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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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er nicht mehr passte. Er hatte sich verändert. Das wurde ihm nun quälend bewusst.
    Gedankenverloren drückte er sich von der Wand und schritt zum Haupteingang zurück. Er schob die gläserne Tür auf und trat nach draußen in die Kälte. Sein Magen rumorte. Er hatte wirklich Hunger. Deshalb überlegte er nicht lange, bis er sich dafür entschied, zur Campus Suite , einem studentenfreundlichen Café und Bistro, zu gehen. Es befand sich nur wenige Meter entfernt, ebenfalls im Hauptgebäude. Also machte er auf dem Absatz kehrt und trat zurück ins Hauptgebäude. Er passierte den Eingangsbereich und konnte schon von weitem den Geruch von Kaffee vernehmen. Er selbst hasste Kaffee. Zumindest den Geschmack.
    Als er in dem gemütlichen Café ankam, zog er den Reißverschluss seiner Jacke auf und fischte sein Portemonnaie aus der Innentasche. Der Kaffeeduft vermischte sich mit dem frischer Brötchen, Tees und süßem Gebäck. Auf den Sesseln und Stühlen saßen viele junge Leute. Kaum Plätze waren frei. Jetzt verstand Ben auch, warum der Parkplatz gegenüber dem Gebäude derart überfüllt war. Denn auf dem Unigelände selbst war ihm fast niemand begegnet. Die Campus Suite war immer gut besucht. Sie lud mit ihrer leichten Musik und den bequemen Sitzmöglichkeiten zum Fläzen und Quatschen ein.
    In seinem ersten Semester war Ben fast täglich hier gewesen. Doch mit der Zeit hatte er alle Tee- und Kuchenspezialitäten durchprobiert und damit hatte das Café an Reiz verloren.
    Heute war das anders. Er hatte Hunger und brauchte etwas Zeit, sich von den psychischen Strapazen zu erholen. Das Café war geradezu prädestiniert dafür.
    Er stellte sich hinter zwei Studenteninnen und spähte durch sie hindurch auf den langen, gläsernen Tresen. Zwischen Sandwiches, Baguettes, Salaten und Muffins lagen noch zwei Croissants. Ben lief das Wasser im Mund zusammen. Mit einem flüchtigen Blick in sein Portemonnaie überprüfte er, wie viel Geld er dabei hatte. Genau fünf Euro. Das reichte erst mal. Und dann war er auch schon an der Reihe.
    „Hallo!“, begrüßte ihn eine junge Blondine und zog den letzten Vokal übertrieben lang.
    „Hi!“, entgegnete Ben. „Ich hätt‘ gern ‘nen Chai Latte und ein Marzipancroissant.“
    Die Blonde lächelte. „Zum hier essen?“
    Ben nickte. Daraufhin nahm sie eine silberne Zange, fischte das Croissant zwischen den Brötchen hervor, tat es auf einen Teller und stellte diesen auf den Tresen. Ben nahm ihn und schritt weiter zur Kasse.
    „Der Chai Latte kommt dann gleich“, meinte die Blonde. „Kennst das ja sicher.“ Wieder lächelte sie. Ben sah den Preis in der Kasse und bezahlte. Das Kleingeld, das er zurückbekam, warf er in einen mit dem Campus Suite-Logo bedruckten Becher hinter der Kasse. Mit dem warmen Teller in der Hand stellte er sich an den Ausschank und wartete auf sein Getränk. Der Typ (vermutlich ebenfalls Student) mischte gerade zwei Cappuccinos, stellte sie anschließend auf den Tresen und rief zwei Mädels auf. Als nächstes machte er sich an Bens Tee.
    „Und einmal Chai Latte!“, rief er, als er fertig war. Er stellte den übergroßen Becher so flüchtig vor sich ab, dass etwas mit Zimt bestreuter Milchschaum über den Rand lief. Ben bedanke sich, schritt zu einem Regal mit Servietten und holte sich einen Löffel. Dann hielt er Ausschau nach einem freien Platz, entdeckte einen in der rechten, hinteren Ecke und balancierte sein Getränk mit angemessener Vorsicht durch die schmalen Gänge.
    An dem auserkorenen Platz an der Fensterfront angelangt, stellte er Tasse und Teller vor sich auf den Glastisch und ließ die Umhängetasche von seinen Schultern rutschen. Dann befreite er sich noch aus der Jacke, hängte sie über den Sessel und setzte sich. Dabei verzog er kurz schmerzerfüllt das Gesicht. Beim Aufstehen und Hinsetzen tat sein Oberkörper noch ziemlich weh.
    Er steckte den Löffel in sein Getränk, rührte etwas darin herum und lutschte den Löffel anschließend ab. Dann versuchte er sich zu entspannen und atmete einmal tief durch. Dass er gerade auf ein Seminar verzichtete, fiel ihm leichter, als er gedacht hätte. Trotzdem schlich sich eine Spur des schlechten Gewissens durch seinen Verstand, das er allerdings mit der Ausrede beruhigte, nur ein Extraseminar und damit nichts Verpflichtendes oder Wichtiges zu verpassen.
    Er nahm das Croissant, biss zweimal davon ab und kaute gemächlich. Als er sich dabei in dem Café umsah, fiel ihm ein Kerl auf, der direkt gegenüber

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