Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade
von Belang.« Devlin senkte die Hand zu dem Sgian Dubh , das er bei sich trug. »Das Wohl des Elfenreichs ist für mich von Belang.«
»Ich bin nicht hier, um gegen dich zu kämpfen, Bruder.« Seth hob die Hände. »Aber ich werde gegen Bananach kämpfen.«
Es war etwas ganz Neues, Devlin frustriert zu sehen. Nachdem er seine Gefühle eine Ewigkeit unterdrückt hatte, ließ der neue König der Schatten sich nun von ihnen beeinflussen. Auch das war gut fürs Elfenreich.
»Und wenn Bananachs Tod trotz allem auch deine Mutter umbringt?«, fragte Devlin. »Warum sollte ich dich dort hinauslassen, wenn ich weiß, dass es für uns alle eine Katastrophe bedeuten kann?«
Seth lächelte seinen Bruder an. »Du darfst mich gar nicht daran hindern. Sie hat mich unter der Bedingung neu geschaffen, dass ich in die Welt der Sterblichen zurückkehren kann. Selbst du kannst dich nicht über ihren Schwur hinwegsetzen.«
»Wenn sie alle nach Hause kämen, wenn die anderen Höfe hierher zurückkehren würden …«
Elfen, die ihre Macht aufgeben? Die Arroganz jedes einzelnen Elfenmonarchen, dem Seth je begegnet war, ließ diese Idee extrem unwahrscheinlich erscheinen. Schon bei dem Gedanken daran, einem von ihnen auch nur einen derartigen Vorschlag zu unterbreiten, musste Seth lachen. »Glaubst du wirklich, Keenan würde den Sommerhof aufgeben? Oder Donia ihren Hof? Oder dass Niall sich dir oder unserer Mutter unterwerfen würde? Das sind nichts als fromme Wünsche, mein Lieber.«
»Aber hier wären sie jetzt in Sicherheit, da Bananach hier nicht mehr hereinkann.« Devlin merkte nicht, dass er bereits wie die anderen geworden war. Er ging davon aus, dass seine Idee, seine Herrschaft auch eine Lösung für die anderen darstellte. Diese übermäßige Selbstgewissheit war ein wesentlicher Zug jedes Elfenmonarchen, doch sein Vorschlag war nicht umsetzbar.
Seth zuckte die Achseln. »Manche Dinge sind mehr wert als Sicherheit.«
»Ich kann gar nicht in Worte fassen, was mit unserer … deiner Königin passieren würde, wenn du stirbst.« Devlin starrte durch den Schleier. »Ich würde dich ja begleiten, aber der Schutz des Elfenreichs geht vor. Ich darf das Elfenreich nicht für die Welt der Sterblichen aufs Spiel setzen.«
»Und ich kann Ash und Niall nicht im Stich lassen.«
Devlin hielt inne. »Sag mir, was du siehst.«
»Nichts. Hier bin ich sterblich. Ich sehe erst wieder etwas, wenn ich drüben bin.« Seth biss auf seinen Lippenring und spielte an der Kugel herum, während er nachdachte. »Ich sehe nichts, aber ich mache mir Sorgen … Ash muss allein mit ihrem Hof zurechtkommen. Sorcha war Nialls Gegengewicht, aber jetzt hast du diese Funktion übernommen. Was bedeutet das wohl für ihn? Irial wurde verwundet. Gabe war im Kampf zahlenmäßig unterlegen. Bananach ist mordlustig und wird immer nur stärker … Nichts davon gibt mir Anlass zu glauben, dass schon irgendwie alles in Ordnung kommen wird.«
Sie standen eine Weile schweigend vor dem Schleier, dann sagte Devlin: »Wenn du bereit bist …«
Seth schaute ihn an. Er wollte das Unvermeidliche nicht aussprechen, aber das änderte nichts an den Tatsachen. »Wenn ich … du weißt schon … sterbe, wird sie dich brauchen. Sie gibt es nicht gerne zu, aber es ist so.«
Devlin legte schweigend seine Hand an den Schleier. Er beantwortete die Frage nicht, die in Seths Worten mitschwang, doch Seth wusste, dass Devlin seinen Weg nicht nur gewählt hatte, um das Elfenreich zu schützen, sondern auch seine Schwestern. Devlin hatte aus Liebe zu seiner Familie gehandelt, zu seinen Liebsten und zum Elfenreich.
Wie ich auch.
Seth legte ebenfalls seine Hand an den Schleier.
Gemeinsam schoben sie ihre Finger durch das Gewebe und zerteilten es. Dann legte Devlin eine Hand auf Seths Unterarm. »Er wird sich bei deiner Rückkehr nur öffnen, wenn du mich herrufst.«
»Ich weiß.« Seth trat in die Welt der Sterblichen ein, ließ damit das Elfenreich und seine eigene Sterblichkeit zurück und wurde erneut zum Elfen. Das Einsetzen seiner veränderten Sinneswahrnehmung verunsicherte ihn für einen Moment. Aber er taumelte nicht. Jedenfalls nicht sehr. Er atmete ein paarmal tief durch und überquerte dann den Friedhof.
Hinter sich hörte er Devlins Worte: »Versuch, nicht zu sterben, Bruder.«
Seth blickte nicht zurück, zögerte nicht. Die Logik, die ihn in Sorchas Reich beherrschte, war in der Welt der Sterblichen weniger mächtig. Hier empfand er Angst, die er im Elfenreich
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