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Sommerprickeln

Sommerprickeln

Titel: Sommerprickeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Kay Andrews
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drehte Annajane zu sich um. Sein Blick wurde weich, er sah ihr Blumenkleid, das sich in der abendlichen Brise um ihre Beine schlang, er sah die elegante Wölbung ihres nackten Halses, ihre schlanken Arme. Annajane hatte weibliche Kurven, ihre Brüste waren rund und verheißungsvoll. Ihre vollen Lippen waren leicht geöffnet, ihre großen grünen Augen ernst und traurig. Er hatte ihr sehr wehgetan und eigentlich kein Recht, sie um eine zweite Chance zu bitten. Aber er konnte nicht anders.
    Er schaute sie fragend an. »Warst du immer schon so schön?«
    Annajane legte den Kopf schief. »Mason, in den letzten fünf Jahren hast du mich fünf Tage die Woche gesehen. Ich sehe so aus wie immer. Ich habe höchstens ein paar Kilo zugenommen und habe mehr Falten«, fügte sie verzagt hinzu.
    »Nein«, widersprach er. »Du siehst anders aus. Ich kann das nicht beschreiben. Wie ein reifer Pfirsich. Nein, das stimmt auch nicht. Du warst immer schon hübsch. Aber jetzt ist es so, als wärst du die geworden, die du immer schon sein wolltest. Sinnlich. Ja, genau.«
    Sie errötete und sah beiseite. »Was soll ich dazu sagen?«
    »Dass du mit mir kommst … Ein letztes Mal.«

    Die Sonne senkte sich dem leuchtenden Horizont entgegen, während das Cabrio langsam über den unbefestigten Weg ruckelte. Lange Zweige klatschten seitlich gegen das Auto, Kopoubohnen-Ranken zerkratzten Annajanes nackten Arm. Sie wusste natürlich, wohin sie fuhren, sobald sie das schmiedeeiserne Tor von Cherry Hill passiert hatten.
    Sie schaute Mason von der Seite an. Er wirkte entspannter, lenkte nur mit der linken Hand, hatte den rechten Arm locker auf ihre Rückenlehne gelegt.
    »Ich muss hier mal mit einer Sense rausfahren und das ganze Grün richtig zurückschneiden, bevor es den Weg noch komplett überwuchert«, sagte er. »Letztens musste ich zweimal aussteigen und umgekippte Bäume aus dem Weg räumen. Ehrlich, ich glaube, da habe ich einen Kojoten gesehen.«
    Annajane erschauderte, schlug die Beine unter und drehte sich zu ihm um. »Wann warst du davor das letzte Mal hier?«
    Er schaute verdrießlich drein. »Wahrscheinlich an dem Tag, als ich die letzten Sachen rausgeholt habe. Und du?«
    »Am zweiten Jahrestag unserer Trennung«, sagte sie. »Ich war besonders melancholisch drauf. Wollte mich wohl quälen. Ich war bestürzt, wie schnell alles verwahrlost ist.«
    Es vergingen ein oder zwei Minuten, dann bogen sie um eine Kurve, und das Cottage kam in Sicht. Annajane hielt den Atem an.
    Kletterpflanzen bedeckten die gesamte Steinfassade mit Ausnahme der Tür, wo Mason die Ranken offenbar zurückgeschnitten hatte. Ein Teil des Schornsteins war eingefallen, die Kamelienbüsche hatten beinahe Dachhöhe erreicht und ließen die Fenster kaum mehr erkennen.
    »Ist das traurig«, sagte sie leise. »Viel trauriger als beim letzten Mal.«
    Mason hielt neben dem Haus, fuhr so weit wie möglich vor, bis die Motorhaube des Chevelle in einem dichten Ligusterbusch verschwand. Im schwindenden Licht sahen sie den See funkeln.
    Mason stieg aus, ging zum Kofferraum, holte eine langstielige Baumschere heraus und beschnitt zehn Minuten lang einen Ligusterbusch, bis sie einen unverstellten Blick aufs Wasser hatten.
    »Das ist ein Anfang«, sagte er und wischte sich die Hände am Hosenboden der Jeans ab, ehe er sich wieder hinters Lenkrad setzte.
    »Sieht so aus, als bräuchtest du einen Bagger und wahrscheinlich auch einen Bulldozer, um bis an den Rand des Sees vorzudringen«, meinte Annajane. Halb stand sie auf ihrem Platz, um einen besseren Blick zu haben.
    »Es wird so dunkel, dass ich den Anleger und das Bootshaus nicht mehr sehen kann«, sagte sie. »Sind die überhaupt noch da?«
    »Ja, aber der Steg ist so morsch, dass man ihn nicht mehr betreten kann«, sagte Mason. »Wahrscheinlich muss ich Warnschilder aufstellen. Da es langsam wärmer wird, will ich nicht, dass jemand mit dem Boot herkommt, um sich einfach nur umzugucken, und dann mit dem Steg einbricht und ertrinkt.«
    Annajane erschauderte bei der Vorstellung. Mason zog eine Decke von der Rückbank. »Hier«, sagte er und legte sie ihr um die Schultern. »Ich hatte vergessen, wie schnell es hier am See nach Einbruch der Dunkelheit abkühlt.«
    »Und, kein Flachmann?«, fragte Annajane.
    Mason griff unter den Sitz und zauberte eine Flasche in einer Lederhülle hervor. Er drehte den Deckel ab und goss die Flüssigkeit hinein. Gecrushtes Eis klirrte gegen das alte Silber. »Ich war mir nicht sicher, ob du

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