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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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entgegnen, brachte aber kein einziges Wort hervor. Seine Mutter sprach Dinge aus, die er nicht hören wollte. Ihr zunächst entgegengebrachtes Verständnis fiel nun wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
    „Du musst erst mal wieder gesund werden“, fuhr sie fort. „Dein Studium beginnt bald und wir müssen zurück nach Flensburg. Du hast noch so viel vor dir und wir haben einfach Angst, dass du dir das kaputt machst und deine ganze Kraft für jemanden aufbringst, der dir nichts zurückgeben kann.“
    Ben hörte zu. Ein Brennen zog durch seinen Magen. Seine Mutter beschrieb die Realität und riss ihn damit so radikal aus der Welt, die er sich in Hamburg aufgebaut hatte, dass es schmerzte.
    „Vielleicht braucht ihr erst einmal etwas Abstand zueinander. Vielleicht müsst ihr beide zu euch kommen und warten, bis die ganzen Probleme aufhören.“
    „Mum …“, murmelte Ben und wollte sie damit zum Schweigen bringen. Doch sie sprach unweigerlich weiter.
    „Ihr kennt euch doch kaum“, sagte sie. „Ihr könnt doch nicht alles füreinander aufgeben. Gebt euch doch –“
    „MUM!“, unterbrach Ben sie, dieses Mal laut und deutlich.
    Seine Mutter verstummte und sah verunsichert aus.
    „Mum, ich liebe ihn!“, sagte Ben und blickte ihr dabei fest in die Augen.
    Daraufhin senkte sie ihren Blick und nickte wortlos.
    „Ich weiß“, flüsterte sie.
    „Weißt du?“ Ben gestikulierte aufgebracht vor sich in der Luft. „Es war echt hart, mir seine Liebe zu erkämpfen und das will ich jetzt nicht einfach aufgeben!“ Er stockte und nahm seine Hände wieder herunter. „Ich liebe ihn und da spielt es keine Rolle, was andere über uns denken oder was für Probleme er hat.“
    Gespannt wartete er auf eine Reaktion seiner Mutter. Doch sie saß lediglich da und schien seine Worte zu verdauen. Erst nach einigen Minuten des Schweigens sah sie wieder auf und lächelte. Sie beugte sich vor und hauchte Ben einen Kuss auf die Stirn. Danach nahm sie sein Gesicht in ihre Hände und strich ihm mit beiden Daumen über die Wangen.
    „Es sollte mehr Menschen wie dich geben“, sagte sie leise. „Und ich bin stolz auf dich.“ Sie pausierte und ließ behutsam von ihm ab. „Ich bin wirklich stolz, einen so tollen Sohn zu haben.“
    Ben blickte verwirrt zu ihr auf. Mit einer derartigen Reaktion hatte er nicht gerechnet. Ihm fehlten die Worte.
    „Wenn ihr euch wirklich liebt“, fuhr seine Mutter fort, „dann schafft ihr das auch. Alex kann sich wirklich glücklich mit dir schätzen. Vermutlich weiß er das auch, braucht aber noch etwas Zeit, das zu begreifen.“
    Ben schluckte, während er seine Mutter anschaute. Diese stand nun vom Bett auf und schritt zum Nachtschrank. Sie griff nach dem Frühstückstablett und legte es vorsichtig auf seinen Schoß.
    „Lass es dir schmecken!“, sagte sie. „Ich habe extra Croissants besorgt.“
    Mit diesen letzten Worten ging sie zur Tür. Sie drehte sich kein weiteres Mal um, verließ das Zimmer und zog die Tür hinter sich zu.
    Ben schaute ihr noch einen Moment lang hinterher, bevor er geistesabwesend vor sich auf das Essen starrte. Er war froh, dass ihm wenigstens seine Mutter ein derartiges Verständnis entgegenbrachte. Dennoch konnte er sich nicht ausnahmslos darüber freuen. Etwas anderes zerriss seine Emotionen und verbreitete ein ungutes Gefühl in seinem Inneren. Er dachte an die ersten Worte seiner Mutter. Daran, wie sie gesagt hatte, dass Alex ihm nicht gut tat, weil es aktuell zu viele Probleme gab, die sich ihnen in den Weg stellten. Diese Worte taten ihm weh. Er wusste auch, warum.
    Sie hatten ihn so berührt, weil sie wahr waren. Es sind immer wahre Worte, die die Kraft besitzen, einen zutiefst zu berühren, einen nachdenklich zu machen und einen zu verletzen. Es sind die Dinge, die man in seinem tiefsten Inneren weiß, aber dennoch nicht hören will. Deshalb wusste Ben, dass seine Mutter recht hatte. Sein Körper befand sich zurzeit in keinem Zustand, in dem er sich auf weitere Strapazen einlassen konnte. Zudem gab es sein Studium, das ihm sehr viel bedeutete, und nicht zuletzt die Entfernung zwischen Hamburg und seiner Heimatstadt. In Flensburg wartete sein altes Leben auf ihn. Es wartete darauf, weitergeführt zu werden. Das machte ihm Angst. Er glaubte, sich in Hamburg zu stark verändert zu haben und nicht mehr zu wissen, wie er seinen Freunden aus Flensburg gegenübertreten sollte. Sein Studium war in letzter Zeit in Vergessenheit geraten. Er war ausnahmslos für Alex da

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