Sommerliebe eine Anthologie aus 8 sinnlich-romantischen, humorvollen und erotischen Gay -Love -Storys (German Edition)
gewesen. Du bist derjenige, der weiß, wann es an der Zeit ist, die Notbremse zu ziehen. Du bist derjenige, der früher stets gesagt hat: „Es gibt nichts, was uns aufhalten kann - außer uns selbst.“
Aber das ist das Problem, nicht wahr? Wir stehen uns gegenseitig im Weg. Nicht erst seit heute oder gestern. Schon lange. Und wenn wir nicht damit beschäftigt sind, uns gegenseitig auf die Füße zu treten, dann weichen wir uns aus und leben aneinander vorbei. Ich weiß das, obwohl ich nicht darauf eingehe, wenn du mir vorwirfst, dass ich zu wenig Zeit habe. Für dich, für uns. Dass ich zu viel arbeite und vergessen habe, was wirklich wichtig ist.
Ich liebe meinen Job. Das ist das Problem. Ich liebe den Erfolg, ich liebe es, dass ich mir alle zwei Jahre einen Neuwagen kaufen kann. Kaufen, nicht leasen oder finanzieren. Krösus bin ich nicht, aber das, was ich erreicht habe, habe ich mir hart erarbeitet. Ich bin stolz darauf. Dass andere Dinge zu kurz kommen, wenn man bis spät in der Nacht im Büro bleibt und nie das Handy abschaltet, ist der Preis, den ich zu zahlen bereit bin. Ich weiß nicht, warum es dir dermaßen schwer fällt zu akzeptieren, dass ich kein kleines Licht sein will, das um Punkt fünf Uhr den Griffel fallen lässt und sich vor den Fernseher verkrümelt. Ich will die Saat meiner Arbeit aufgehen sehen. Ich will, dass mir die Geschäftsführer am Ende des Jahres einen dicken Bonus auszahlen und sagen: „Sie sind unser bester Mann. Ohne Sie sähe unsere Bilanz nicht aus, wie sie aussieht.“
Ist das zu viel verlangt? Beruflicher Erfolg und trotzdem privat glücklich sein? Vielleicht. Johannistorwall, Schlosswall, Heger-Tor-Wall, weiter, weiter, Hasetorwall, rechts abbiegen auf den Ring, die Nordostseite des Zentrums entlang, bis der Kreis sich schließt und das Spiel von vorn beginnt. Petersburger Wall, Johannistorwall, Schlosswall. Bis zum Morgengrauen kreisen.
Ich kurve um die Innenstadt, weil ich nicht weiß, was ich tun soll. Natürlich muss ich morgen arbeiten. Ich sollte nach Hause fahren, aber der Gedanke, in meine leere Wohnung zu gehen und in meinem Bett allein auf den Schlaf zu warten, scheint absurd. Vorhin war ich noch geschafft, müde, ausgebrannt. Alles, was ich wollte, waren eine heiße Dusche, eine Flasche Bier und acht Stunden Schlaf. Bei dir. Nichts davon habe ich bekommen, aber dafür bin ich wach. Ironie des Schicksals.
Die rote Leuchtreklame einer Spielothek schwimmt durch mein äußeres Sichtfeld.
Es regnet. Kein zahmer Landregen, der zehn Minuten später bereits vom Asphalt verschwunden ist. Nein, ein Platzregen trommelt gegen die Autoscheiben. Die Art Regen, die Geranien in ihren Blumenkästen abknickt und Keller volllaufen lässt. Die Art Regen, bei der man sich besser einen Parkplatz sucht, weil die Scheibenwischer es nicht mehr schaffen, freie Sicht zu gewährleisten.
Du würdest bei einem solchen Wetter zweifelsohne anhalten. Du würdest vernünftig sein. Genauso vernünftig wie heute Abend, als du mir gesagt hast, dass du mich in deiner Zukunft nicht mehr siehst. Dass ich nicht mehr im Bild bin, wenn du davon träumst, quer durch Großbritannien zu trampen. Dass du den Punkt erreicht hast, an dem das lange Warten auf Zugeständnisse meinerseits alles getötet hat, was früher für uns sprach. Es geht nicht um Liebeserklärungen, Sex oder die Gewissheit, dass du der Mann in meinem Leben bist. Es geht um Stunden, Tage, Wochenenden, Urlaube, geteilte Freizeit und Träume, die zu oft verschoben worden sind. Deine Träume.
Unsere Vorstellungen kollidieren miteinander. Haben sie von Anfang an. Insofern kann ich dir nur zustimmen, wenn du sagst, dass wir zu verschieden sind. Diese bittere Gewissheit, der Mangel an Schuld, hat unsere Trennung vor zwei Stunden leise und beherrscht ausfallen lassen. Kein Geschrei, keine Vorwürfe, kein Drama.
Vielleicht haben wir immer gewusst, dass es am Ende nicht funktionieren kann.
Wie gesagt; wir sind grundverschieden. Du bist der Vernünftige, der sich rechtzeitig um Zahnarzttermine und Blutuntersuchungen kümmert. Ich bin derjenige, der seit zehn Jahren keinen Arzt mehr gesehen hat und mit jeder Grippe zur Arbeit gekrochen ist. Während du am liebsten jeden Sommer durch Europa tingeln würdest, um Wein aus aller Herren Länder einzukaufen, könnte man mir genauso gut Spülwasser in die Flasche füllen. Den Unterschied würde ich erst bemerken, wenn mir Schaum vorm Mund steht. Mir reicht es, mir jeden Abend eine
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