Sommermaerchen
Erinnerung aufsteigen, wie sein Freund auf der Dinnerparty seiner Mutter um Beatrice herumscharwenzelt war. „Ich weiß, dass sie hübsch ist.
Das musst du mir nicht sagen. Ich wollte lediglich keine Gattin.“
„Daran hättest du denken sollen, bevor du dich mit ihr eingelassen hast.“
„Ich habe nicht nachgedacht.“
Jack lachte. „Offensichtlich nicht, denn du hast dir keine große Mühe gegeben, ihr aus dem Weg zu gehen. Man könnte fast behaupten, du hast ihr nachgestellt.“
„Könnte man wohl.“
Nach einem Augenblick des Schweigens fragte Jack: „Weißt du, was ich glaube, Charles?“
„Erleuchte mich.“
Jacks Augen funkelten schalkhaft. „Ich glaube, du liebst sie.“ Dann brach er in Gelächter aus.
Seufzend erhob sich Charles. Jack hörte abrupt auf zu lachen. „Du willst doch nicht etwa gehen?“
„Doch.“
„Wegen meines dummen Scherzes? Komm, ich gebe dir noch einen Drink aus.“
Charles seufzte erneut. „Na schön, aber über meine Ehe wird nicht mehr gesprochen. Ich möchte nicht mehr daran denken.“
Jack stand auf und legte den Arm um die Schultern seines Freundes. „Keine Sorge, ich weiß, wie wir deine Gattin aus deinen Gedanken vertreiben können.“
„Ach ja?“ Fragend hob Charles eine Augenbraue.
„Ja, mit Simone.“
„Nicht heute Nacht, Jack. Ich habe morgen dringende Geschäfte zu erledigen ...“
„Geschäfte? Du kommst mir mit derselben Ausrede wie deiner Gemahlin?“
Charles sah ein, dass sein Freund nicht nachgeben würde. „Na schön, aber ich komme nur kurz mit. Ich habe verteufelt schlechte Laune, und daran wird nichts etwas ändern.“
„Sag niemals nie“, erwiderte Jack, ehe sie sich gemeinsam auf den Weg machten.
23. KAPITEL
Pelham House war ein wunderschönes Haus, aber es war kein Zuhause. Ganze Flügel waren geschlossen worden, die Vorhänge vorgezogen und die Möbel mit weißen Laken abgedeckt. Zwar war das Haus sauber, aber auch leer.
Beatrice saß verloren in der Bibliothek, umgeben von großen Bücherstapeln. Da sie nichts Besseres zu tun hatte, wollte sie einige der Räume wieder öffnen. Mit der Bibliothek hatte sie angefangen, hier gab es viel zu tun. Die Bücher in den Regalen waren nicht nach Themen geordnet, und viele von ihnen waren durch Feuchtigkeit beschädigt. Die Wandtäfelung sah nicht besser aus. Einst hatte sie sicher einen matten Glanz gehabt, inzwischen war sie dunkel und stumpf.
Seufzend machte sich Beatrice an die Aufgabe, die Bücher zu sortieren. Dabei dachte sie darüber nach, ob sie Pelham House verlassen sollte. Es sah nicht danach aus, als ob ihr Gatte je zurückkehren würde. Warum also sollte sie bleiben?
Bereits am Tag seiner Abreise hatte sie die Vermutung gehegt, dass er sie sitzen lassen wollte. Nach zwei Wochen Einsamkeit wurde diese Ahnung immer mehr zur Gewissheit.
Verärgert ballte sie die Hände zu Fäusten. Sie war wütend auf sich, weil sie sich in diese Lage gebracht hatte, aber ebenso wütend auf ihn, weil er sie allein gelassen hatte. Insgeheim hatte sie gehofft, dass sie eine glückliche Ehe führen würden. In ihrer Hochzeitsnacht war er so zärtlich gewesen und schien einen Augenblick lang sogar glücklich zu sein. Sie fühlte sich ganz gewiss glücklich wie nie, wenn er sie in seinen Armen hielt.
Abrupt stand sie auf und wanderte im Zimmer umher. Warum nur hatte er ihr gesagt, er käme zurück, wenn er nicht beabsichtigte, sein Wort zu halten? Er hätte wenigstens ehrlich zu ihr sein können. Sie wusste, dass er sie nicht liebte, und es hätte sie nicht überrascht, wenn er ihr mitgeteilt hätte, dass er für unbestimmte Zeit in London bleiben würde. Verletzt ja, aber nicht überrascht. Schließlich hatten sie vor ihrer Ehe eine Vereinbarung getroffen. Vermutlich sah er es schlicht als unhöflich an, ihr zu sagen, dass er nicht mit ihr zusammenleben wollte.
Das aber änderte nichts an der Tatsache, dass er sich in London vergnügte, während sie hier in diesem düsteren, leeren Haus festsaß und niemanden hatte, mit dem sie sich unterhalten konnte. Und das machte sie wütend. Überaus wütend. Wenn sie es ihm nur irgendwie heimzahlen könnte.
Seufzend ließ sich Beatrice in den Sessel fallen. Insgeheim wusste sie, dass sie ihn nicht verlassen konnte. Sie hatte auch ihren Stolz. Außerdem würde sie ihre Familie in Sorge versetzen, wenn sie nach Hause zurückkehrte. Sie sollte nicht erfahren, welch großen Kummer sie hegte, weil Charles sie verlassen hatte.
Nein, sie würde die
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