Sommerliebe eine Anthologie aus 8 sinnlich-romantischen, humorvollen und erotischen Gay -Love -Storys (German Edition)
heimkehrte. Tandur hatte ihm versprochen, dass er nach Hause kommen würde. Doch Bjanar glaubte nicht daran. Wer wollte das Leben eines Zigeuners führen, wenn er stattdessen ein hochherrschaftlicher Magier sein konnte, dessen Künste vom König persönlich in Anspruch genommen wurden?
Mit zornigen Falten auf der Stirn stieß Bjanar seinen Stock gegen die Seitenverkleidung des Wagens. Er konnte es verstehen, wenn Tandur nicht wiederkam. Er würde an seiner Stelle nicht anders handeln. Aber wenn er schon akzeptierte, dass sein Geliebter nicht nach Hause kam – oder frühestens in vielen Jahren -, dann wollte er wenigstens schlecht gelaunt sein dürfen.
* * *
Er konnte sich an diesen Ort erinnern. Ein Städtchen, das gerade groß genug war, um eine Wehrmauer und einen geschützten Festplatz sein Eigen zu nennen. Solide Häuschen, deren Dächer sich fast bis zum Pflaster zogen. Der Kupferabbau hatte aus dem einstigen Dorf einen bescheidenen Handelsknotenpunkt gemacht. Gleich drei Gasthäuser am Marktplatz warteten auf zahlende Besucher und neben dem üblichen Handwerk gab es sogar eine winzige Buchbinderei und eine Schneiderin.
Bjanars Laune hatte sich nicht gebessert. Daran hatte auch die süße Blondine nichts ändern können, die ihm seit geraumer Zeit begehrliche Blicke zuwarf. Hübsch war sie, und es tat gut, dass er ihr gefiel, aber er konnte mit ihrer Stundenglas-Figur nichts anfangen. Schade eigentlich. Er hätte sich gerne trösten lassen. Tandur fehlte ihm eben nicht nur menschlich, sondern auch als Mann.
An diesem Abend musste Bjanar sich arg zusammennehmen, um sich auf die fröhlichen Lieder seiner Sippe einzulassen. Bevor sie aufspielten, hatte sein Vater ihn beiseite genommen und ihn gebeten, sich dieses Mal mehr Mühe zu geben. Niemand wusste, was geschehen konnte, wenn der Zauber des Ranasci-Tanzes fehlgeleitet wurde. Aber sie wollten es nicht darauf ankommen lassen.
Der Sommer präsentierte sich in dieser Nacht in all seiner Pracht. Es gab die versprochenen Riesenlichter, die sich in violetten und blauen Bahnen über den Himmel zogen. Es roch nach frischem Gras und von der Sonne aufgeheiztem Holz. Die Hitze des Tages war verstrichen und hatte einer samtenen Wärme Platz gemacht, die in den Knochen von Mensch und Tier widerhallte. Den Durst nach Leben und körperlicher Liebe weckte.
Lustlos, aber konzentriert zupfte Bjanar an den Saiten seiner Laute, während die Frauen ihre feurigen Tänze zeigten. Silber klirrte, als Sazza wie ein Wirbelwind an ihm vorbei fegte und ihre Fußreifen fliegen ließ. Sie tanzte sich dem Höhepunkt ihrer Vorstellung entgegen. Bald war es an der Zeit, dass die Männer kamen. Mit Rauch und Knall und Drachenfeuer. Bjanar senkte die Lider, um sich vor dem beißenden Zunder zu schützen, der die grünlichen Flammen entfachte. Noch starrte das Publikum fasziniert auf die Beine der rassigen Tänzerin, doch gleich würde es zusammenfahren und ...
Eine Wolke aus Dunkelheit senkte sich über die Wagenburg der Zigeuner. Dieses Mal schrien nicht nur die Besucher überrascht auf. Nein, auch die Ranasci fuhren erschreckt in die Höhe, als sich ihr Blick verschleierte und sie kaum mehr die Hand vor Augen sehen konnten. Neben Bjanar rumpelte es unheilverkündend, als einer der Musiker sein Instrument fallen ließ. Er selbst tastete instinktiv nach dem Dolch an seinem Gürtel. Der faulige Geruch von Schwefel stieg ihm in die Nase. An seiner Schläfe pulsierte es heiß und schnell, während sein Mund austrocknete und seine Füße aufspringen wollten. Aber was dann?
Er konnte die Lagerfeuer nicht mehr sehen. Er war von Finsternis umgeben. Wohin laufen, wohin fliehen, gegen wen kämpfen?
Wie ein Rabe in Bedrängnis krümmte Bjanar den Rücken. Sein schwarzes Haar gemahnte an Gefieder, das sich aufrichtete. Sein Dolch ruhte zu kalt in seiner Handfläche. Es schepperte von Neuem. Die Laute war ihm aus der Hand geglitten.
Er hörte die hilflosen Laute seiner Sippe. Aufschreie. Flüche und Schutzgesuche gleichermaßen hallten durch die Nachtluft. Bjanar erkannte die Stimme seines Vaters, der wie so oft zornig wurde, statt Angst zu zeigen.
Als der erste Schreck nachließ und die Menschen sich nervös zu bewegen begannen, lichtete sich die Dunkelheit. Ein tanzendes Licht brach sich seinen Weg durch die Schwärze und wurde größer, bis es einen Zirkel inmitten der Lagerfeuer bildete. Und in diesem Kreis, um den statische Blitze zuckten, kniete jemand. Gemessen an seiner schieren
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