Sommerliebe eine Anthologie aus 8 sinnlich-romantischen, humorvollen und erotischen Gay -Love -Storys (German Edition)
Tiefkühlpizza in den Ofen zu schieben. Du zelebrierst deine Mahlzeiten. Ich liebe es, im Winter in der heißen Badewanne zu liegen – wofür ich mir seltenst Zeit nehme -, du stehst auf schnelle, lauwarme Duschen. Du möchtest eine Python haben, für mich gehören Tiere nicht ins Haus; gerade weil ich sie wundervoll finde. Dir sind Autos schrecklich egal, aber ich stehe darauf, wenn der Motor unter der Haube röhrt und ich über die Autobahn brettern kann. Du stehst auf Heavy Metal und seine Ableger. Mir reicht das Gedudel aus dem Radio, das du so verachtest. Dafür liebe ich die bildende Kunst, während du nie begreifen wirst, warum ich Wert darauf lege, moderne Gemälde in meiner Wohnung aufzuhängen. Sex muss für dich leidenschaftlich und endlos sein und ich ...
Gut, darin sind wir uns vermutlich doch ähnlich. Zumindest früher. Heute bin ich eine faule Sau, wie du mir vorhin schonungslos gesagt hast. Ich lasse es mir besorgen, wenn sich die Gelegenheit ergibt, aber die Sinnlichkeit ist auf meiner Prioritätenliste weit nach unten gerutscht. Schade eigentlich.
Deine Argumente lassen sich nicht von der Hand weisen: Wir werden nicht jünger und für dich ist es an der Zeit, zur Ruhe zu kommen. Zu jemandem nach Hause zu kommen und nicht darauf zu hoffen, dass ich gegen zehn Uhr nachts bei dir angetorkelt komme und eigentlich nur meine Ruhe will. Gerade in den letzten Monaten haben wir nur selten in einem Bett geschlafen. Ich habe das vermisst, aber du noch mehr.
Wie gesagt, ich verstehe dich. Du hast für uns die richtige Entscheidung gefällt. Nach sorgfältiger Betrachtung aller Gesichtspunkte macht eine Erhaltung unserer Beziehung keinen Sinn. Schon gar nicht, wenn einer von uns sich schon seit Wochen als Single versteht und lediglich vergessen hat, es mir mitzuteilen.
Klinge ich sarkastisch? Ich weiß.
Denn aller Vernunft zum Trotz kreise ich wie ein Flugzeug ohne Landeerlaubnis um die Osnabrücker Innenstadt und weiß nicht, was ich tun soll. Vernünftig – ich hasse dieses Wort – wäre es, mich in meine Wohnung zurückzuziehen, eine Kleinigkeit zu essen und eine Mütze Schlaf zu nehmen, bevor die Nacht ein Ende findet. Vollkommen undenkbar. Ich kann nicht tun, als wäre nichts passiert. Ich bin aufgewühlt und meine Brust schmerzt so heftig, dass ich nicht richtig atmen kann. Ich weiß nicht, was ich tun werde, wenn der Wagen zum Stehen kommt. Solange ich das Steuer in der Hand halte, den vertrauten Ampeln entgegen sehe, von den Fassaden der umliegenden Häuser abgeschirmt werde, ist alles in Ordnung. Aber wehe, ich stehe still. Dann wird es Nacht. Das Leben im Motor wird ersterben und ich muss mich damit abfinden, dass ich daheim bin und nicht die Alternative habe, zu dir zu fahren.
Der Gedanke, dass ich in Zukunft nicht mehr in der Lage sein werde, nachts in dein Schlafzimmer zu schleichen und mich zu dir zu legen, erscheint in seinem Surrealismus schlicht erstaunlich. Wie ein Gemälde, auf dem ein Massaker in solch kunstvolle Farben gekleidet wurde, dass man die Gewalt der Darstellung vergisst.
Aber es ist Realität. Du hast mich um den Schlüssel zu deiner Wohnung gebeten und ich musste ihn dir wiedergeben. Alles andere wäre schwachsinnig gewesen. Aber glaub mir, ich hätte mich irrsinnig gerne dumm benommen.
Der Regen nimmt an Stärke zu. Im Norden zielen die ersten Blitze auf die Region um den Piesberg. Drohend folgt der Donner, der auf seine Weise oftmals beängstigender wirkt als die Lichtreflexe auf meiner Netzhaut. Unerbittlich in ihrer Raserei.
Muss es ausgerechnet heute Nacht gewittern? Muss dieselbe atmosphärische Sommerunwetter-Stimmung vorherrschen wie damals, als es zwischen uns funkte? Derselbe Geruch, der sich mir wie ein mit Chloroform getränktes Taschentuch ins Gesicht drückt, wenn ich die Seitenscheibe herablasse? Luft, angefüllt mit tausend Düften, die im Sommer in den Straßen kleben und sich erst lösen, wenn der Regen sie in die Kanalisation wäscht.
Ein weiteres rotes Licht, das sich an mir vorbei drängt und zu spät meine Aufmerksamkeit bindet. Reifen quietschen. Durch meine trübe Frontscheibe erkenne ich einen Schatten schräg gegenüber, der ruckartig zum Stehen kommt. Ich habe eine rote Ampel überfahren. Nun ist es wirklich an der Zeit, dass ich anhalte. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Meine Augen brennen – vor Müdigkeit. Mein Magen kann sich nicht entscheiden, ob ihm übel ist oder ob er nach Nahrung verlangt. Vermutlich beides.
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