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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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wurde.
    „Haste Schiss?“, nuschelte Sergej.
    Alex wandte sich zu ihm und warf ihm einen herablassenden Blick zu.
    „Ich hab‘ vor niemandem Schiss“, antwortete er. „Ich hab‘ schon Bedeutenderes gemeistert.“
    Daraufhin wirkte Sergej einen kurzen Moment irritiert. Viel Zeit, darüber nachzudenken, blieb Alex allerdings nicht. Der Wagen kam zum Stehen. Iwan hielt vor einem schwarzen Tor und ließ das Seitenfenster herunter. Er streckte seinen Arm aus und drückte auf eine Klingel. Gefühlte drei Minuten später öffnete sich das elektrische Tor. Alex starrte aus dem Seitenfenster. An der Mauer neben dem Tor entdeckte er eine Kamera. Als er anschließend nach vorn blickte, klappte ihm der Mund auf.
    Iwan fuhr auf die Einfahrt. Heller Sand knirschte unter den vier Rädern. Alex musterte die mediterrane Villa und fühlte sich mit einem Mal klein und unbedeutend. Das Haus seines Vaters war nichts gegen dieses Objekt.
    Neben dem Eingangspodest befanden sich zwei große Blumenkübel mit tiefgrünen Büschen. Direkt daneben Säulen aus Sandstein, dahinter eine große, schwarze Eingangstür. Über ihr ragte ein Balkon, zu dem zwei Türen führten. Die Dachziegel erinnerten Alex an Häuser aus Südfrankreich. Sie passten zum hellgelben Putz. An der Hausfassade reihten sich teure Statuen und hohe Sträucher. Das Haus war riesig.
    Iwan lenkte den Wagen nach links und parkte vor vier Fenstern. Alex konnte seinen Blick nicht von der Villa abwenden. Das mulmige Gefühl in seinem Magen wuchs rasant. Nun wurde die Sache ernst. Stärker als je zuvor wurde ihm bewusst, mit wem er sich angelegt hatte. Für ihn symbolisierte die Villa weder Reichtum noch Wohlstand, sondern nur eines: Macht.
    „Na, haste jetzt Schiss?“, riss ihn Sergej aus den Gedanken.
    Alex warf ihm einen flüchtigen Blick zu. Wie immer blitzte die silberne Krone zwischen Sergejs Zähnen. Alex schüttelte den Kopf.
    „Nein“, log er. „Im Gegenteil. Jetzt werd‘ ich erst richtig warm.“
    Er hatte selbst keine Ahnung, wie er das meinte. Doch das spielte keine Rolle. Sergej war zu dumm, als dass er etwas auf kluge oder klug klingende Worte zu erwidern wusste. Iwan schnallte sich ab und zog den Schlüssel aus der Zündung. Dann drückte er die Fahrertür auf.
    „Los! Aussteigen!“, rief er nach hinten.
    Alex gehorchte. Er löste seinen Gurt und stieg aus. Sergej ebenfalls. Iwan trat auf sie zu.
    „Abmarsch!“, befahl er und schubste Alex vorwärts.
    Er taumelte einen Schritt, behielt aber sein Gleichgewicht. In seinem weißen Hemd - vor der mediterranen Villa an einem warmen Sommerabend - fühlte er sich fast, als wäre er im Urlaub. Nur seine Nervosität machte ihm einen Strich durch den Anflug positiver Gefühle.
    Sie passierten die vier Fenster. Alex versuchte einen Blick ins Innere zu erhaschen, aber dort war es zu dunkel. An einem der Fenster waren die Vorhänge zugezogen. Sie marschierten zur Haustür. Beim Gehen wirbelte heller Staub vom Sand auf. Vor der schwarz lackierten Tür blieben sie stehen. An der Wand befand sich ein Fenster. Es stand auf Kipp. Iwan drückte die Klingel und blieb nach vorn gebeugt vor der Gegensprechanlage stehen. Alex schaute nach oben und entdeckte eine weitere Kamera. Dann klickte es leise.
    „Ihr seid spät“, ertönte ein russischer Akzent aus dem Lautsprecher.
    Iwan fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Jetzt wirkte er nervös. Er schien gerade etwas erwidern zu wollen, als ihnen schon die Tür geöffnet wurde. Iwan richtete sich wieder zur vollen Größe auf und schloss seinen Mund. Geöffnet hatte ihnen eine junge Japanerin. Sie trug schwarze Dienstkleidung mit einer weißen, halbrunden Schürze über dem Bauch. Das Outfit sah altmodisch aus. Ihre langen, schwarzen Haare glänzten wie aus einer Shampoo-Werbung.
    „Kommen Sie!“, forderte sie die drei in hoher Stimme auf.
    Ihr Akzent war nicht zu überhören. Vermutlich konnte sie nur das Notwendigste auf Deutsch.
    Iwan lächelte und trat ein. Sergej packte Alex am Arm, riss ihn mit sich und zog ihn in den Eingangsbereich der Villa. Das Dienstmädchen schloss die Tür, wandte sich dann zu ihnen und deutete mit ausgestreckter, flacher Hand in die Richtung, in die sie gehen sollten. Spätestens in diesem Moment bestätigte sich die Vermutung, dass sie kaum Deutsch konnte. Alex blickte sich um. Das mediterrane Flair führte sich im Inneren fort. Terrakotta-Fliesen zogen sich im Schachmuster über den Boden des Eingangsbereichs. Von dort aus führte eine

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