Sommernachtszauber (German Edition)
im Gesicht und einem schlecht sitzenden Anzug, der bei einer Party im Haus seiner Mutter in der Ecke gestanden und alle mit seinen Ansichten gelangweilt hatte. Zudem hatte er sich blendend mit den Spitzen der Partei unterhalten, die seine Mutter eingeladen hatte. Damals war sie bereits mehrere Male mit Goebbels, diesem widerlichen Klumpfuß, zum Abendessen aus gewesen.
Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Mia und Ben zu.
Der sagte nun: »Allerdings. Ich bewundere die Filme deines Urgroßvaters, auch wenn sie natürlich durch ihre geschichtliche Einbindung kontrovers sind. Zum Abitur hat unsere Theatergruppe ein Stück von Joachim Weiss aufgeführt. War das dein Großvater? Lebt er noch?«
»Nein. Nicht mehr. Er ist vor ein paar Jahren gestorben. Aber wir haben immer bei ihm am Wannsee gewohnt, und ich durfte in seinem Arbeitszimmer spielen, wenn er schrieb. Nur still musste ich dabei sein. War gar nicht so einfach.«
Ben lachte und Mia fügte hinzu: »Du solltest uns mal besuchen kommen! Dann zeige ich dir das Haus. Ist was ganz Besonderes.«
»Gerne. Aber jetzt muss ich gehen. Carlos wartet!«
»Dann schreib dir doch meine Nummer auf«, sagte Mia.
Ben zögerte unmerklich. »Sicher doch. Gibst du sie mir?«
Während Ben die Nummer eintippte, saß Caroline in sich zusammengesunken am Bühnenrand. Johannes wollte ihr einen Arm um die schmalen Schultern legen, denn er spürte ihre Nervosität und ihre Unruhe. Sie hatte gerade alles gegeben und musste nun denken: War das genug?
Was konnte er tun, um sie aufzubauen? Nichts. Ganz im Gegensatz zu Ben, der neben ihr in die Knie ging. Sie sah auf und wirkte überrascht. Johannes ballte die Fäuste, als Ben Caroline auf beide Wangen küsste und sagte: »Tschüss, Caroline. Gut gemacht.«
»Danke«, antwortete sie leise.
»Also dann …«, sagte er und schenkte ihr, wie Johannes vermutete, sein strahlendes und überzeugendstes Lächeln.
Caroline nickte nur stumm und Ben zögerte noch einen Moment.
Also dann, verschwinde! , dachte Johannes, als Ben noch einmal kurz winkte und schließlich zu Carlos und Simone ging. Die drei begannen, leise miteinander zu reden.
Mia kam zu Caroline gesprungen. »Er hat mich nach meiner Nummer gefragt! Hast du das gehört? Ich habe so gut wie ein Date mit Ben van Behrens! Ich kann’s nicht fassen!«
»Ein Date mit ihm? Du hast ihm deine Nummer aufgedrängt!«, lachte Caroline und schüttelte ungläubig den Kopf. »Deinen Mut möchte ich haben!«
Mia zuckte mit den Schultern. » Carpe diem . Wer nicht fragt, bekommt nichts. Du traust dich immer zu wenig, Caroline.«
»Und du übertreibst gerne!«, sagte Caroline gutmütig. »Ich weiß noch, wie wir letztes Jahr nach Paris gefahren sind. Erinnerst du dich – damals, als wir uns ewige Freundschaft geschworen haben. Hier in Berlin hast du allen von deinem Freund Karl erzählt. Je näher wir Paris kamen, umso mehr wurde daraus Herr Lagerfeld. Und schließlich standen wir in der Rue Cambon vor verschlossenen Türen!«
Mia lachte und zwinkerte ihr zu. »Pah. Kleinkram. Was nicht ist, kann noch werden.« Sie sah auf ihre schmale Uhr. »Ich muss gehen. Meine Eltern geben ein Abendessen, bei dem ich dabei sein soll. Kann ich dich irgendwo absetzen?«
»Nein danke. Ich nehme die U-Bahn. Ich brauche die Ruhe nach dem Sturm.«
»U-Bahn und Ruhe? Klingt für mich nach einem unüberwindbaren Gegensatz. Wie du willst. Lass uns morgen sprechen. Wer immer die Rolle bekommt: Vergiss nicht – eine für zwei, zwei für eine.«
Sie streckte Caroline die Hand hin, und die schlug ein, sodass ihre Finger sich kurz verhakten. Die Freundinnen umarmten einander, und Johannes gefiel der Anblick, auch wenn ihm die Blonde nicht sonderlich sympathisch war. Schön, wenn man in diesem Beruf noch befreundet bleiben konnte.
Dann beobachtete er, wie Mia noch ihrer beider Sachen aus der Garderobe holte und Caroline ihren Beutel aus bunten Stoffflicken reichte: »Viel Glück, my friend . Aus dir wird eine ganz Große, glaub mir«, sagte sie zum Abschied, ehe sie die Treppen hinuntersprang, Carlos noch einmal zunickte und dann ihr iPhone auf verpasste Anrufe oder Nachrichten überprüfte.
Johannes wartete neben Caroline, obwohl er sich leicht mit der Kraft eines Gedankens in das Foyer hätte bringen können. Carlos, Ben und Simone hatten nun ebenfalls zusammengepackt. Stattdessen begleitete er Caroline, als sie vor den dreien aus dem Saal ging. Ihre Art zu gehen gefiel ihm: Viele große Mädchen machten einen
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