Sommermaerchen
Asher lachte nachsichtig. „Sie mögen also Baiser?“
Sie nickte und fragte sich, wie sie ihn taktvoll bitten konnte, seine Hand von der ihren zu nehmen. „Ja.“
„Seien Sie versichert, mein Koch bereitet ausgezeichnete Baisers zu.“
Beatrice ignorierte die Anspielung und beschloss, ganz offen ihre momentane Sorge auszusprechen. „Würden Sie Ihre Hand bitte entfernen, Lord Asher?“
„Oh, bitte entschuldigen Sie, Miss Sinclair. Ich habe mich einen Augenblick vergessen.“
„Sie müssen mir nichts erklären. Sie haben an Baisers gedacht und waren daher ganz in Gedanken.“
Er nickte eifrig. „Ja, ich meine, nein, das war ich nicht. Miss Sinclair ... Beatrice ... Ich sehne mich schon seit Langem danach, Ihnen etwas zu sagen ...“
„Bitte nicht. Nicht hier“, sagte sie und senkte verzweifelt den Blick. Im Haus hielt sich derzeit kaum jemand auf, fast alle Gäste hatten sich nach draußen begeben, um den warmen Sonnenschein zu genießen. Vergeblich wünschte sie, dass jemand kam, um sie zu retten.
„Nein, Beatrice. Ich muss es Ihnen einfach sagen. Ich denke, Sie wissen bereits, was ich Sie fragen will ...“
Bitte mach mir keinen Heiratsantrag, bitte mach mir keinen Heiratsantrag.
Ihr Stoßgebet wurde plötzlich erhört – mehr oder weniger.
Die Tür öffnete sich, und Charles trat ein. Er war lässig gekleidet und sah aus, als wolle er ein Buch holen, um im Garten zu lesen. Als er sie sah, hielt er abrupt inne.
Ein überraschter Ausdruck huschte über sein Gesicht, ehe es zur Maske erstarrte.
„Guten Tag, Miss Sinclair, Asher“, sagte er kühl. „Wie ich sehe, ziehen Sie es vor, im Haus zu bleiben.“
Lord Asher lief tomatenrot an, und Beatrice hätte ihm dafür am liebsten eine Ohrfeige gegeben, denn damit erweckte er den Anschein, als wäre etwas Unziemliches zwischen ihnen geschehen. Verlegen ergriff sie das Wort. „Nein, ich habe mich zurückgezogen, um zu schreiben.“ Sie hielt ihr Buch hoch, um ihre Worte zu beweisen.
Charles nickte gleichgültig. „Ich verstehe.“
Sie fürchtete, dass er ihr nicht glaubte, und fuhr fort: „Ja. Außerdem fühlte ich mich nicht wohl genug, um die Sonne zu genießen.“
„Ihnen ist nicht wohl?“, fragte Lord Asher erschrocken. „Hätten Sie mir doch nur etwas gesagt, Miss Sinclair.“
„Warum haben Sie sich nicht ins Bett gelegt, um sich zu erholen?“, fragte Charles. Er wusste, dass sie log.
„Nein, so schlimm ...“
„Nein, natürlich nicht“, unterbrach er in verächtlichem Ton. „Im Bett hätten Sie Lord Asher kaum unterhalten können, nicht wahr?“
„Pelham!“, rief Lord Asher empört. „Das ist beleidigend, und ich lasse nicht zu, dass Sie ...“
„Machen Sie sich keine Mühe. Ich gehe schon.“ Er verbeugte sich mit spöttischer Miene vor Beatrice, wandte sich um und verließ das Zimmer.
Beatrice saß da wie betäubt. Dicke Tränen kullerten ihr über die Wangen, doch sie bemerkte es nicht einmal.
„Oh, Miss Sinclair, bitte weinen Sie nicht. Ich werde Pelham deswegen zur Rede stellen, dessen können Sie gewiss sein“, sagte Lord Asher, bemüht sich ritterlich zu zeigen und sie zu trösten.
Doch es gelang ihm nicht, Beatrice schluchzte nur noch mehr. Blind vor Tränen sprang sie auf, lief aus der Bibliothek und die Treppe hinauf, um Zuflucht in ihrem Schlafzimmer zu suchen.
18. KAPITEL
Beatrice wusste, wie wenig vorteilhaft sie aussah, doch es war ihr gleich. Sie hatte sich keinerlei Mühe gegeben, sich herauszuputzen, weil sie nicht wollte, dass Lord Asher ihr weiterhin den Hof machte. Wenn ihn die absichtlich gewählte unkleidsame, orangefarbene Ballrobe von ihr fernhielte, konnte es ihr nur recht sein.
Die geschwollenen geröteten Augen, die daher rührten, dass sie den ganzen Nachmittag geweint hatte, unterstrichen ihren fahlen Teint noch zusätzlich.
Lord Asher indes nahm offenbar keinerlei Notiz von ihrem Aussehen. Kaum hatte sie den Ballsaal betreten, war er zu ihr hinübergekommen. Inzwischen hatte sie zwei Mal mit ihm getanzt. Schließlich schützte sie Erschöpfung vor und behauptete, um ihm zu entfliehen, einen Augenblick mit einigen Freundinnen ausruhen zu wollen.
Verstohlen schlich sie an der Wand des Ballsaals entlang, in der Hoffnung, Lord Asher würde ihr auch weiterhin den Rücken zukehren, damit sie unbemerkt aus dem Saal schlüpfen konnte. Als sie die Tür erreichte, sah sie, wie er ungeduldig den Blick durch den Raum schweifen ließ. Gerade noch rechtzeitig konnte sie in die Halle
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