Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
Vom Netzwerk:
möchten mit Ihnen sprechen“, erklärte die Schwester in ihrer tiefen Stimme.
    „Ich weiß“, entgegnete Ben.
    Als die beiden Beamten ihm daraufhin einen fragenden Blick zuwarfen, fügte er hinzu: „Der Arzt hat mich heute Morgen vorgewarnt.“
    „Gut“, sagte die Schwester. „Wenn irgendwas ist, melden Sie sich bitte!“
    „Klar“, gab Ben zurück und formte seine Lippen dabei zu einem ausdruckslosen Lächeln.
    Die Schwester verließ das Zimmer und zog die Tür hinter sich zu. Die Polizisten traten daraufhin näher und blieben am Fußende seines Bettes stehen. Ihre Dienstkleidung stank nach frischem Qualm. Vermutlich hatte einer der beiden noch schnell eine Zigarette geraucht, bevor sie das Krankenhaus betreten hatten.
    „Hallo, Herr Richter!“, begrüßte ihn der ältere der beiden. „Schön, dass es Ihnen besser geht.“
    Ben blickte zu ihnen auf. Mit aller Mühe versuchte er ihre Gedanken zu lesen oder zu interpretieren, was sie von ihm hören wollten. Dennoch schwieg er vorerst. Der linke Polizist umfasste die Metallstange am Ende seines Bettes und warf Ben einen mitfühlenden Blick zu. Sein Schnäuzer passte sich dabei der Position seiner Lippen an. Der Kerl sah müde aus und hatte viele Falten. Die Überreste seiner längst vergangenen Haarpracht bildeten einen grauen Kranz auf seiner Glatze.
    Innerlich war Ben genervt. Zwar hatte er sich nach Ablenkung gesehnt, aber nicht nach dieser Art. Er wusste nicht, was für Fragen auf ihn zukamen und befürchtete, möglicherweise etwas Falsches sagen zu können.
    „Wir wissen, dass der Zeitpunkt nicht gerade günstig ist. Trotzdem müssen wir unserer Arbeit nachgehen“, erklärte der Polizist freundlich.
    Ähnliche Worte hatte Ben am Morgen schon einmal gehört. Sein behandelnder Arzt schien sich fast buchstäblich mit den Beamten abgesprochen zu haben.
    „Ist schon in Ordnung“, sagte Ben und versuchte neutral zu klingen.
    Am liebsten aber hätte er die Aussage des Polizisten bestätigt und die beiden wieder aus seinem Zimmer gebeten. Doch das konnte er sich in seiner Position nicht leisten. Die Polizei brauchte seine Aussage. Dringend. Das war vor allem wichtig, um Alex endgültig aus der Misere zu ziehen. Dennoch bedurfte es einer enormen Kraft, sich dieser Situation zu stellen. Bislang hatte er noch nicht viel Zeit gehabt, die Tatsache, dem Tod nur knapp entronnen zu sein, zu verarbeiten.
    Ben wandte den Blick kurz ab, bevor er wieder aufsah. Der wesentlich jüngere der beiden blieb hinten an der Wand stehen, direkt neben dem hässlichen Gemälde. In seiner Hand hielt er einen kleinen Block und einen schwarzen Kugelschreiber. Er machte sich Notizen, obwohl Ben noch gar nichts gesagt hatte. Das irritierte ihn.
    „Was schreiben Sie denn da auf?“, fragte er deshalb.
    Darauf blickte der junge Kerl auf und glotzte ihn dämlich an. Er schien keine passende Antwort parat zu haben und diese deshalb seinem Kollegen zu überlassen.
    „Er notiert nur ein paar Fakten“, sagte dieser.
    Ben nickte geistesabwesend. Nebenbei zog er die Decke bis zu seiner Brust und vergrub die Hände darunter. Er war nervös, wollte sich dies aber nicht anmerken lassen. Seine Hände zitterten und waren eiskalt. Deshalb musste er sie unauffällig vor den wachsamen Augen der Beamten verstecken.
    „Und was genau wollen Sie jetzt wissen?“, fragte er dann. „Wer auf mich geschossen hat?“
    „Na ja, wenn’s dann doch etwas präziser ginge“, erwiderte der ältere Polizist.
    „ Präziser? “, wiederholte Ben in einer höheren Tonlage als üblich. „Ich hab‘ den ganzen Scheiß doch selbst noch gar nicht verarbeitet.“
    Er war ungewollt lauter geworden. Sein Pulsschlag beschleunigte sich.
    „Beruhigen Sie sich doch erst mal!“, versuchte der Polizist ihn zu besänftigen. „Wir wollen Ihnen doch nichts Böses. Wir brauchen Ihre Aussage doch nur, um denjenigen, der Ihnen das angetan hat, zur Rechenschaft ziehen zu können.“
    „Der Arsch ist doch längst irgendwo untergetaucht“, erwiderte Ben.
    „Darf ich fragen, wen Sie meinen, Herr Richter?“, fragte nun der jüngere von hinten.
    „Na, Diego. Wen denn sonst?“ Ben stockte einen Moment lang und wandte den Blick ab. „Alex hat nicht auf mich geschossen, falls Sie darauf hinaus wollen.“
    „Wir wollen gar nichts“, korrigierte nun wieder der ältere Polizist. „Wir wollen Ihnen nur helfen.“
    „Okay. Was wollen Sie wissen?“, fragte Ben. Er klang übertrieben selbstbewusst, obwohl er sich zerbrechlicher

Weitere Kostenlose Bücher