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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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Augen. Er wollte ihm die Wahrheit vorenthalten, schaffte es aber nicht, diese Augen zu belügen.
    „Der Spanier“, antwortete er deshalb.
    Ben nickte.
    „Willst du drüber reden?“, fragte er.
    Alex warf ihm einen unsicheren Blick zu. Er hatte erwartet, dass Ben zunächst über das, was gerade zwischen ihnen vorgefallen war, sprechen wollte. Normalerweise war das seine Art. Doch stattdessen tat er, als wäre der Sex eine Selbstverständlichkeit. Vermutlich wollte er Alex nicht in Verlegenheit bringen.
    Alex atmete einmal tief ein. Die Worte des Spaniers schallten durch seinen Kopf: „Und halt deinen Freund im Zaum! Du weißt, was sonst passiert. Ich werde kein weiteres Mal Rücksicht auf ihn nehmen.“
    „Ich kann nicht“, erwiderte Alex.
    „Bitte!“, flehte Ben. „Ich mach‘ mir wirklich Sorgen, und ich finde, ich sollte erfahren, was hier abgeht. Immerhin schein‘ ich in der ganzen Sache mit drin zu hängen.“ Er stockte kurz. „Oder was war das vorhin an der Elbe?“
    Alex senkte den Blick. Sein halber Verstand schwamm noch in dem betäubenden Gefühl, das der Sex in ihm hinterlassen hatte. Er war so anders gewesen. So intim.
    „Willst du’s wirklich hören?“, fragte er.
    „Würde ich sonst fragen?“
    Alex seufzte und ließ sich zurück auf den Rücken plumpsen. Er zog die Decke über seinen Körper und schloss die Augen. Er hatte das Bedürfnis, Ben alles zu erzählen, fürchtete sich aber vor den Konsequenzen. Was, wenn der Spanier ihm tatsächlich etwas antun würde? Die Narben auf Bens Brust waren Beweis genug, dass er dazu fähig war. Trotzdem wollte er Ben sein Vertrauen schenken, ihm eine zweite Chance geben.
    „Aber du musst dichthalten“, sagte Alex. „Wenn du nicht dichthältst, bringen die dich um.“
    „Versprochen“, erwiderte Ben knapp.
    Alex seufzte erneut, klemmte sich die Hände unter den Kopf und starrte gen Zimmerdecke.
    „Weißt du noch an der Eisbahn?“, begann er. „Ich dachte echt: Wow, jetzt bist du ein Mensch wie alle anderen, alles wird gut.“ Er lachte bitter auf. „Und dann der Unfall … Ich dachte, du stirbst.“
    Alex drehte sich zu Ben. Er hob seine Hand und fuhr über die Narben auf dessen Brust. „Ich hatte noch nie so ‘ne Scheißpanik …“, murmelte er.
    Ben öffnete seine Augen und schaute ihn an. Er wirkte in sich gekehrt - als ob Alex‘ Worte ihn dazu bewegten, das Geschehene noch einmal Revue passieren zu lassen.
    „Und jetzt dacht‘ ich“, fuhr Alex leise fort, „ich würd‘ dich nie wieder sehen.“
    Ben öffnete seinen Mund, um etwas zu sagen, doch Alex hielt ihn mit einem leichten Kopfschütteln davon ab.
    „Eigentlich wollt‘ ich dich auch nicht mehr sehen“, fügte er hinzu. „Ich wollt‘ dich nie wieder in irgend’ne Scheiße mit reinziehen.“
    „Du hättest mit mir reden sollen“, entgegnete Ben. Er sah verletzt aus. „Das wäre das Mindeste gewesen.“
    „Das konnte ich nicht“, erklärte Alex. „Am Tag vor deiner Abfahrt … Ihr …“ Er stockte, holte tief Luft und suchte nach den richtigen Worten. „Ihr habt die Polizei einmal zu oft eingeschaltet.“ Wieder stockte er, fuhr sich mit der flachen Hand durchs Gesicht und richtete sich zum Sitzen auf. Wirre Bilder zogen durch seinen Kopf und erinnerten ihn an all das, was der Spanier ihm angetan hatte.
    „Hey …“, flüsterte Ben, setzte sich ebenfalls auf und legte eine Hand auf Alex‘ Rücken. „Was ist passiert?“
    Alex schüttelte den Kopf. Er war völlig überfordert.
    „Nachdem wir uns an der Elbe gestritten hatten“, erzählte er weiter, „da … Die Typen haben mir aufgelauert. Die … die haben mich gepackt, betäubt und mitgenommen.“
    „Was?“, platzte es aus Ben. „Die haben dich entführt? Deswegen warst du plötzlich verschwunden?“
    Alex nickte kaum merklich.
    „Ach, du Scheiße …“, murmelte Ben.
    Seine Hand rutschte von Alex‘ Rücken und legte sich stattdessen auf seinen Mund. Er wirkte fassungslos.
    „Die haben mich in ‘nen Keller gesperrt, mir gedroht, mich geschlagen und mir die Haare abgeschnitten, damit ich aussehe wie ‘n Mann und nicht wie ‘ne beschissene Schwuchtel.“ Er lachte gequält. „Ich musste in die Ecke pissen, hatte kein Essen, kaum Trinken … Einer von denen wollt‘ mich sogar zwingen, seinen dreckigen Schwanz in den Mund zu nehmen.“
    Das Erlebte sprudelte nun ungehemmt aus ihm heraus. Er spürte Bens Blick auf sich, schaffte es aber nicht, zu ihm aufzusehen. Er starrte ausdruckslos vor sich ins

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