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Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Donohue
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Bademantels zu verbergen, nicht jedoch bevor ich die Ansammlung von Nuggets sehen konnte, die so groß und zahlreich waren wie ein Mund voller Zähne.
    Angesichts unseres ungleichen Glücks übertrug sich ein zwitscherndes Kichern von Frau zu Frau. Ich wusste auf Anhieb, dass Flos Geschichte mit einem gewissen Maß an Schicksal und Glück einherging, so wie alle diese Geschichten über das Reichwerden. Ich war nie ein Glückspilz, weder was die Liebe angeht noch das Geld, ich bin eher ein zielstrebiges Arbeitstier. Eher Verdruss als Genuss. Als das Gekicher in Gelächter überging, wählte ich die einzig annehmbare Option: Ich steckte den Finger in den Mund und schluckte das Goldfitzelchen herunter.
    »Ich sehe, auch du hast Appetit darauf«, sagte Flo, als sie den Duschvorhang wieder zuzog.
    Ein Biss – oder einmal vom Goldfieber erfasst –, und man gibt nicht auf, bis man Erfolg hat oder aber Körper und Seele von ihm zerstört sind. Viele, die an den Flüssen schufteten, die um die halbe Welt gesegelt waren oder die staubigen Trails bezwungen hatten, waren an dieser Erfahrung zugrunde gegangen und kehrten ärmer wieder nach Hause zurück oder aber begannen ein neues Leben in Kalifornien, oben bei Sacramento, oder wurden von der Barbary Coast bei San Francisco angelockt. Womöglich Seite an Seite im selben Fluss. Der eine wird reich, der andere bleibt ein Narr.
    Flo und Jamie steckten an der Biegung eines Nebenflusses des American River ein Claim ab und arbeiteten berauscht in Zwölfstundenschichten, nur am Tage des Herrn – wie befohlen – ruhten sie. Die ersten vier Monate fristeten sie ein Dasein mit kaum mehr als Hoffnung und Mut, genug, um sie am Ort zu halten und nicht aufzugeben, und war der eine niedergeschlagen, trieb ihn der andere an. In einer natürlichen Wasserrinne flussabwärts hoben vier Mexikaner aus Sonora ein reiches Vorkommen aus, und obwohl Flo und Jamie nicht ein Wort Mexikanisch verstanden, nahmen sie ausreichend wahr, um sagen zu können, wann das Glücksrad auf jemanden zuschwenkt.
    »Die Jungs da«, sagte Jamie, »wissen was, das wir nicht wissen. Wir rackern uns für ein paar Bröckchen ab, und die da weiter vorne haben bestimmt eine Unze am Tag rausgezogen.«
    Sie dachte ein Weilchen nach, legte ihre Goldpfanne aus der Hand, stieg den Hang hinauf und beobachtete die vier in der Ferne. In dieser Nacht über ihren Bohnen und dem Hasenbraten traf sie plötzlich die Idee wie der alte Apfel von Newtons Baum. »Schwerkraft«, verkündete sie, als hätte sie sie entdeckt. »Den Begriff schon mal gehört? Er besagt, je schwerer ein Gegenstand ist, desto tiefer steckt er im Boden. Wir sind auf einem Hügel und sie in der Senke. Dort, wo der Fluss sich natürlich neigt, da müssen wir gucken. Das ganze Gold ist dort in die Tiefe gesunken wie ein Schatz auf den Grund des Meeres.«
    Mit dem Schenkelknochen des Hasen deutete Jamie auf sie wie ein Schulmeister, der seine Lektion unmissverständlich klarmacht. »Flo, wenn du recht hast, dann tun wir an diesem Claim hier nichts mehr. Wir geben es auf und suchen ein neues weiter unten, das macht uns das Leben leichter.«
    Innerhalb eines Vormittags schnürten sie ihr Gepäck auf die Maultierstute und begaben sich auf die Suche nach einem einträglicheren Ort, und nach drei Tagen hatten sie ihn gefunden. Aus der ersten Goldpfanne lasen sie zwei Nuggets, groß wie Sonnenblumenkerne. Jams hielt sie zwischen Zeigefinger und Daumen gegen das strahlende Sonnenlicht und verkündete ihr: »Mädchen, unsere Zukunft ist gesichert.« Aus diesem Loch gruben sie in drei Monaten Gold im Wert von zwanzigtausend Dollar und verließen es erst, als sie einen Chinesen und dessen Bruder angeheuert hatten, die ihre Arbeit fortsetzten und die restlichen Funde mit ihnen teilten. Es waren zwei gelbe Männer mit Namen Lee, ehrlicher als zwei Mönche, mit denen sie sich mit zwölf englischen Wörtern verständigen konnten. Jeden Abend brachten sie ihr Tagwerk in das kleine Haus, das Jamie in der Nähe gebaut hatte, um mit ihnen abzurechnen. Er war zufrieden mit den Einnahmen und wollte die Arbeit aufgeben, ein luxuriöses Leben führen, vielleicht nach Kentucky zurückkehren und einige Pferde anschaffen, aber sie ließ ihn nicht. »Wir haben unseren Grips«, sagte sie. »Und aus der winzigen Eichel erwächst die mächtige Eiche. Wir müssen diesen Samen einpflanzen, unser Geld investieren und es wachsen sehen.«
    Obwohl Flo schon längst die Goldfelder verlassen hatte,

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