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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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zog er von seinen Schultern und warf es vor sich auf den Boden. Dann griff er nach seiner Armbanduhr, die er kurz vor dem Einschlafen auf seinem Nachtschrank abgelegt hatte, und band sie sich um. Es war erst Viertel nach acht.
    Leise seufzte er auf und blickte sich im Zimmer um. Gerade so, als ob er nach etwas suchte, das ihn auf die erlösende Idee brachte. Doch da war nichts. Er hatte dem Spanier geschrieben, dass er das Geld bis heute besorgen würde. Allerdings wusste er nicht wie. Die gesamte Situation ähnelte der vor wenigen Wochen, als er ebenfalls verzweifelt auf seinem Bett gesessen und darüber nachgedacht hatte, Jo um Hilfe zu bitten. Auch dieses Mal gab es keine andere Möglichkeit. Er musste Jo mit in die Sache einbeziehen. Dennoch fürchtete er sich davor. Erst am Vorabend hatte sich ein Gespräch zwischen ihm und seinem Vater zu einem Streit entwickelt, nachdem Jo ohne sein Wissen die Polizei eingeschaltet hatte. Doch genau die wollte Alex aus der Angelegenheit heraushalten. Er hatte keine andere Wahl. Er musste sie heraushalten. Ansonsten würde er Ben in Gefahr bringen. Sein Vater sah das allerdings anders.
    Müde stand er auf und zog die Vorhänge zur Seite. Mittlerweile lag nur noch wenig Schnee auf den Straßen. Nur am Rand gab es noch graue Schneedeiche, die mit jedem weiteren Grad mehr Schmutz freilegten.
    Er wusste nicht, was er tun sollte. Eigentlich wartete er auf Bens Anruf. Der Dunkelhaarige hatte anders als üblich geklungen, nahezu verzweifelt. Alex hoffte, dass noch nichts vorgefallen war, von dem er nichts wusste. Doch im Grunde glaubte er Ben in Sicherheit.
    Als er sich wieder setzte, knisterte es unter ihm. Er richtete sich noch einmal auf und zog die zusammengefalteten Blätter aus seiner Hosentasche. Es war der Brief, dem er Ben vor dem Unfall hinterlassen hatte – in der Hoffnung, dass dieser ihn verstehen und die Sache allein regeln lassen würde. Natürlich hatte er sich da geirrt und hätte eigentlich damit rechnen müssen. Er kannte Ben noch nicht lange, aber gut genug, um zu wissen, dass Ben in jeglicher Art und Weise helfen wollte. Immer.
    Er nahm den Brief und faltete ihn auf. Das Papier war völlig zerknittert. Blitzförmige Falten schlängelten sich durch die geschriebenen Zeilen. Alex strich die Seiten glatt und blätterte auf die letzte Seite. Anschließend las er ein paar Zeilen.
    „In erster Linie will ich meine Schulden loswerden, dann will ich der alten Frau, die wir bestohlen haben, das Geld zurückgeben … und wegen dem Studenten will ich zur Polizei.“
    Die Worte verschwammen vor seinen Augen. Ein bitteres Gefühl breitete sich in ihm aus, das ihm verdeutlichte, wie naiv er gewesen war. Er hatte tatsächlich geglaubt, alles folgenlos rückgängig machen zu können. Er hatte tatsächlich gedacht, dass die Typen ihn in Ruhe lassen würden, sobald er das Geld gezahlt hatte.
    „Das klingt jetzt vielleicht verrückt oder wahnsinnig, aber ich muss den ganzen Scheiß einfach hinter mir lassen, um neu anfangen zu können. Ich will gestehen oder aussagen oder wie auch immer man das nennt, was ich in meiner Situation tue. Erst wenn ich das getan hab, fühl ich mich bereit für einen Neuanfang. Dann würde nichts mehr zwischen uns stehen.“
    Alex lachte gequält. Ja, er hatte sich das Ganze so einfach vorgestellt. Er hatte die ganze Sache beenden wollen und den Brief mit einem guten Gewissen geschrieben. Dass letztendlich genau dieser der entscheidende Fehler war, den er begangen hatte, kam ihm absurd vor. Aber es war die Wahrheit. Hätte es den Brief nicht gegeben, wäre Ben ihm nicht gefolgt. Es wäre zu keiner Auseinandersetzung zwischen ihm und Diego gekommen, es hätte keinen Schuss gegeben und niemand wäre verletzt worden.
    Warum hatte er nur alles allein regeln wollen? Er hätte alle Probleme anders regeln sollen. Aus der Tatsache, sich dem Pokerclan anschließen zu müssen, hätte er sich beispielsweise mit Jos Hilfe und etwas Geld freikaufen können. Das wäre sicher die bessere Variante gewesen. Doch jetzt war es, wie es war. Man konnte die Zeit nicht zurückdrehen, um in einem zweiten Versuch einen besseren Weg einzuschlagen. Jetzt musste er zu seinen Fehlern stehen und ausbaden, was er angerichtet hatte. Deshalb wollte er dieses Mal keinen weiteren Fehler begehen. Dieses Mal musste er Jo das Ausmaß der Drohung und der Bande verdeutlichen und darum kämpfen, sein Verständnis zu erhalten. Gleichzeitig musste er mit dem Spanier eine Einigung finden, um

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