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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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Fensterbank, ein halbvolles Cognacglas stand auf dem Nachtschrank und überall verteilt lagen Koksbeutel, dazwischen sein grauer Kapuzenpullover. An ihm klebte Blut.
    „Fuck …“, nuschelte er.
    Er streifte sich die Decke vom Körper und schob seine Beine aus dem Bett. Ein bitterer Geschmack füllte seinen Mund und seine Klamotten stanken nach Rauch und Schweiß. Mit zittrigen Knien stand er auf, kniete sich auf den Boden und griff nach dem Pullover. Er hatte keine Ahnung, wo das Blut herkam und keine Kraft, darüber nachzudenken. Er schmiss ihn in die Ecke und begann anschließend damit, die Koksbeutel einzusammeln. Er wollte nicht riskieren, dass sein Vater sie sah. Erschöpft krabbelte er zur Tür und griff nach dem Packpapier. Dort ließ er die Beutel hineinfallen, richtete sich dann wieder auf und kämpfte sich auf dem Weg zum Schrank durch einen Berg Klamotten. Er öffnete die Schranktür, ließ das Kokspäckchen im einzig leeren Fach verschwinden und griff willkürlich nach ein paar Kleidungsstücken, um sie als Sichtschutz davor zu stopfen. Anschließend trat er einen Schritt nach hinten und warf die Schranktür zu. Einen kurzen Moment blieb er noch regungslos stehen, bevor er weiter rückwärts taumelte und sich zurück aufs Bett fallen ließ. Er stützte sich mit den Ellenbogen auf seine Beine und lehnte sein Gesicht gegen seine Hände. Er wollte, dass sein Kopf funktionierte, doch sein verkaterter Zustand erschwerte ihm jegliches Denken. Lediglich vereinzelte Gedankenfetzen erreichten seinen Verstand und ließen ihn das gestrige Treffen mit Pawlow Revue passieren. Zum einen erinnerte er sich daran, dass alles wie geplant gelaufen war, zum anderen daran, gekokst und viel Geld von Pawlow erhalten zu haben. Erschrocken riss er seine Hände aus dem Gesicht, griff in seine Hosentasche und atmete erleichtert auf, als er ertastete, wonach er gesucht hatte. Er zog die Geldscheinbündel heraus, nahm sie in beide Hände und ließ die Scheine zwischen seinen Daumen flattern. Drei Tage gab Pawlow ihm Zeit, um den inszenierten Deal durchzuführen. In drei Tagen wollte er fünf Kilo Koks sehen und hatte Alex dafür 140.000 Euro anvertraut. Damit hatte Alex einen der schwierigsten Teile seines Auftrags gemeistert. Alles Weitere musste er mit dem Spanier besprechen. Er würde ihn später anrufen. Doch jetzt musste er erst einmal zur Besinnung kommen. Noch immer fühlte er sich, als ob er die ganze Nacht gefeiert hätte. Er war müde und wollte am liebsten weiterschlafen. Vermutlich hätte er das auch getan, wenn nicht so viel anstehen würde.
    Erneut stand er auf, schritt zum Wandregal und griff nach seinem Modellauto. Er nahm es in seine Hände und drehte es um. Auf der Unterseite des schützenden Plexiglases hatte er den Schlüssel seiner Schreibtischschublade mit Tesafilm fixiert. Er löste ihn, stellte das Auto zurück und ging weiter zum Schreibtisch. Dort schloss er die oberste Schublade auf. In ihr hatte er damals die Pistole versteckt, die Diego ihm aufgezwungen hatte. Er legte die Geldbündel in das Fach und schob sie so weit wie möglich nach hinten. Dort glaubte er sie sicher vor neugierigen Augen. Als er die Schublade anschließend zuschob und abschloss, erinnerte er sich daran zurück, wie er Ben damals im Garten mit der Pistole erschreckt hatte. Er hatte Ben für ein Mitglied der Pokerbande gehalten, auf ihn gezielt und sich dabei perfekt blamiert. Er wollte weiter darüber nachdenken, doch plötzlich breitete sich ein seltsames Gefühl in ihm aus. Fast zeitgleich füllte sich sein Kopf mit Bildern, die er nicht zuordnen konnte. Er sah sich mit Ben. Gestern. Alex schüttelte den Kopf und redete sich ein, die Szenen im Drogenrausch geträumt zu haben. Doch mit jeder Sekunde wurden sie klarer und schlüssiger. Plötzlich nahm sein Blackout Farbe an und zeigte ihm gleich mehrere Situationen auf einmal. Zuerst eine, in der er Ben vor der Villa begegnete, nachdem Iwan und Sergej ihn abgesetzt hatten. Dann eine, in der er Ben mit Jo reden sah. Und zuletzt eine, in der Ben nur in Boxershorts in seinem Zimmer stand und ihn ausgefragte. Bei allen Szenen sah er nur Ben vor seinem geistigen Auge. Sich selbst sah er weder reden noch agieren.
    Alex fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Er musste geträumt haben. Es gab keinen Grund oder Anlass, der Ben zurück nach Hamburg geführt haben könnte. Doch während er seine Erinnerungen als eine Art Fiebertraum abzutun versuchte, kamen Zweifel in ihm auf.
    Was, wenn

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