Sommermond
sehen.“
Mit diesen Worten hatte sie es nun doch geschafft, Ben ein zurückhaltendes Lächeln zu entlocken.
„Ja, vielleicht“, erwiderte er. „Vielleicht hast du recht und ich mach‘ mir einfach zu viele Gedanken.“
„Wie immer“, entgegnete seine Mutter. „Du machst dir immer zu viele Gedanken.“
Ben atmete tief durch. Dann drehte er sich zu ihr und schloss sie in die Arme.
„Danke, Mum!“, flüsterte er ihr ins Ohr.
„Gern“, erwiderte sie und drückte ihn einmal fest an sich. Anschließend schob sie ihn sanft von sich weg. „Die anderen warten sicher schon.“
Ben nickte. Seine Mutter legte noch einmal eine Hand auf seine Wange und lächelte ermutigend. Dann wandte sie sich ab und schritt voran Richtung Esszimmer. Ben folgte ihr. Er hoffte, dass sein Mutter wirklich recht hatte. Er wollte Alex nicht verlieren. Nicht, nachdem sie endlich zueinander gefunden hatten. Vermutlich konnten seine Eltern seine Gefühle nicht nachempfinden. Sie mussten ihn für verrückt halten, dass er mit all seiner Kraft um jemanden kämpfte, der unzählige, ernsthafte Probleme hatte und Ben mit in diesen Morast aus Kriminalität gezogen hatte. Doch das war Ben egal. Außerdem empfand er Alex nicht als verantwortlich für den Unfall. Er selbst hatte sich dafür entschieden, dem Blonden zum Ort der Übergabe zu folgen. Er selbst hatte sich in vielerlei Dinge eingemischt, aus denen Alex ihn mit allen Mittel herauszuhalten versucht hatte. Genau wie jetzt. Alex sorgte sich um Ben und wollte verhindern, dass ihm etwas passierte. Nur deshalb hatte er sich aufgeführt wie ein Idiot und die Polizei nicht einweihen wollen. Er wollte Ben beschützen. Vielleicht auch jetzt, indem er auf Abstand setzte.
Seine Mutter öffnete die Tür zum Esszimmer und hielt sie Ben auf. Der Dunkelhaarige lächelte und trat an ihr vorbei ins Innere des Raumes. Dort saßen bereits Jo, Nick und sein Vater am Tisch. Sie schienen auf sie zu warten. Ben nickte begrüßend in die Runde, bevor er sich an seinen Stammplatz in der Villa setzte. Er zog sich samt Stuhl an den Tisch und versuchte sich innerlich abzulenken. Seine Mutter setzte sich schräg gegenüber, direkt neben Nick. Jo saß wie immer an der Stirnseite des Tisches. Er hatte seine Hände ineinander gefaltet und stützte sein Kinn darauf ab.
In der Mitte des Tisches stand ein Körbchen mit Brotscheiben. Außerdem eine Schüssel mit hellen Kartoffeln, auf deren glänzender Haut kleingehackte Petersilienstücke klebten, ein Teller mit Fisch, eine Schüssel Gemüse und ein Kännchen Soße. Es roch vielversprechend. Bens Magen begann zu knurren. Trotz seiner Sorgen hatte er Hunger. Er liebte Fisch.
„Danke für die Einladung“, begann sein Vater das Gespräch.
Ihm folgten weitere Dankeschöns aus der Runde.
„Gern, gern“, erwiderte Jo. „Bedient euch und lasst es euch schmecken!“
Ben wollte warten, bis der größte Ansturm vorbei war, doch seine Mutter kam ihm zuvor, angelte sich seinen Teller und füllte ihm als erstes auf.
„Danke“, murmelte Ben, als sie den Teller zurück an seinen Platz stellte.
Die anderen nahmen sich ebenfalls etwas vom reichhaltigen Menü. Jo stand kurz auf, schenkte ihnen Wasser und Weißwein ein und setzte sich wieder. Ben beobachtete ihn missmutig. Der Stararchitekt spielte seine Rolle gut. Nach außen stets nett und freundlich, unter vier Augen aber ein wahres Monster. Ben war noch immer wütend auf ihn. Jo sorgte sich nicht einmal um seinen Sohn. Im Gegenteil. Selbst in Momenten, in denen Alex nicht da war, sprach er schlecht über ihn. Dass Ben und Alex ein Paar waren, missfiel ihm. Seit dem Tag, an dem Jo dies erfahren hatte, war er nicht mehr gut auf Ben zu sprechen. Damit hatte sich der Dunkelhaarige abgefunden. Dennoch hatte er gehofft, dass Jo ihre Beziehung wenigstens tolerieren würde.
„Guten Appetit!“, warf Jo in die Runde. „Lasst es euch schmecken!“
Ben hörte, wie seine Eltern sich bedankten und anschließend nach ihrem silbernen Besteck griffen. Ben tat es ihnen gleich. Er nahm Messer und Gabel, schnitt ein Stück vom Thunfisch und steckte es sich in den Mund. Als er kauend aufsah, traf er auf Nicks festen Blick. Der Schwarzhaarige schien zu merken, dass Ben nur körperlich anwesend war. Er öffnete seinen Mund, um etwas zu sagen. Doch Ben warf ihm sofort einen drohenden Blick zu und schüttelte zusätzlich den Kopf. Daraufhin schloss Nick seinen Mund und widmete sich wieder seinem Essen.
Seine Eltern und Jo vertieften sich
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