Sommermond
würde.
„Weißt du?“, fragte Pawlow, während er konzentriert auf das Handydisplay schaute. „Vertrauen ist wichtig. Und ich muss dir vertrauen, oder etwa nicht?“
Alex biss seine Zähne noch fester zusammen. Als Pawlow fragend zu ihm aufsah, nickte er kaum merklich.
„Das sehe ich genauso“, sagte Pawlow. „Die kleinste Prise fehlenden Vertrauens genügt, um das vorhandene Vertrauen zu zerstören. Habe ich recht?“
Wieder nickte Alex. Noch immer wartete er auf sein Todesurteil. Doch hingegen all seinen Erwartungen senkte Pawlow seinen Blick kein weiteres Mal auf das Handy. Stattdessen lächelte er zufrieden.
„Du gefällst mir, Junge“, sagte er. „Deshalb will ich das vorhandene Vertrauen nicht zerstören.“
Irritiert blickte Alex ihn an. Pawlow lächelte amüsiert. Er legte Alex‘ Handy auf den Tisch, drehte es um 180 Grad und schob es zu ihm herüber. Im Hintergrund das gleichmäßige Klacken der silbernen Murmeln: klick, klack, klick, klack …
Alex starrte auf sein Handy. Er konnte sein Glück kaum fassen. Eine gewaltige Flut von Erleichterung überkam ihn und ließ sein Herz wieder langsamer schlagen. Pawlow sah ihn an. Alex streckte seine Hand aus, nahm das Handy und ließ es in seine Hosentasche rutschen. Währenddessen ging er das Frage-Antwort-Spiel in seinem Kopf durch und wartete darauf, dass es sich realisierte. Er hatte Angst, Pawlow würde ihm andere Fragen stellen. Welche, die er nicht beantworten konnte. Doch es geschah weder das eine noch das andere. Pawlow saß einfach nur da und musterte ihn durchdringlich. Offenbar wollte er Alex testen, um zu sehen, wie viel Zeit es bedurfte, ihn nervös zu machen. Doch Alex blieb standhaft. Zwar brodelten Unmengen an Adrenalin in seinem Inneren, doch nach außen wirkte er weiterhin selbstbewusst und gelassen. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit regte Pawlow sich, griff nach dem Koksbeutel und ließ ihn zwischen seinen Fingern hin und her schaukeln.
„Das ist es also?“, fragte er dazu.
Alex nickte.
„Und? Ist es gut?“
Alex befeuchtete seine Lippen und nickte erneut.
„Und dein Kontakt kann genug davon beschaffen?“, fragte Pawlow weiter.
Das waren nicht die Fragen, mit denen Alex gerechnet hatte. Doch die Antworten ergaben sich hinsichtlich des inszenierten Deals von ganz allein. Also nickte er zum dritten Mal.
„Zu welchem Preis?“, fragte Pawlow. Er verschränkte seine Finger ineinander, stützte sein Kinn darauf ab und warf Alex einen festen Blick zu.
„75 Prozent von dem, was Sie bislang bezahlt haben“, antwortete Alex.
Pawlow sah ihn an. Dann lachte er amüsiert.
„ 75 Prozent? “, hakte er nach.
Alex wurde unsicher. Er fand nichts Brauchbares im Inhaltsverzeichnis seines imaginären Frage-Antwort-Katalogs.
Pawlow lehnte sich in seinem Sessel zurück und hob seine Hand in einer Geste der Ungläubigkeit.
„Warum sollte er das tun?“, fragte er.
„Weil er frisch aus dem Knast ist und Kohle braucht“, antwortete Alex. „Entweder er bekommt nichts, oder er bekommt 75 Prozent.“
„Und wie viel springt da noch für ihn ab?“, fragte Pawlow und lachte erneut. „Scheint mir kein besonders rentables Geschäft für deinen Kumpel zu sein.“
„Er hat gute Kontakte“, erwiderte Alex. „Für ihn wird genug abspringen.“
Er sprach so ernst, dass es ihn selbst überraschte. Pawlows Lache verstummte, das anschließende Lächeln verblasste. Der Russe warf Alex einen kritischen Blick zu.
„Das wären dann 28 Tausend pro Kilo“, sagte er dann.
Alex musste sich beherrschen, weder erschrocken noch fassungslos zu reagieren. Bislang hatte er keine Ahnung gehabt, welchen Einkaufswert Kokain hatte. Die genannte Summe schockierte ihn, raubte ihm einen ganzen Moment lang die Worte. Als er sich wieder fing, presste er seine Lippen zusammen und nickte erneut.
„ Wären es “, wiederholte Pawlow sich nachdrücklich. „Natürlich muss der Schnee staubfrei sein.“
Alex verstand. Gefasst blickte er zurück und deutete auf den Beutel.
„Dafür ja die Probe.“
„Verwechsel deine mitgebrachte Kostprobe nicht mit einer Stichprobe“, erwiderte Pawlow streng. „Sollte sie gut sein, und sollte ich tatsächlich etwas bestellen, werde ich die Ware gründlicher überprüfen.“ Er pausierte rhetorisch, während er den Verschluss des Beutels aufknipste. „Das wäre dann doch in Ordnung für dich, oder?“
Alex blickte ihm ausdruckslos in die Augen.
„Es gibt nichts, wovor ich Angst haben müsste“, entgegnete
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