihr am Körper, und ihre Haare hingen in nassen Strähnen herab.
Wie eine heidnische Göttin.
Die Elfen fingen langsam an zu tanzen. Ashlyn schaute nicht Seth an, sondern ihren Hof. »Ich habe euch versprochen, dass wir feiern, wenn die Gefahr vorüber ist. Wir sind hier, wir leben, und die Gefallenen aus euren Familien würden keine Tränen wollen.«
Eine Elfenkönigin.
»Wie werden wir uns an sie erinnern?«, rief Ashlyn.
Die umstehenden Elfen nahmen sich bei den Händen, verschränkten ihre Arme und Beine und sahen ihre Königin an. Sie antworteten:
»Froh.«
»Lebendig.«
»Festlich.«
Ashlyn seufzte, und die Hitze des Sommers breitete sich im Park aus. »Freut euch, wie es dem Sommer geziemt.« Sie lächelte, und über den versammelten Elfen wölbte sich ein Regenbogen. »Vertreibt eure Trauer durch das Leben.«
Dann wandte sie sich an Seth und fügte hinzu: »Zeit, zu feiern!«
Nach all den Schrecken der vergangenen Tage, dem Kampf gegen Bananach, der Zeit im Elfenreich; nachdem er von seinem Freund eingesperrt worden war und den Verlust so vieler Elfen mit angesehen – und gespürt – hatte, verlangte
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