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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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seine Schläfen zurück.
    Das hätte auch schief gehen können , dachte er und war froh, dass Kommissar Wagner sich schnell wieder zurückgezogen hatte. Er wollte sich nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn ihm ein Beutel Koks aus der Tasche gefallen wäre. Dann wäre alles vorbei gewesen und er in dem Berg Scheiße, in dem er steckte, versunken.
    Während er dem Straßenverlauf folgte, sehnte er sich schon nach dem Alkohol, in dem er all seine Sorgen und Gedanken ertränken würde, um seinen Kopf wenigstens für einen Abend frei zu bekommen. Da sein Verstand ihm diese Pause nicht freiwillig gab, musste er sie eben auf diese Weise erzwingen. So einfach war das.
    Er fuhr entlang der Elbchaussee, bog danach einige Male ab und fand sich wenig später am Pinnasberg wieder. Als er einen freien Parkplatz fand, fädelte er sich dort ein und schaltete den Motor ab. Er zog den Schlüssel aus der Zündung und griff nach der Zigarettenschachtel auf dem Beifahrersitz. Dann drückte er die Fahrertür auf und stieg aus. Er pulte sich eine Marlboro aus der Schachtel und ließ die restlichen Zigaretten in seiner Jackentasche verschwinden. Mit einem leichten Drücken auf die Fernbedienung verriegelte er seinen Wagen und trat schließlich um den BMW herum inmitten der Straße. Nicht weit von ihm entfernt lag das mit Stadtdreck gepuderte Gebäude, an dessen ehemals weißer Wand ein schwarzer Graffitizug glänzte. Es war das Haus, in dem Diego gewohnt hatte. Das Haus, in dem Alex sich oft mit Diego getroffen hatte – im Irrglauben, er wäre sein Kumpel. Und das Haus, in dem er eines Nachts zusammen mit Diego bei dessen Nachbarin eingebrochen war und daraufhin dabei hatte zusehen müssen, wie der junge Italiener einen Studenten, der sie bei der Tat erwischte, zusammenschlug.
    Alex klemmte sich die Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie an. Er nahm einen kräftigen Zug und blickte sich weiter um. Hinter ihm lag die Straßenecke, in der Ben angeschossen worden war. Doch sie hatte sich verändert. Nirgends lag mehr Schnee oder Schneematsch und dadurch wirkte sie nur noch wie der Teil einer ehemaligen Kulisse, welche nur auf den zweiten Blick an all das erinnerte, was dort geschehen war. Durch Alex‘ Magen zog ein unangenehmes Gefühl. Das tat es immer, wenn er sich daran erinnerte, wie er den blutüberströmten Ben im Geiste bereits als tot erklärt hatte, während er daneben gesessen hatte und sich vollkommen hilflos vorgekommen war.
    Er nahm einen weiteren Zug, pustete den Qualm in einem langen Strahl aus und wandte sich schließlich ab. Er wollte jetzt nicht emotional werden. Er war hierher gefahren, um sich abzulenken, und nicht, um sich in vergangenen Szenen zu verfangen. Er musste sich schon mit genügend Sorgen herumplagen, die in allererster Linie Ben galten, um einen weiteren Vorfall, wie er hier am Pinnasberg geschehen war, zu verhindern.
    Er trat auf den Bürgersteig und folgte ihm bis zum Christ i ansen’s . Im Inneren der Bar war es leerer als beim letzten Mal, als er sich nur mit etwas Glück einen der besten Plätze ergattert hatte. Nur zu gut erinnerte er sich daran zurück, wie er an dem besagten Abend in die Bar gefahren war, um irgendein Mädchen aufzureißen und sich auf diese Weise davon zu überzeugen, nicht schwul zu sein. Dabei hatte er Laura kennengelernt: ein verruchtes, aber hübsches Mädchen. Doch statt sie flachzulegen, war sie es gewesen, die ihm den schwulen Stempel endgültig auf die Stirn gedrückt hatte – auf eine sympathische Art und Weise. Trotzdem hatte Alex diese Tatsache noch weiter vor sich zu leugnen versucht. Doch als er dann am nächsten Tag in der Villa aufwachte, sein Vater nicht da war und er Ben dabei erwischte, wie er in Jos Fotoalben herumwühlte, kam alles anders. Er gab sich einen Ruck, bat Ben um einen Neustart und schlug ein Treffen am Hauspool vor. Ben kam dieser Einladung nach. Diese Chance nutzte Alex, um sich ausführlich bei dem Dunkelhaarigen zu entschuldigen und ihm den Grund seines Verhaltens zu erklären. Er erzählte Ben alles. Auch von den Schulden. Als Ben ihn daraufhin mit dem Zeitungsartikel über den Einbruch am Pinnasberg in Verbindung brachte, eskalierte die Situation. Es gab neuen Streit. Alex schubste Ben so heftig, dass er sich eine Platzwunde am Kopf zuzog. Der Dunkelhaarige drückte sich sein T-Shirt gegen die offene Wunde und schritt zu den Duschen, um es gegen ein Handtuch zu tauschen. Halbnackt stand er zwischen den Duschkabinen, Wassertropfen

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