Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade
es ihn nach der Freude, die der Sommerhof sich nun erlaubte. Durchnässte Elfen tollten um ihn herum. Ihre Ausgelassenheit hatte beinahe etwas von Raserei, so als würden sie ihre eigene Lust und die ihrer gefallenen Brüder empfinden.
»Bleibst du heute Nacht bei mir?«, fragte sie.
Seth nahm wieder ihre Hand. »Ja.«
Ihm war undeutlich bewusst, dass die Sommerelfen jubelten, aber der Jubel schien ganz weit weg. Alles war ganz weit weg, außer der Elfe, die seine Hand hielt.
Mein Lebenssinn. Mein Ein und Alles.
Ein Teil von ihm wünschte sich, sie würde die Worte aussprechen, aber dem Rest von ihm war das völlig gleich. Wenn er sie morgen gehen lassen müsste, dann würde er es tun, aber heute Nacht gehörte sie ihm. Schweigend folgte er ihr, weg von den Elfen, über die Straße und ins Loft.
Ashlyn öffnete die Haustür. »Willkommen in meinem Zuhause, Seth.«
Er hielt inne. »Ganz schön förmlich.«
»Es hat sich einiges verändert.« Sie lächelte geheimnisvoll und trat ein.
Er griff wieder nach Ashlyns Hand, doch da war sie schon auf dem ersten Treppenabsatz. Sie beugte sich über das Geländer und lächelte ihn an. »Du bist ganz schön weit weg.«
Weinranken schlängelten sich am Geländer hoch und begannen zu blühen. Er sah zu ihr auf und um ihn herum regneten lila Blütenblätter herab.
»Erinnerst du dich noch? Einmal hast du mich gebeten, nicht so schnell zu laufen, damit du mich fangen kannst«, sagte sie.
»Damals warst du sterblich.« Er lief, immer zwei Stufen auf einmal, die Treppe hinauf.
Sie schaute ihn an. »Du aber auch.«
»Und jetzt?« Er war nur noch ein paar Schritte von ihr entfernt.
Sie lachte und rannte zum nächsten Treppenabsatz.
Seth folgte ihr, nicht ganz so schnell, aber schnell genug, dass sie die Wohnungstür noch nicht geöffnet hatte. Er stützte eine Hand flach auf die Tür und beugte sich über sie. »Also soll ich dich wohl jagen, Ash?«
»Als ich noch sterblich war, hast du gesagt, du hättest auf mich gewartet.« Sie schlang ihre Arme um seinen Hals. Aus ihren Haaren wuchsen Weinranken und verschränkten sich auf Seths Rücken. »In letzter Zeit war ich es, die warten musste.«
»Dich zu verlieren, wäre mein Ende.« Er flüsterte die Worte an ihrem Hals. Als er Nialls Gefangener gewesen war, hatte er viel an sie gedacht und gefürchtet, er würde sie nie wieder in den Armen halten. »Aber ich liebe dich, und heute Nacht brauche ich …«
»Frag mich. Bitte mich, eine Entscheidung zu treffen.«
»Für heute Nacht macht es keinen Unterschied. Ich bin so oder so hier.« Seth wollte seine Ängste nicht in Worte fassen. Als er gedacht hatte, er würde sie nie wiedersehen, hatte er nicht mehr begreifen können, warum er all die Nächte so verschwendet hatte.
» Frag mich, Seth«, drängte sie.
Doch er brauchte die Frage gar nicht zu stellen. Er sah es in ihren Augen, erkannte es an der Art, wie sie ihn im Arm hielt. Hier. Jetzt. Er legte seine Lippen auf ihre und küsste sie so wie damals, als sie sich ineinander verliebt hatten. Dann fragte er: »Und der Sommerkönig?«
»Es gibt keinen Sommerkönig.« Ashlyn griff hinter sich und öffnete die Tür. »Er hat auf seinen Hof verzichtet.«
»Er hat … was? «, fragte Seth. Er hatte mit allem Möglichen gerechnet, aber damit nicht. »Er … wie? Wann? Wieso?«
»Ich habe ihm erklärt, dass ich meine Wahl getroffen habe, und daraufhin ist er gegangen.« Ashlyn sah Seth an. »Wir wollen beide mit denen zusammen sein, die wir lieben.«
Er hatte sich so oft ausgemalt zu hören, dass sie nur ihm gehörte, er hatte davon geträumt, aber in diesem Augenblick konnte er nichts anderes tun, als sie zu küssen. Seth hob sie in seine Arme und überschritt mit ihr die Schwelle zum Loft.
Als er sie wieder abgesetzt hatte, trat sie ein Stück zurück, bis sie außerhalb seiner Reichweite war. »Der Sommerhof ist dann am stärksten, wenn seine Regentin glücklich ist. Weißt du, was mich glücklich macht?«
Er versuchte einen Schritt auf sie zuzugehen, doch Weinranken wanden sich um seine Füße. Er blickte nach unten.
Sie wartete, bis er sie wieder anschaute, und sagte dann: » Du machst mich glücklich, Seth. Immer. Nur du. Für alle Ewigkeit.«
Seth befreite sich von den Ranken an seinen Knöcheln. Ashlyn rannte lachend aus dem Zimmer.
Elfenjagd.
Im Flur holte er sie ein, und sie blieb lange genug stehen, dass er sie bis zur Atemlosigkeit küssen konnte. Dann entwand sie sich ihm, schlüpfte aus seinen
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