Sommermond
wie er halb stehend und halb gebückt im Wagen kauerte und seinen Kopf um fast 90 Grad anwinkeln musste.
„Ja, war okay“, antwortete Alex schließlich.
Lars sah zu ihm auf. „ Okay ?“, hakte er ungläubig nach. „Dein Orgasmus war da offensichtlich anderer Meinung.“
Alex starrte ihn an. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Die Situation war merkwürdig. Fast wie in einem schlechten Porno, bei dessen Drehbuch man sich nur auf den Sex konzentrierte und das drum herum deshalb ziemlich dämlich war.
Lars öffnete eine der Türen und warf die Taschentücher nach draußen.
„Wie appetitlich“, rutschte es aus Alex.
Er hörte Lars kurz auflachen, während er die Tür wieder zuzog und sich zurück an Alex wandte.
„Musst du kotzen?“, fragte er kritisch.
Diese Frage kam so unerwartet, dass Alex lachen musste.
„Was?“, entgegnete er und schüttelte den Kopf. „Nein.“ Er stockte kurz. „Wieso?“
„Du siehst schlecht aus“, erwiderte Lars.
„Na, danke für das Kompliment“, konterte Alex.
Lars grinste kurz, wurde dann aber ernster. „Nein, im Ernst. Du siehst übel aus. Hast wohl zu viel getrunken, was?“
Alex sah ihn an und zuckte mit den Schultern. „Vielleicht …“
„Wo wohnst du?“, fragte Lars. „Soll ich dich nach Hause fahren?“
Alex traute seinen Ohren nicht. Bis eben war er fest davon überzeugt gewesen, dass Lars sich anziehen und verschwinden würde. Doch da hatte er sich getäuscht. Stattdessen schienen den 35-Jährigen fürsorgliche Gefühle zu überkommen, die ihn dazu veranlassten, die Verantwortung für Alex zu übernehmen.
„Und wie kommst du dann zurück?“, fragte Alex.
„Mit ‘nem Taxi“, antwortete Lars. „Du kannst das ja bezahlen, wenn du dich dann besser fühlst.“
Er lächelte ehrlich. Seine Art erleichterte es Alex, einigermaßen gut über die Sache hinweg zu kommen. Lars lenkte ihn ab, was hilfreich war, um nicht im Alkoholrausch damit anzufangen, sich unnötig viele Gedanken über Gott und die Welt zu machen.
„Okay“, entschied er deshalb und nickte bekräftigend. „Hier sind die Schlüssel.“
Während er sprach, überreichte er dem Dunkelhaarigen seinen Schlüsselbund und griff zeitgleich nach seinem Pullover. Erst jetzt, nachdem sich sein Hormonhaushalt wieder normalisiert hatte, spürte er, wie kalt ihm war. Während er sich die Jacke überzog, beobachtete er, wie Lars auf den Fahrersitz kletterte.
„Willst du auch nach vorn kommen?“, fragte er dann, während er den Schlüssel in die Zündung steckte. „Ich hab‘ mal gehört, dass einem hinten schneller schlecht wird.“
Skeptisch erwiderte Alex den Blick durch den Innenspiegel. Er griff nach seiner zweiten Jacke und stieg schließlich aus, um anschließend vorn einzusteigen. Lars startete den Motor, und während er den BMW aus der Parklücke fädelte, fummelte Alex sich eine Zigarette aus seiner Jacke und zündete sie an. Dann lehnte er sich im Sitz zurück, starrte aus dem Fenster und begann zu rauchen. In langsamem Tempo fuhr Lars am Christiansen’s vorbei.
„Und?“, brach er das Schweigen. „Wo soll’s hingehen?“
„Elbchaussee“, antwortete Alex.
„Die ist in Nienstedten, richtig?“, hakte Lars nach.
Alex nickte. „Fahr gleich links, dann wieder links, dann rechts und anschließend nur noch geradeaus.“
„Krieg‘ ich hin“, erwiderte Lars.
Alex zog an seiner Zigarette und starrte weiter aus dem Fenster. Doch statt der erwünschten Wirkung des Nikotins, verursachte es nur, dass ihm schlecht wurde. Deshalb gab er auf, öffnete das Fenster und warf die fast ungerauchte Marlboro aus dem Fenster.
„Was war das denn?“, fragte Lars.
„Mir ist schlecht“, erwiderte Alex.
„Musst du doch kotzen?“, fragte Lars sofort.
Alex spürte den besorgten Blick. Als Antwort schüttelte er den Kopf. Er klammerte beide Arme um seinen Magen und konzentrierte sich auf die grauen Hausfassaden, um sich von seiner Übelkeit abzulenken. Lars folgte seinen vorherigen Anweisungen, bog zweimal links ab und fuhr anschließend nach rechts auf die Breite Straße .
„Kokst du, weil du’s dir leisten kannst?“, fragte Lars.
Alex verstand nicht ganz. Er wandte sich vom Fenster ab und blickte irritiert in Lars‘ Richtung.
„Wie meinst du das?“, fragte er.
„Na …“, erwiderte Lars und machte dazu eine unklare Geste. „Machen das nicht irgendwie alle von reichen Eltern verwöhnten Kinder, wenn sie den Bezug zur Realität verlieren?“
Die Worte kränkten Alex.
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