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Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Donohue
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wie Feuer leuchten ließ. Ich hörte, wie er M. LaChance einen guten Preis bot, er wolle mich kaufen und zu seiner Braut machen. Hätte der Master das Ganze nicht für reine Sünde gehalten, hätte ich womöglich ein anderes Schicksal erlebt, doch er lachte nur über den Cajun, und wir zogen am nächsten Morgen weiter und erreichten New Orleans nach einer Woche.«
    Der alte Mann hielt abrupt inne, denn der letzte Satz stand auf ihrem kleinen Finger der linken Hand, und das Kapitel endete mitten in der Luft. Da er den Anfang des nächsten Teils ihrer Geschichte ausfindig machen musste, suchte er ihre Haut behutsam nach der richtigen Stelle ab. Vielleicht war es ein Versehen, dass er ihr zu nahe kam und das Gleichgewicht verlor, aber als er den Arm ausstreckte, um seinen Sturz abzufangen, landete seine Hand direkt auf ihrer Brust. »Pardonnez-moi«, sagte er, aber sie kicherte nur sanft und antwortete: »Je connais la chanson.« Er nahm die Hand weg und setzte seine Suche mit Blicken fort.
    Draußen vor dem kleinen Fenster stieß und flatterte etwas gegen die Scheibe, und als ich den Vorhang zurückzog, sah ich eine gewaltige blassgrüne Motte, die unbedingt ans Licht im Badezimmer wollte. Ein Dutzend kleinerer klebten an der Scheibe. Die Schatten der tiefen Nacht hinter ihnen gaben nichts preis. Alle Häuser der Nachbarschaft standen still und dunkel wie ein Gebirgszug da, mit schlafenden Bewohnern in behaglichen Betten. Ich beneidete sie um ihren Frieden und ihre Träume, und zum ersten Mal, seit ich auf den Kopf geschlagen wurde und gestürzt war, überlegte ich, ob nicht auch ich in Wahrheit neben meiner Liebsten in meinem Bett schliefe und die ganze Nacht bloß eine Halluzination sei, die ein mittäglicher Burrito ausgelöst haben könnte. Der Alte, Alice, Jane, Dolly, das Baby zu unseren Füßen, alle bloß Schauspieler in einem ausgeklügelten Traum. Vielleicht sogar die Fahrräder auf dem Rasen, der ganze Junitag, der sich bis in diese wunderliche Nacht hineindehnte. Um mir darüber klar zu werden, kniff ich mich in den Oberschenkel, wie es einem immer angeraten wird, doch der heftige Schmerz war reichlich real.
    »Voilà!« , rief der alte Mann. Die Geschichte ging längs ihres Schlüsselbeins weiter und lief dann an ihrem rechten Arm hinunter.
    »Am 8. Dezember 1768 kamen wir in der größten Stadt von ganz Louisiana an. Einige Leute im alten Teil der Stadt hielten sich an den Lyoner Brauch und feierten die Fête de la Lumière, denn auf den Fensterbänken ihrer Häuser brannten Kerzen in farbigen Glaskrügen, ein magischer Anblick, so wie rot, gelb und blau glühende Sterne. Als ginge man um Mitternacht unter einem Regenbogen spazieren. An der Ecke eines hübschen Sträßchens stand das Haus, zwei Stockwerke hoch und mit einem ehernen Geländer, das die gesamte Breite des Mezzanins umsäumte, und von der Straße öffnete sich eine Tür aus schwarzem Walnussholz zu einer Eingangshalle. M. LaChance zündete eine Kerze an und gab sie mir in die Hand. Die Flamme tanzte im Dunkeln wie ein Gespenst. Niemand hieß uns willkommen, was vielleicht an der späten Stunde und unserem unvorhergesehenen Ankunftstag lag, dennoch beunruhigte mich die Stille. Auf der langen Reise von der Insel hatte M. LaChance mir alles über seine Familie und die häusliche Lage erzählt, und ich hatte mir eine andere Begrüßung erhofft als diese geisterhafte Leere. Stattdessen flüsterte mir der Master nun Gute Nacht zu und deutete mit seinem Spazierstock auf ein Zimmer hinter der Küche. Dort unten findest du Hachard, sie wird schlafen wie ein Stein, sagte er, doch weck sie, und sie wird dir dein Bett zeigen. Früh am Morgen machen wir uns ans Werk. Nach diesen Worten watschelte er zur Treppe. Bei jedem Schritt ächzten und stöhnten die Bodendielen unter seiner gewaltigen Leibesfülle.
    Bist du es, mein Engel?, fragte Hachard, als ich das winzige Zimmer betrat und sie aus ihrem Schlummer weckte. Nein, ich bin es, Marie, das neue Mädchen, das der Master aus Saint-Domingue mitgebracht hat. Sie trat in den Schein der Kerze und war nun nah genug, dass ich das Grau in ihrem Haar und die dunklen Ringe um ihre Augen sah. Vier Vorderzähne fehlten in ihrem Mund, und der Wind pfiff in ihren Worten. Bestürzung flackerte in ihrem Blick, doch schließlich verstand sie, wer ich war. Ich habe auf dich gewartet, sagte sie, aber du bist ja noch ein ganz junges Mädchen. Alt genug, um zu heiraten, sagte ich, alt genug, um allein für mich zu sorgen.

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