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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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als je zuvor fühlte. Unter der Decke presste er die kalten Hände gegen die Innenseiten seiner Oberschenkel und versuchte sich damit von seiner inneren Unruhe abzulenken.
    „Wir wollen wissen, was genau passiert ist. Aus ihrem Mund. Mehr nicht.“
    Ben schüttelte fassungslos den Kopf. Er wusste selbst nicht, warum er dies tat. Vermutlich war es eine automatische Geste der Verzweiflung, die sein Körper einfach ausführte, ohne ihn vorab um Erlaubnis gebeten zu haben.
    „Ich wusste von Alex, dass er die 40.000 Euro von Jo bekommen würde. Ich hatte ja selbst dazu beigetragen“, begann Ben. Er war selbst überrascht, dass er sich plötzlich ohne Gegenwehr auf die Fragen einließ. „Ich wusste auch, dass er das Geld am Abend bei diesen Kerlen abliefern wollte. Er musste es tun. Sie hatten ihn ja dazu gezwungen. Ich wollte ihn lediglich davon abhalten. Keine Ahnung …“ Er machte unklare Gesten mit seinen Händen und starrte ausdruckslos zur Seite aus dem Fenster. „… Ich wollte für ihn da sein, ihm helfen. Alex und ich sind zusammen. Ich hatte Angst, ihn zu verlieren.“
    Nach diesen Worten brauchte er eine kurze, gedankliche Pause. Die Erinnerungen taten weh und zerrten ihn ungewollt in ein Geschehen zurück, an das er nur ungern zurückdachte.
    „Und was ist dann passiert?“, hakte der Polizist nach.
    „Dann bin ich ihm gefolgt“, erzählte Ben. „Bis zum Pinnasberg. Ich wollte ihn von seinem Vorhaben abhalten oder ihm zumindest beistehen bei der Übergabe.“
    Er musste stark schlucken. Nun klemmte er seine zitternden Hände zwischen seine Oberschenkel und versuchte sie damit still zu halten. Er schloss seine Augen und versuchte sich in die Szene der Vergangenheit zurück zu versetzen. Und es funktionierte tatsächlich. Gedanklich befand er sich nun zurück am Tatort. Neben ihm Alex, der ihn sanft dazu aufforderte, sich lieber woanders zu küssen, weil Diego jeden Moment hinzukommen könnte.
    „Und dann ging plötzlich alles ganz schnell“, fuhr er fort. „Plötzlich war da Diego. Der war eiskalt und gab zu, Alex nur etwas vorgespielt zu haben. Angeblich sei er nie Alex‘ Freund gewesen, sondern habe nur im Auftrag gearbeitet. Alles, was Alex glaubhaft machen sollte, dass auch Diego Angst vor den Typen vom Pokern gehabt hatte, war inszeniert gewesen.“ Er pausierte einen kurzen Moment, bevor er seine Augen wieder öffnete und selbstquälerisch auflachte. „Geplant bis aufs kleinste Detail. Krank, oder?“
    Er sah kurz zu den beiden Polizisten auf. Der ältere von ihnen warf ihm einen mitleidigen Blick zu. Der andere kritzelte auf seinem Block herum.
    „Diego meinte dann zu Alex, dass er nicht mehr aussteigen könne aus der ganzen Sache und dann drohte er uns und zog die Knarre.“
    Wieder musste er kurz innehalten, um seine Gedanken zu sortieren. Die Bilder in seinem Kopf wurden unschärfer und erschwerten es ihm, alle Details zu erkennen.
    „Ich weiß nicht mehr genau … Das ging alles so schnell. Ich weiß nur, dass Alex sich plötzlich auf Diego gestürzt hat und mich anflehte, wegzurennen. Ich blieb aber wie angewurzelt stehen. Alex wollte Diego die Waffe abnehmen und mich beschützen. Die beiden rangen miteinander, aber es gelang Alex nicht, ihm die Waffe zu entreißen. Ich stand einfach nur da und kam mir total hilflos vor. Und dann sah ich den Lauf der Pistole zwischen ihren Körpern. Noch bevor ich zu irgendeiner Bewegung fähig war, drückte Diego ab. Der Schuss traf mich und der Schmerz riss mich sofort zu Boden.“ Er musste schlucken und senkte den Kopf. „Mehr weiß ich nicht. Nur noch, dass Alex irgendwann über mir hing und mich angebettelt hat, durchzuhalten. Ohne ihn hätte ich’s nicht gepackt. Wirklich nicht.“
    „Herr Richter, es tut uns sehr leid, was passiert ist.“
    Das war das Erste, was der ältere Polizist sagte. Ben brauchte ihn nicht anzuschauen, um zu sehen, dass er es ehrlich meinte.
    „Konnten Sie denn sehen, was mit Diego geschehen ist?“, fragte er dann.
    Ben schüttelte kaum merklich den Kopf. „Nein, keine Ahnung.“
    Dann trat einen Moment lang Stille ein. Ben fühlte sich in keinster Weise dazu verpflichtet, das Schweigen zu brechen. Er starrte weiterhin aus dem Fenster und versuchte den ganzen Schock, den er soeben noch einmal geistig durchlebt hatte, zu verarbeiten.
    „In Ordnung“, sagte der Polizist nach ein paar Minuten. „Wir werden Sie dann erst mal wieder in Ruhe lassen.“
    Sofort stieg ein Anflug von Panik in Ben auf. Er drehte sich

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