Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade
schmecken«, unterbrach Niall.
Seth zog eine Augenbraue hoch.
»Das gehört dazu, wenn man König der Finsternis ist«, murmelte Niall. Dann schwankte er und lehnte sich an die Wand. »Ich bin müde, Seth.« Dann stieß er sich sofort wieder von der Wand ab. »Nein. Bin ich nicht. Hol mir etwas …«
»Nein.«
Da drehte Niall sich um, und die Abgrundwächter um sie herum erwachten schlagartig zum Leben. »Ich bin der König der Finsternis. Wenn ich sage …«
»Niall. Jetzt mal im Ernst. Beruhige dich, verdammt noch mal.« Seth packte ihn bei den Schultern. »Du brauchst Schlaf. Vertrau mir.«
»Ich kann nicht schlafen. Kein Schlaf, seit er nicht mehr ist … Er verfolgt mich in meinen Träumen.« Niall legte seinen Kopf auf Seths Schulter. »Ich habe Angst … und ich schaffe das nicht allein, Bruder.«
»Wo ist Gabe?«
»Bei Iri.« Niall betrachtete die geschlossene Tür. »Ich habe ihm befohlen, bei Iri zu bleiben. Ich musste das Zimmer verlassen, aber ich habe nicht … Ich kann nicht … Das hier ist unser Zuhause.«
»Vertraust du mir?«
»Ja.«
»Ich möchte, dass du das nicht vergisst, Niall«, sagte Seth, dann rief er: »Elaina!«
Die Hunde rasten auf sie zu. Niall starrte sie an, während sie sie einkreisten.
»Euer König muss sich ausruhen«, sagte Seth zu der Hundselfe.
Dann schaute er Niall an. »Erteile mir die Erlaubnis.«
»Wozu?«
»Vertraue mir«, bat Seth. »Was ich tue, ist notwendig.«
Niall starrte ihn an – und zögerte. »Du hast die Erlaubnis dafür, was in der nächsten Minute geschieht.«
»Das wird reichen.« Widerwillig erteilte Seth den Befehl, von dem er wusste, dass er für seinen Freund notwendig war: »Schlagt ihn nieder. Er braucht Schlaf.«
Neunzehn
Früh am nächsten Morgen stand Donia vor dem Schleier zum Elfenreich. Da sie vom König der Finsternis nicht empfangen worden war, hatte sie beschlossen, es beim nächsten Monarchen auf ihrer Liste zu versuchen. Sie streckte die Hand aus und tastete ins Leere. Eigentlich hätte sich das Gewebe des Schleiers um ihre Hand winden sollen, als wäre es lebendig. Doch das tat es nicht.
»Sie ist weg.«
Evan nickte neben ihr. »Genau das habe ich versucht dir zu erklären.«
»Aber die Pforte kann nicht weg sein.« Ihre Hand schnitt durch die Luft. »Können sie an einen anderen Ort wandern? Ich bin noch nicht so lange eine Elfe. Haben sie schon mal ihren Standort gewechselt?«
»Nein.«
»Das ergibt keinen Sinn, Evan.« Sie drehte sich zu ihm um und streckte dabei gedankenverloren die Hand nach Sasha aus. Der Wolf hatte zu knurren begonnen, während Donia immer wütender wurde. Er hielt den Friedhof aufmerksam im Blick, als suchte er nach der Bedrohung, die seine Herrin so beunruhigte.
»Wenn ich eine Antwort darauf hätte, würde ich mein Wissen mit dir teilen«, erwiderte Evan ungewöhnlich scharf.
Donia sog die Luft tief in ihre Lungen und atmete eine Schwade eiskalter Luft aus. »Entschuldige, das weiß ich.«
Ihr Berater nickte. Seine beerenroten Augen waren noch immer geweitet und seine Körperhaltung verriet dieselbe Anspannung, die auch sie befallen hatte. Evan setzte sich in Bewegung, und während sie über den Friedhof gingen, gesellten sich immer mehr Elfen zu ihnen. Die Wolfselfen trabten in loser Formation an den Rändern des Friedhofs entlang. Neben ihnen schwebten einige Elfenbeinschwestern dahin. Andere Angehörige ihres Hofs schwärmten aus, um das Gelände zu erkunden, und wieder andere folgten ihnen wie Wachen.
»Was hat das zu bedeuten? Ist das Elfenreich verschwunden?«
»Das wüssten wir.« Evan starrte in die Luft, als suchte er nach einer Spur, einem Hinweis darauf, was es mit dem Verschwinden der Pforte zum Elfenreich auf sich hatte. »Ganz bestimmt. Wir müssten es wissen.«
»Meinst du, sie … O Gott, Evan, wenn es verschwunden ist … die Leute und die Elfen dort. So viele Tote!« Donia senkte die Stimme zu einem leisen Flüstern: »Nein, nur die Pforte ist verschwunden. Es kann gar nicht anders sein.«
»Der Geliebte der Sommerkönigin geht regelmäßig ins Elfenreich. Er müsste etwas wissen.« Evan winkte den Elfen, die vergeblich nach einer anderen Pforte Ausschau hielten. »Wir müssen den Sommerhof aufsuchen oder es noch einmal am Hof der Finsternis versuchen. An einem der beiden Höfe wird der Junge sein.«
»Und die Kriegselfe? Kann sie das getan haben?« Als ihre Elfen näher an sie heranrückten, erspähte Donia in der Menge einen Fremden. Ein großer,
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