Sommerprickeln
Firma war Mr Glenns ganzer Stolz. Ich bete darum, dass er mit den Anwälten alles gut geregelt hat, damit alles so bleibt, wie er es sich wünschte.«
Annajane erhob sich und klopfte der Sekretärin auf die Schulter. »Ich hoffe, deine Gebete werden erhört, Voncile.«
Sie verdrehte die Augen. »Ich vertraue auf den Herrn«, sagte sie feierlich. »Aber manchmal müssen sich die Schafe in der Herde erheben und selbst auf sich aufpassen. Manchmal ist es an den Gerechten, das Werk des Herrn hier auf Erden für ihn zu verrichten.«
»Also gut«, sagte Annajane und brachte Voncile zur Tür. Kurz fragte sie sich, was für Maßnahmen die Gerechten ergreifen würden, um jemanden wie Celia aus Passcoe zu vertreiben. Dann machte sie sich wieder an die Arbeit.
Irgendwann im Verlauf des Vormittags eilte sie zur Damentoilette, drückte die schwere Tür auf und lief prompt in Celia, die vor dem Spiegel stand und ihr bereits makelloses Make-up auffrischte.
Fast hätte Annajane kehrtgemacht. Aber nachdem sie so viel Quixie getrunken hatte, musste sie dringend aufs Klo. Es gab nur eine Damentoilette auf dem Firmengelände, und zwar da, wo sie jetzt war.
Sie nickte Celia zu und wollte die Tür der nächsten Kabine öffnen, die aber nicht nachgab. Annajane sah, dass sie verschlossen war. Die daneben ebenso. Sie konnte sich nirgends verstecken. Mit verschränkten Armen kehrte sie dem Papierspender den Rücken und starrte unter die Decke, als befände sie sich in der Sixtinischen Kapelle.
Celia schien es nicht besonders eilig zu haben. Sie holte eine große Puderquaste aus der Tasche und bestäubte ihr Gesicht mit gefärbtem Mineralpuder. Dann kramte sie erneut in ihrem Kosmetiktäschchen, holte einen Augenbrauenstift hervor und zog ihre blassen Brauen mit kurzen fedrigen Strichen nach.
Eine Toilettenspülung rauschte, und Patsy, eine Mitarbeiterin aus der Buchhaltung, trat aus der Kabine. Sie schaute von Annajane zu Celia und huschte nach draußen, ohne sich die Hände zu waschen.
Dankbar für die Begnadigung, schoss Annajane in die Kabine. Auch die Spülung neben ihr wurde betätigt, und sie konnte sehen, wie zwei fröhliche rote Ballerinas die Nachbarkabine verließen. Sie hörte Wasser laufen, dann fiel die Toilettentür ins Schloss. Sie wartete noch mal zwei Minuten, nur um sicherzugehen, dass die Luft rein war. Dann trat sie hinaus.
Ihr Mut sank, als sie Celia perfekt geschminkt vor dem Spiegel stehen sah, ein seltsames Lächeln auf den Lippen.
Annajane wusch und trocknete sich die Hände. Sie wollte an Celia vorbei nach der Türklinke greifen, aber Celia machte einen Schritt zur Seite und versperrte ihr so den Ausgang. »Darf ich?«, sagte Annajane.
»Ich brauche nur einen Moment deiner kostbaren Zeit«, sagte Celia. »Dann kannst du deinen Schrott einpacken und diese Firma für immer verlassen.«
»Das darf doch wohl nicht wahr sein«, murmelte Annajane und griff wieder zur Türklinke, doch Celia schlug nach ihrer Hand.
»Und ob das wahr ist, Schätzchen«, sagte sie. »Deshalb hörst du besser gut zu. Ich muss nämlich ein paar Takte mit dir reden.«
»Aha«, sagte Annajane. »Um was geht es denn, Celia?«
»Um dich, es geht um dich!«, gab sie zurück und bohrte Annajane den Zeigefinger ins Schlüsselbein. »Jedes Mal, wenn ich mich umdrehe, steht Annajane Hudgens vor mir. Auf meiner Hochzeit«, sie piekste sie erneut, »im Krankenwagen auf dem Weg zum Krankenkaus.« Pieks. »Im Krankenhaus selbst.« Noch ein Piekser. »Mit meinem Verlobten beim Vögeln im Maisfeld. Und, ach ja, gestern Abend im Restaurant. Hast du gedacht, das bekomme ich nicht heraus?« Wieder stach sie mit dem Finger zu. »Hä?«
Annajane packte Celias Hand. »Fass. Mich. Nicht. An!«, drohte sie. »Nie wieder!« Sie quetschte Celias Finger und ließ sie dann los.
Celia lachte. »Du spukst Mason jetzt schon seit Monaten im Kopf herum. Stellst dich hier zur Schau. Die ganze Stadt lacht über dich. Ja. Aber damit ist jetzt Schluss. Ich habe euch zwei heute Morgen auf dem Parkplatz sprechen sehen. Sehr anrührend. Fast herzzerbrechend. Hat er sich von dir verabschiedet? Hat er erwähnt, dass wir die Hochzeit für diesen Samstag angesetzt haben?«
Hochzeit? Samstag? Annajane hatte das Gefühl, eine Ohrfeige bekommen zu haben, aber sie wollte Celia nicht die Genugtuung gönnen, ihre Bestürzung zu sehen.
»Nein«, sagte sie leichthin. »Er ist nicht bis zur Verkündigung eines Termins gekommen. Aber er hat mir erzählt, dass er gestern Nacht
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