Sommerliebe eine Anthologie aus 8 sinnlich-romantischen, humorvollen und erotischen Gay -Love -Storys (German Edition)
wartet lächelnd zusammen an der Fleischtheke und hinterher passiert ... nichts.
Insofern bin ich nicht gerade in Tränen ausgebrochen. Ich hatte ja meine Erinnerung an deinen gelenkigen Hals und den Stoff deiner Röhrenjeans, die sich über deinen Oberschenkeln spannte, als du deine Ravioli aus dem Regal gefischt hast.
Aber wir haben uns wiedergesehen. Du hast diesen Teil unserer Bekanntschaft immer als Supermarkt-Affäre bezeichnet. Gar nicht falsch. Ich wusste nicht, dass du im Laden gegenüber meiner Bushaltestelle arbeitest. Dein Geschäft schloss um 19:30 Uhr. Der Supermarkt um 20 Uhr. Du hattest somit eine halbe Stunde Zeit, die Kasse zu machen, die letzten Kunden aus dem Laden zu komplimentieren, die Alarmanlage zu aktivieren und im Schweinsgalopp nach drüben zu hechten.
Was wollte ich sagen? Ach so. Wir sahen uns regelmäßig. Haben ein oder zwei Bemerkungen gewechselt wie „Von dem Joghurt würde ich die Finger lassen. Der schmeckt nach Chemie“ oder „Schon mal die neue Pizza von Wagner probiert?“
Aber es waren nicht diese ach so tiefsinnigen Gespräche, die mich nach und nach dazu brachten, meinen Tagesablauf so zu arrangieren, dass wir uns begegneten. Es waren die Funken, die zwischen uns flogen. Manchmal glaubte ich, deinen Körper bereits zu kennen, bevor wir uns je berührt hatten. Dein Gesicht war mir an manchen Tagen näher als mein eigenes. Mit einem Aufblitzen deines rechten Eckzahns konntest du mich in die Knie zwingen. Was das unruhige Spiel deiner Finger auf dem Fließband an der Kasse mit mir anrichtete, lässt sich nur als totale Hingabe bezeichnen. Nie habe ich mir sehnlicher gewünscht, ein Stück Fließband sein zu dürfen. Ein Dutzend Mal wollte ich dich abfangen und dich an den Schultern hinter den nächsten Müllcontainer zerren, dich küssen und abtasten wie ein Arzt auf der Suche nach gebrochenen Knochen.
Und ich habe nicht verstanden, warum du nie auf mich gewartet hast. Du hast es immer so arrangiert, dass du zuerst aus dem Geschäft warst. Und dann warst du verschwunden. Mit deinem grinsenden Eckzahn, deinem prachtvollen Hintern, deinen unergründlichen Augen, die mich zu verspotten schienen.
Mein erstes Auto hat uns zusammengebracht.
Es war einer dieser Tage, an denen einem alles zu gelingen scheint. Ich hatte ein höchst erbauliches Gespräch mit meinem Tutor und eine gewaltige Bafög-Rückzahlung bekommen; mit einer dicken Entschuldigung für den Rechenfehler, den man sich vor zwei Jahren in meinem Fall geleistet hatte. Das machte das Vorhaben, das ich seit geraumer Zeit im Hinterkopf durchgerechnet hatte, plötzlich möglich. Nein, mehr als möglich. Auf einmal stand mein Wunsch nach einem eigenen Auto auf anständigen Füßen. Auf Füßen, die mich nicht in den Ruin treiben würden, falls meine Ausgaben und Einnahmen kurzzeitig außer Balance gerieten.
Ich hatte den Wagen bereits im Auge gehabt und sogar reservieren dürfen.
Ackern in der Papierfabrik in den Semesterferien, nächtliche Schichten hinter dem Tresen des örtlichen McDonalds, geizen am Haushaltsgeld und natürlich die bereits erwähnte Bafög-Panne machten es möglich. Nach einem Handschlag und dem Wechsel einer stattlichen Summe war ich Autobesitzer.
Und ich wollte mein Glück weiter strapazieren. Unbedingt. Deswegen fing ich dich ab. Dieses Mal nicht aus dem Bus springend, sondern indem ich vor dem Supermarkt parkte und mich – mit Sonnenbrille auf der Nase – an die Motorhaube lehnte.
Es war ein drückender Sommertag. Ebenso wie der Heutige. Weit am Horizont tobten bereits die ersten Gewitterriesen gegeneinander an, schoben sich zu Ungetümen auf, in denen man mit viel Fantasie Gesichter erkennen konnte.
Ich kam frisch geduscht, in abgeschnittenen Jeans und dem leichtesten T-Shirt, das ich finden konnte. Du dagegen hast mir leidgetan, als du über die Straße ranntest. Lange Hosen bei diesem Wetter. Na danke auch. Ich wollte warten, bis du deinen Einkauf hinter dich gebracht hattest. Schließlich wollte ich nicht, dass du hungern musstest, falls du mich hättest abblitzen lassen.
Am Rande bemerkt: Weißt du noch, wie du mir Jahre später angestanden hast, dass du wegen mir wirklich jeden einzelnen Tag nach der Arbeit in den Supermarkt gegangen bist? Und wenn du nur eine Packung Zahnstocher gekauft hast? Ich war kein Stück besser. Schleichend habe ich angefangen, stets Kleinstportionen einzukaufen, um am nächsten Tag gespielt erstaunt zu bemerken, dass Milch, Zucker, Brot, Kaffee, was auch
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