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Sommerprickeln

Sommerprickeln

Titel: Sommerprickeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Kay Andrews
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sie ihn nicht gesehen. Annajane atmete tief durch, stieg aus und verschloss das Auto. Sie musste ihre Würde bewahren und so tun, als sei nichts zwischen ihnen vorgefallen. Genaugenommen stimmte das ja auch. Und es würde auch nichts mehr passieren.
    »Guten Mor…«, setzte sie an, doch als sie ihn richtig betrachtete, verstummte sie.
    Mason hatte dunkle Schatten unter den Augen, sein Haar war nicht gekämmt. Offensichtlich hatte er weder geduscht noch sich rasiert, und er trug noch dieselben Sachen wie beim Essen am Vorabend.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie und zupfte eine Kiefernnadel von seinem Hemdsärmel.
    »Ja«, sagte er und hievte sich den Riemen seiner Tasche über die Schulter.
    »Du siehst aber gar nicht gut aus. Bist du gestern Abend doch nicht nach Hause gefahren?«
    »Schon.« Mason versuchte erfolglos, sein Haar zu glätten. »Aber Celia war da. In meinem Bett«, fügte er mit düsterem Blick hinzu. »Deshalb habe ich spontan einen Campingausflug gemacht.«
    »Camping?«, fragte Annjane verwirrt.
    »Ich habe im Haus am See geschlafen«, erklärte er mit säuerlichem Ton. »Beziehungsweise habe ich es versucht. Inmitten der Waschbären und der Tauben in den Dachsparren habe ich nicht viel Ruhe bekommen.«
    Er beäugte sie misstrauisch. »Und du? Wie war es im Pinecone ?«
    »Herrlich«, sagte Annajane. »Hab geschlafen wie ein Murmeltier.«
    »Freut mich, wenigstens einer«, brummte Mason. Sie standen vor dem Angestellteneingang. Er hielt ihr die Tür auf.
    »Annajane«, begann er.
    »Mason, ich muss wirklich rein und loslegen«, sagte sie, drückte die Schultern durch und betrat den Flur. »Wir müssen unser Cola-Kirsch-Soda verkaufen.«

    An ihrem Schreibtisch überflog Annajane eine halbe Stunde lang im Internet die Angebote für Marketingfachleute. Sie mailte ihren Lebenslauf an mehrere ehemalige Kollegen aus der Zeit in Raleigh und rief Joe Capheart an, um ihm mitzuteilen, dass sie ihn als Referenz angegeben hatte.
    Dann stürzte sie sich wieder in die Arbeit. Sie ging in den Pausenraum zum Getränkeautomaten, um sich in der Hoffnung auf eine Inspirationsquelle eine Dose Quixie zu ziehen.
    Wie immer genoss sie die Kombination von Kohlensäure und süßsaurem Kirschgeschmack. Quixie war wirklich etwas Besonderes, erinnerte sie sich, etwas, das sich zu bewahren lohnte.
    Von Davis bekam sie eine herablassende Antwort auf den neuen Slogan: »Gute Idee!« Den Rest des Vormittags verbrachte sie am Telefon, sprach mit Flaschenproduzenten über die Nachahmung der Quixie-Flasche aus den Fünfzigern. Sie hatte die alten Gussformen in einer verstaubten Ecke des Lagers entdeckt, jetzt musste sie nur noch eine Firma finden, die bereit war, die alten Formen nachzubilden und sofort mit der Herstellung neuer Flaschen zu beginnen.
    Leise klopfte es an ihrer Bürotür. Bevor Annajane den Besucher hereinrufen konnte, öffnete sich die Tür, und Voncile trat ein. »Annajane? Kann ich mit dir reden?«
    »Sicher«, sagte sie und rollte mit dem Schreibtischstuhl zurück. »Was gibt’s denn?«
    Voncile drückte die Tür zu und verschloss sie, dann setzte sie sich nervös auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch und zog den Saum ihres züchtigen braunen Baumwollrocks noch tiefer über die Knie.
    Sie faltete die Hände im Schoß und blinzelte mehrmals, wollte etwas sagen, hielt aber inne, bis die Worte schließlich hervorgesprudelt kamen. Ihre Stimme bebte vor Angst und Empörung.
    »Seit ich fünfzehn Jahre alt bin, arbeite ich für diese Firma. Ich habe für Mr Glenn gearbeitet, er ruhe in Frieden, und dann war ich so glücklich, auch für Mason arbeiten zu dürfen. Und als er Sophie nach Hause brachte, betete ich und rief meine Schwägerin Letha an und sagte ihr, er bräuchte eine gute Frau, die sich um das süße Kind kümmert. Seit zweiunddreißig Jahren arbeite ich für diese Firma.«
    »Das weiß ich«, sagte Annajane beschwichtigend und fragte sich, um was es überhaupt ging. »Und ich weiß, dass Mason und der Rest der Familie deinen und Lethas Einsatz sehr zu schätzen wissen.«
    Voncile nickte. »Letztes Jahr sagte Mason, er könne mich nicht mehr zur Angestellten des Monats machen, weil ich das schon so oft gewesen sei, dass manche sich zurückgesetzt fühlten. Er meinte, er würde mich einfach zur Angestellten des Jahrhunderts machen, dann wäre die Angelegenheit erledigt. Aber ich habe nie eine Bescheinigung oder so bekommen.«
    »Ich denke, das war eine Art Scherz von Mason, Voncile«, erklärte

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