Sommermond
seiner Jackentasche verschwinden. Nur einen Augenblick später trat Ben aus der Villa und kam nach vorn gebeugt auf ihn zu. Seine Arme hielt er um seinen Oberkörper geschlungen. Offensichtlich hatte er Schmerzen.
„Na, haben die dich gehen lassen?“, fragte Alex überreizt. Erneut zog er an seiner Zigarette und aschte auf den Boden.
Ben blieb einen halben Meter vor ihm stehen und blickte ihm fest in die Augen.
„Die wollen uns wirklich helfen!“, erwiderte er aufgebracht. „Kapierst du das denn nicht?“
„Nein!“, entgegnete Alex sofort und deutete mit dem Zeigefinger auf Ben. „ Du kapierst nicht!“
Mit diesen Worten wandte er sich ab und schritt von der Einfahrt. Ohne auf vorbeifahrende Autos zu achten, überquerte er die Straße und eilte die Treppen zur Elbe hinunter. Er hörte, dass Ben ihm folgte. Deshalb wurde er mit jeder Stufe schneller und hoffte, dass Ben in seinem Zustand nicht mit ihm Schritt halten konnte. Er wollte allein sein und in Ruhe über alles nachdenken. Er brauchte jetzt eine Auszeit, um zu verinnerlichen, was innerhalb der letzten Stunde geschehen war.
Schnurstracks trat er zur Elbe, warf die abgebrannte Zigarette neben sich in den Sand und schob seine Hände in die Hosentaschen. Angespannt blickte er auf das Wasser und gab die Flucht vor Ben schließlich auf. Der Dunkelhaarige würde sowieso nicht locker lassen. Außerdem konnte er Ben keine zu weite Strecke zumuten. Eigentlich sollte er überhaupt nicht hier draußen sein, sondern in seinem Bett in der Villa, um sich zu schonen.
Es dauerte einen ganze Weile, bis Ben ihn eingeholt hatte. Erschöpft ein- und ausatmend blieb er neben Alex stehen und setzte sich mit schmerzerfülltem Gesicht auf die kleine Steinmauer. Alex mied seinen Blick. In seinen Adern strömte adrenalingetränktes Blut. Nervös nahm er sich eine weitere Zigarette und zündete sie an. Er spürte Bens festen Blick auf sich, ließ sich davon allerdings nicht irritieren.
„Alex, wenn wir nichts unternehmen, werden die nie aufhören!“, begann Ben das Gespräch. „Du weißt genauso gut wie ich, was Diego gesagt hat. Die wollen nicht nur das Geld … Die wollen dich .“
Alex inhalierte den herben Rauch und atmete ihn langsam aus. Er schwieg erst einmal.
„Im Grunde haben die dich schon fast“, fuhr Ben fort. „Du tust doch schon längst alles, was die von dir verlangen.“
Alex zog erneut an seiner Zigarette. So kräftig, dass ein großes Stück abbrannte.
„Ich wollte dir nicht in den Rücken fallen“, erklärte Ben.
„Bist du aber“, unterbrach ihn Alex. „Ich hab‘ dir vertraut und was machst du?“
Er zog ein letztes Mal, behielt den Rauch besonders lange in seiner Lunge und atmete ihn anschließend in einem langen Strahl aus. Er spürte, wie sein Blut das Nikotin aufnahm und es blitzschnell durch seinen Körper jagte.
Ben senkte seinen Blick. Er krümmte sich nach vorn und schien starke Schmerzen zu haben. Doch Alex war innerlich blockiert und nahm deshalb keine Rücksicht auf ihn.
„So was allein durchzuziehen …“, nuschelte Ben. „Das kann nicht gut gehen. Du siehst doch, wozu das geführt hat.“
Alex funkelte ihn an.
„MANN!“, schrie er. „Ich hab‘ dir vertraut, aber du hast anscheinend überhaupt nichts kapiert!“
„Oh, doch!“, gab Ben überreizt zurück und richtete sich trotz seiner Schmerzen auf. Wütend tippte er sich auf die Brust. „Ich bin derjenige, der fast draufgegangen wäre. Schon vergessen?“
Alex schüttelte fassungslos den Kopf. Er erkannte Ben nicht wieder. Der Dunkelhaarige schien sich dem Ausmaß seines Verhaltens nicht bewusst zu sein. Im Grunde waren sie beide zu aufgebracht. Deshalb wollte Alex das Gespräch an dieser Stelle beenden. Er wandte sich ab und schritt nach links Richtung Hafen. Doch Ben ließ sich nicht abschütteln. Er folgte ihm erneut.
Alex schnaubte aufgeregt. Er war so angespannt, dass er jeden einzelnen Muskel in seinem Gesicht spüren konnte. Wortlos ging er weiter und versuchte Ben zu ignorieren.
„Mann, Alex!“, rief dieser ein paar Meter hinter ihm. „Ich hab‘ einfach Angst! Verstehst du das nicht? Angst um dich, Angst um mich … Angst um uns.“
Diese Worte gaben Alex nur einen Grund mehr, sich in seiner Ansicht bestätigt zu fühlen. Er blieb stehen und drehte sich wütend zu Ben um. Der stand nach vorn gebeugt da und stützte sich mit den Händen auf seinen Knien ab. Er war sehr blass. Um das zu sehen, genügte auch das fahle Mondlicht.
Alex trat ein
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